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Auf den Spuren des heiligen Paulus

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Ein Reisebuch von Henri Vollam Morton. Thomas-Morus-Presse im Verlag Herder, Wien. 448 Seiten.

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Ein Reisebuch von Henri Vollam Morton. Thomas-Morus-Presse im Verlag Herder, Wien. 448 Seiten.

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Der Autor nat sicn aie Aufgabe gesetzt, den Aufenthaltsorten und Missionsstationen des großes Völkerapostels Punkt für Punkt nachzufolgen. Sein Reisebericht läßt erkennen, daß er weder Zeit noch Geld noch Mühe gespart hat, diesem Ziel soweit als nur immer möglich gerecht zu werden.

Der Verfasser ist Engländer, Laie und Anglikaner. Seine Bücher, darunter auch ein ähnlich angelegtes Leben-Jesu-Werk: „Auf den Spuren des Meisters" haben in seiner Heimat Aufsehen erregt und vielen Anklang gefunden. Man wird in der Tat schwerlich ein Buch finden, das uns den heiligen Paulus menschlich näherzubringen vermöchte als dieses. Mehr als eine Stelle der Apostelgeschichte oder der paulinischen Briefe rückt in ein deutlicheres Licht, wenn wir uns Land und Leute, in deren Mitte der Apostel lebte und wirkte, mit so wohltuender Klarheit vorzustellen imstande sind, wie sie uns Mortons Werk auf Schritt und Tritt vermittelt. Auch dort, wo es scheinen sollte, daß die Verknüpfung der Gegenwart mit den Zeiten Pauli nur sehr lose zu bewerkstelligen sei, werden wir dem Autor für seine Landschaftsschilderungen, die alle ein kunstgeübtes Auge verraten, dankbar sein. Es ist nicht einerlei, ob wir uns Paulus vor einem verschwommenen und farblosen Hintergrund lebend und wirkend vorstellen, oder ob uns der Apostel in seiner bunten Umwelt, seiner Werkstatt, in den Dörfern der kleinasiatischen Bergzüge, im Trubel der Großstädte Asiens und Griechenlands, unter dem freien Himmel des Hochgebirges oder der Akropolis entgegentritt.

Der Engländer Morton verfügt über einen äußerst scharfen Wirklichkeitssinn und Blick für Menschen, Dinge und Situationen; nicht minder über die anheimelnde, stillhumorige Art des Erzählens, die ihn in die Nähe der großen Erzähler seines Landes stellt. Geflissentlich geht er der Theologie aus dem Wege, obgleich er unstreitig ein gläubiger Christ ist. Natürlich läßt sich dies gerade bei dem Thema Paulus nicht völlig vermeiden. Und eben an diesen Punkten wird der kundige katholische Leser auf allerhand Bedenklichkeiten stoßen.

St. Markus hat in der paulinischen Missionsmethode gewiß keine Gotteslästerung erblickt (S. 160), in Ephesus war es kein Verrückter, sondern ein Besessener, der die;. jüdischen Teufelsbeschwörer, die es dem Apostel gleichtun wollten, verprügelte (S. 356, vgl. Apostelgeschichte 19, 16), ein „zweiter Band' Apostelgeschichte wird weder unter den Trümmern von Pompei noch von Herkulanum zu finden sein (S. 411) und die These, es g.be nur 13 Paulusbriefe, weil der Hebräerbrief kein Paulusbrief sei (S. 446), wird kein Katholik der Welt teilen.

Erwünscht wäre, daß für die bisweilen seitenlangen Zitate aus Paulus eine der bewährten und beglaubigten katholischen Übersetzungen Verwendung gefunden hätte.

An sprachlichen Unebenheiten der Übersetzung sei nebenbei der Ausdruck „Franziskanische Patres" (S. 41) für „Franziskaner" einer späteren Korrektur empfohlen, ebenso wfe „zyprianisdi" (S. 124, an Stelle von „zypriotisch") oder der immer mehr um sich greifende Anglizismus (auf S. 39), wonach etwas „für" eine Sache berühmt ist, anstatt „durch" etwas oder wegen einer Sache. Viel störender jedoch empfindet der uichtenglische Leser die hartnäckige Wiedergabe aller Größen-, Entfernungs- und Geschwindigkeitsverhältnisse durch Zoll, Fuß, Elle und Meile. Das alles müßte durch Zentimeter, Meter und Kilometer wiedergegeben werden, wenn die unmittelbare Anschaulichkeit nicht zu Schaden kommen soll.

Das Buch ist getragen von einer tiefen Liebe und Verehrung gegenüber dem Völkerapostel und durchaus geeignet, gleiche Empfindungen zu wecken. Nadi den vielen rein theologischen und pastoraltheologischen Werken, die in den letzten Jahren über Paulus erschienen sind, denen sich sogar ein völlig abwegiges, rein manidiäisch-gnostizistisches Buch aus Portugal zugesellt, ist es zweifellos interessant zu sehen, wie ein, wenn auch nichtkatholischer, Schriftsteller es meisterhaft versteht, uns den Menschen Paulus näherzubringen.

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