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DIE WAHRHEIT UBER ALLES! Erfüllt von johanneischer Frömmigkeit, hat Papst Johannes XXIII. seine Weihnachtsansprache auf dem Prolog des Johannes-Evangeliums auf- gebaut. Der Mensch ist zum Denken, Ehren, Sagen und Tun der Wahrheit verpflichtet. Das bedeutet „eine heilige und schwerwiegende Verpflichtung zur Mitarbeit mit dem Plan des Schöpfers, des Erlösers, des Seligmachers”. „Verboten ist jedes falsche und betrügerische Zeugnisgeben, durch das der gute Ruf des Nächsten vor Gericht und auch außerhalb des Gerichtes in irgendeiner Weise bloßgestellt werden könnte .. . Viele Menschen leben heute In der Lüge, Im Halj, nicht zuletzt In der Angst. „Bisweilen kommt es vor, daß eine leise Stimme an unser Ohr dringt mif dem Flüstern einer übertriebenen Furcht, die dann schwache Phantasien erhitzt. Der bescheidene Nachfolger des heiligen Petrus empfindet noch keinerlei Versuchung zum Schrecken.” Johannes XXIII. warnt dergestalt die Christen vor einer falschen Apokalypfik, die zu einer selbstmörderischen Politik führt. Er fordert „die Höchstverantwortlichen”, die Erzieher, die Männer der Presse, des Rundfunks, Fernsehens, Kinos, die Schriftsteller, Künstler usw. auf, nicht der Lüge, sondern der Wahrheit zu dienen. Er tut dies im unerschütterlichen Vertrauen auf „die Menschenfreundlichkeit Gottes". „Wir vertrauen auf Gott und auf das Licht von Ihm. Wir vertrauen auf die Menschen guten Willens und sind zufrieden, daß Unsere Worte in allen aufrechten Herzen einen Schlag mannhafter Großmut wecken." Großmütige Christen! Sehr groß ist diese Forderung des Papstes an die Adresse unserer kleinen und kleinmütigen christlichen Welf.

EINE ANGENEHME ÜBERRASCHUNG. In Österreich hebt man sich Unangenehmes und auch Unvermeidbares immer bis zum Schluß auf. So wurde auch heuer die Öffentlichkeit gegen Jahresende mit einer Reihe von „Präsenten" bedacht, die den einzelnen mehr oder weniger empfindlich treffen. Da erschien knapp nach Weihnachten eine Meldung, die man zuerst zweimal las, um sich zu vergewissern, ob es denn auch wirklich stimmt. Die Finanzkammer der Erzdiözese Wien gab bekannt, daß sie in der neuen Kirchenbeitragsordr.»ng für das Jahr 1961 eine allgemeine Senkung der Kirchenbeiträge um durchschnittlich zehn Prozent durchführen wird und daß eine Reihe Sondermaßnahmen für sozial schwächere Kreise vorgesehen sind, für Rentner, für kinderreiche Familien, für Arbeitslose und für jungverheiratete Ehepaare. Der Anteil, den die Erzdiözese Wien aus den staatlichen Zahlungen auf Grund des Vermögensvertrages erhält, habe der kirchlichen Finanzverwaltung die Möglichkeit gegeben, die Beiträge zu senken. Wohl kaum eine Nachricht der letzten Zeit hat in der Öffentlichkeit ein so freudiges Echo gefunden wie diese. Auch jene Zeitungen, die sonst nicht gerade auf Nachrichten aus dem kirchlichen Raum spezialisiert sind, brachten sie an hervorragender Stelle. Und überall war einhellig die Meinung zu hören, daß die Kirche — neben der Erzdiözese Wien hat auch die Diözese Sankt Pölten bekanntgegeben, daß sie die Kirchenbeiträge im kommenden Jahr senkt — damit ein Beispiel auch für andere Institutionen gegeben habe.

DER RICHTIGE TON. Kriegerdenkmalenfhüllungen gehen heute in Österreich selten vorüber ohne falsche Zwischenföne. Daran hat man sich — leider — gewöhnt. Unlängst fiel im Wiener Landesgericht die Hülle van einer Gedenktafel. In klaren, einfachen Worten ist hier zu lesen: „Allen Angehörigen der Justiz, die in den beiden Weltkriegen gefallen sind, und jenen, die für ein freies Österreich ihr Leben gelassen haben, in ehrendem Gedenken." Es geht also auch anders. Zur Nachahmung empfohlen.

DIE NEUE ORDNUNG: Ab 1. Jänner 1961 ist in Österreich die „Straßenverkehrsordnung I960” in Geltung. Die große Bedeutung dieser neuen Ordnung für das tägliche Leben, und überleben, wird wohl erst langsam unserer Bevölkerung bewußt werden. Alle geht es an: Kinder und Greise, Fußgänger und Fahrer. Die Unfallzahlen für 1960 liegen noch nicht vor. 1959 forderten 75.000 Verkehrsunfälle 65.000 Verletzte und 2000 Tote. Alarmierende Zahlen, furchtbare Tatsachen. Täglich berichten die Zeitungen und der Rundfunk von der Frontlage auf der Straße im Kampf um das Leben. Wohl wird in diesen Tagen und nächsten Wochen durch einige hundert Vorträge und durch die in rund vier Millionen Exemplaren verbreitete Druckschrift „Dreizehn gelbe Siegel des Straßenverkehrs", die unter anderem jedes österreichische Schulkind erhält, der Versuch gemacht, die österreichische Bevölkerung aufzuklären. Dies alles dürfte jedoch nicht genügen: allzu viele „unbeteiligte” Beteiligte sehen nur auf die neuen Strafen für Alkoholisierte und andere Verkehrsverbrecher und übersehen, daß die neue Straßenverkehrsordnung sehr erhöhte Anforderungen an alle stellt. Ihre Grundlage, der Vertrauensgrundsatz, der von allen Verkehrsteilnehmern erwartet, daß sie sich vorschriftsmäßig verhalten, fordert neues Wissen und eine neue Moral: nicht nur auf der Straße, sondern Im ganzen täglichen Leben. Denn der Unfall und der Tod auf der Straße werden im Leben zuvor vorbereitet.

DER KAMPF IN LAOS: Die prokommunistischen Pathef-Lao-Streif- kräffe in Laos werden durch China, Nordvietnam und die Sowjetunion unterstützt, wobei auch hier ein interner Wettlauf um die Führung wohl zu bemerken ist. Die Kommunisten nützen den Stillstand der großen Politik in den USA, während des Regierungswechsels und die Uneinigkeit der Westmächfe zu einer Offensive aus. Die USA unterstützen die eindeutig prowestliche Regierung des Prinzen Bun Um, England, Frankreich und Indien möchten eine Rückkehr des neutralistischen Kabinetts Suvanna Phuma, halten dieses für stabiler. Die Amerikaner glauben, daß diese Regierung unter kommunistische Kontrolle käme. London, Paris und Neu-Delhi vertreten die Wiedereinsetzung der internationalen Kommission von 1954 zur Überwachung der Entwicklung in Laos, Washington mißtraut dieser Kommission. So bildet der Kampf in Laos und um Laos einen Modellfall: er zeigt, wie es von Tag zu Tag schwieriger wird, in der westlichen Welt, die Nahziele und Aktionen im Tage zu koordinieren, obwohl das Fernziel, ein Weltfriede in Freiheit, allen Partnern gemeinsam ist.

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