6581018-1951_17_11.jpg
Digital In Arbeit

Architekturen des 20. Jahrhunderts

Werbung
Werbung
Werbung

Drei Architekturauestelhingen zu gleicher Zeit: ein Akademieprofessor zeigt am Schillerplatz die Arbeit seiner Meisterschule, ein .mondäner* Architekt gibt in der Sezession eine Ubersicht über 6eine und seiner Schüler Werke und In der Britisch-Österreichischen Gesellschaft (Wien I, Seilerstätte 16) legt ein dritter Architekt Pläne und Projekte zu neuen Siedlungsbauten vor. Ein interessantes Zusammentreffen — schade nur, daß es ein zufälliges ist. Warum entschließen sich die führenden österreichischen Architekten nicht einmal zu einer gemeinsamen Ausstellung? Nur deshalb nicht, weil sie untereinander böse sind? Aber das sind ja die Maler auch und stellen trotzdem miteinander aus. Es wäre nützlich, wenn eine breitere Öffentlichkeit endlich einmal jene Kräfte kennenlernen könnte, die in Österreich noch zeitgerecht zu bauen verstehen, und sehr notwendig, daß man ihr am Beispiel Bedeutung und Wesen moderner Baukunst klar machtet Mag sein, daß dann die Kritik laut genug würde, um die Errichtung von Linzer Bahnhöfen und ähnlichen Bizarrerien verhindern zu können.

Der Jammer befällt uns, wenn wir daran denken, welch mindere Aufgaben die Schüler der Meisterklasse Prof. Lois Welzenbachers zu lösen haben werden, wenn sie ihre Schule einmal verlassen haben. Hier gibt es eine Fülle von Begabungen, Formtalenten, Einfällen und vernünftigen Vorschlägen — und nichts davon wird sich praktisch bewähren dürfen. Der Meisterschüler beispielsweise, der da Pläne für einen imaginären Bahnhof in Baden bei Wien* entworfen hat — er wird niemal wirklich einen Bahnhof bauen dürfen, denn sein Projekt ist so formgerecht, zeitgemäß und o wenig kostspielig, daß die Baubüros der ÖBB, die ja bekanntlich einen mehr pompösen und sozusagen vergoldeten Stil bevorzugen, es selbstverständlich ablehnen würden. Und diese Wohnhäuser, Schulen und Landsitze werden auch niemals gebaut werden. Zumindest bei uns nicht. Die Schweizer und Dänen, die bei Welzenbacher studieren — ja, das ist freilich etwas anderes; d 1 e werden das Rüstzeug, das sie sich in Wien erworben haben, zu Hause auch anwenden dürfen. Unsere jungen Architekten aber werden dann immer noch Häuschen in einem Stil bauen müssen, der — buchstäblich! — jahrtausendealt ist. Weil sie sonst weder öffentliche noch private Aufträge erhielten ...

Oswald Haerdtl allerding hat elA gegen alle Spießigkeit mit bewunderungswürdiger Konsequenz durchsetzen können. Vor den Photo und Modellen in der S e z e •-s 1 o n hat man nämlich .wirklich das Gefühl, daß da ein Architekt ist, der das Glück hat, 60 bauen zu dürfen, wie er will. Die Struktur seiner Bauten ist logisch und klar; ihre Formen und Details weisen jene graziöse und gescheite Mondänität auf, die Oswald Haerdtls Herkunft aus den Wiener Werkstätten beweist und die er als vielleicht einziger österreichischer Architekt mit Überlegenheit zu beherrschen weiß. Seine Arbeiten haben immer etwas Luxuriöses und Großstädtische an sich. Es ist ein Vergnügen, sie zu sehen. Und ein Glück, daß es doch noch Architekten bei uns gibt, die eine weltstadtische Manier in ihren Bauten haben. Mit leider wenigen Worten sei auf die dekorativen Schülerarbeiten in dieser Exposition hingewiesen, höchst vergnügliche Dinge, deren hübscheste von Wolfgang B u c e k stammen.

Architekt Brenner zeigt in der Österreichisch-Britischen Gesellschaft Pläne für Siedlungshäuser und Siedlungsanlagen. Er gilt angeblich als Stürmer und, Dränger unter seinen Kollegen. Aber das Warum ist nicht recht klar, denn die Vorschläge, die er macht — und teilweise auch realisiert hat, im Ausland natürlich —, sind heutzutage wahrscheinlich nur mehr hierzulande revolutionär. Natürlich sollten Siedlungen nach solchen Gesichtspunkten gebaut werden — mit normierten Bestandteilen, im Flachbau —, sollten Baugründe so rationell verwendet werden. Natürlich. Das i6t Ja nicht mehr revolutionär, das ist nur mehr einleuchtend. Auf der ganzen Welt baut man heute schon so. Und man weiß doch: die moderne Architektur hat eine ihrer Hauptwurzeln in Wien gehabt. Aber das merkt man hier nur mehr an Projekten, die von vornherein dazu verdammt sind, auf dem

Papier bleiben zu müssen. , . r

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung