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Aufbruch in Uganda

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„Ich darf Ihnen mitteilen, daß der Heilige Vater der Initiative guten Erfolg wünscht und als Verheißung und Unterpfand himmlischer Erleuchtung und göttlicher Hilfe Ihren Organisatoren und Teilnehmern aus ganzem Herzen den besonderen Apostolischen Segen spendet.“

So schrieb Msgr. M o n t i n i im April dieses Jahres an Dr. Vittorino Veronese, Generalsekretär des Ständigen Komitees der Internationalen Kongresse für Laienapostolat (Comite Permanent des Congres Internatio-maux pour l'Apostolat des Lai'ques), das vom 8. bis 13. Dezember dieses Jahres in Uganda dieErsteTagungfürLaienapostel in Afrika (First Leaders' Meeting for the Apostolate of the Laity in Afrika) veranstaltet.

Nicht von ungefähr findet in diesen Tagen erstmals in der Geschichte ein großer katholischer Kongreß auf afrikanischem Boden statt und betritt zum erstenmal in der Geschichte ein Kardinal der römischen Kirche den Boden Ugandas.

Afrika steht am Ende oder, wenn man will, am Anfang einer entscheidenden Phase in seiner Entwicklung, die aufmerksamen Beobachtern nicht entgehen kann. So schreibt Sir Philip Mitchell, Ex-Gouverneur, in einem Artikel über die Entwicklung Afrikas, der auch im „Osservatore Romano“ vom 15. August veröffentlicht wurde:

„Es ist seltsam, daß in Afrika in Gebieten mit freiem Zugang zum Meer zahlreiche Völker bis in unsere Tage ohne eigene Schrift, ohne Kenntnis der Zahlen und ohne Zeitrechnung bleiben . konnten. Noch seltsamer ist es aber vielleicht, daß gerade am Beginne unseres Jahrhunderts diese Apathie, diese Gleichgültigkeit dem brennenden und ungeduldigen Wunsche gewichen ist, an allen kulturellen Errungenschaften des Okzidents teilzunehmen, und daß dieses plötzliche Erwachen Anlagen und Fähigkeiten enthüllt hat, die sich mit dem vor 50 Jahren herrschenden kulturellen Tiefstand nur schwer vereinigen lassen. Der in nur 50 Jahren erreichte Fortschritt läßt jedoch darauf schließen, daß Afrika, falls es im Jahre 2000 eine Kultur nach abendländischem Vorbild aufzuweisen hat, diese in erster Linie seinen Eingeborenen verdankt.“

Es ist nicht zu übersehen, daß diese von der Kirche angebahnte Entwicklung auch Gefahren in sich birgt, daß die Kirche, indem sie diese Entwicklung förderte, eine Verantwortung auf sich geladen hat. Nicht zuletzt hat sie der farbigen “Welt zu ihrer Gleichberechtigung neben den weißen Völkern verholfen., die den Farbigen zum Segen, aber auch zum Unheil gereichen kann, falls sich widerchristliche Mächte ihrer zur Verwirklichung ihrer Ideen bedienen. Tatsächlich sind vielerorts Anzeichen bemerkbar, die zu denken geben. Indes, die Kirche ist sich ihrer Verantwortung bewußt; sie ist gewillt, das von ihr in Afrika begonnene Werk auch zu Ende zu führen.

„Die katholische Kirche wünscht, daß die Grundrechte des Menschen voll und ganz anerkannt und geachtet werden, und die Völker dieses Territoriums können der Unterstützung der Kirche bei ihren Bemühungen um den Aufbau ihrer Heimat gewiß sein“,heißt es in einem von den 2 Erzbischöfen, 13 Bischöfen und 2 Apostolischen Vikaren Tanganyikas am 11. Juli 1953 unterzeichneten Hirtenbrief.

Doch Worte allein genügen nicht. Der Erkenntnis, daß Afrika vor entscheidenden Entwicklungen steht, müssen, soll sie nicht einst zum furchtbaren Vorwurf gegen die Kirche werden, Taten folgen. 7,5 Prozent der Bevölkerung Afrikas sind heute katholisch, wobei Ostafrika den größten Anteil an Katholiken stellt; er beläuft sich in Uganda auf 21,5 Prozent. — Viel rascher als das von den Missionären ins Land getragene Evangelium verbreitete sich jedoch in Afrika die abendländische Kultur, deren Vertreter, wie gesagt, zunächst die Missionäre waren, ohne es jedoch im Laufe der Entwicklung ausschließlich zu bleiben. So steht die Kirche in Afrika heute vor der Tatsache, daß die Arbeit der Priester und Ordensleute nicht mehr genügt, um das Leben der Bevölkerung dieses Erdteiles christlich zu gestalten, daß ihre Mündigkeit in religiöser und geistiger Beziehung auch zur Mündigkeit ihrer Laien führen muß, soll nicht die Missionsarbeit vieler Jahrzehnte binnen kurzem zerstört werden. Der Afrikamissionär von heute kann plötzlich vor der Tatsache stehen, daß der eingeborene Lehrer der Missionsschule in die Volksvertretung berufen wird, oder daß der Missionsdiener eine wichtige Stellung in einer Gewerkschaft einnimmt, kurzum, daß veranwortungsvolle Aufgaben in die Hände auch der afrikanischen Laien gelegt werden.

Nicht zufällig wurde Uganda, ein britisches Protektorat, für den Kongreß gewählt. Dieses Land mit einer Million Katholiken unter etwa 5 Millionen Einwohnern, das seit 1879 missioniert wird, war bereits 18S6 der Schauplatz des Martyriums zahlreicher junger Christen, Pagen des eingeborenen Königs, von denen 21 im Jahre 1926 durch Papst Benedikt XV. seliggesprochen wurden. Karl Lwanga, ihr Anführer, widersetzte sich den sittenlosen Wünschen des Königs und wurde deshalb mit den Gefährten, die seinem Beispiel folgten, zum Tode verurteilt. Der gegenwärtige Heilige Vater erhob ihn durch ein Dekret der Ritenkongregation vom 23. Juli 1950 zum Patron der Katholischen Aktion Afrikas.

In diesem durch Märtyrerblut geheiligten und befruchteten Land, im neuerrichteten Priesterseminar von K i s u b i, treffen nun prominente katholische Laien und ihre priesterlichen Berater aus Uganda selbst, ferner aus Tanganyika, Nord-Rhodesia, Kenya, Ruanda-Urundi, Mozambique, Erythräa, Aethiopien, Aegypten, aus dem Kongogebiet, dem Nyassaland, dem Sudan und aus der Südafrikanischen Union zusammen, um gemeinsam für die Zukunft Afrikas zu beten, sich

über die gegenwärtige Situation des Katholizismus in Afrika zu informieren, ihre Erfahrungen auszutauschen und die gemeinsamen Probleme zu besprechen. Und an Problemen fehlt es nicht. So verschiedenartig sie auch in den einzelnen Gebieten sein mögen, gemeinsam ist ihnen allen das Suchen nach einer den afrikanischen Bedürfnissen angepaßten, weite Kreise der eingeborenen Bevölkerung ansprechende Form des k a tli oTi s c“h e n Lebens und Apostolate s.

In Nordafrika, dem sogenannten „weißen Afrika“, leidet alle Apostolatsarbeit stark unter der Aufspaltung der katholischen Bevölkerung in verschiedene Riten. So gehören die 200.000 Katholiken Aegyptens nicht weniger als sieben verschiedenen Riten an, was eine erfolgreiche Zusammenarbeit aller katholischen Kräfte außerordentlich erschwert. Die in diesen Ländern lebenden Katholiken europäischer Herkunft gehören dazu meist Organisationen an, die noch relativ stark vom gegenwärtigen oder einstigen Mutterland abhängen. Zu diesen Schwierigkeiten gesellen sich in Unterägypten noch die der zahllosen Sprachen und Dialekte, der ungeheuren Entfernungen und der schlechten Verkehrsverhältnisse. Dennoch sind auch in diesen Gebieten nicht zu übersehende Ansätze zu einer künftigen fruchtbaren Zusammenarbeit vorhanden.

In den verschiedenen Teilen West- und' Acquatorialafrikas, in Guinea, Kamerun, Nigeria, Togo, Senegal, Belgisch-Kongo usw., sind die katholischen Organisationen in den Städten meist weit besser entwickelt, als man allgemein annimmt. Dort finden sich die verschiedenen, von Europa übernommenen Formen katholischen Organisationslebens, während im Landesinneren fast nur die Jugend auf diese Art und Weise gewonnen werden kann. Besondere Erwähnung verdienen dieSozialenSekretariate Französisch- Westafrikas, die den sehr im argen liegenden Wohnverhältnissen der einheimischen Bevölkerung zu steuern versuchen.

Südafrika verfügt über ein auf allen Gebieten gut organisiertes Laienapostolat und sogar über eine neugegründete katholische Universität „Pius XII.“ in Basutoland. Doktor Jowitt, ein Professor dieser Universität, nimmt am Kongreß von Uganda teil.

Ostafrika schließlich und Uganda selbst leiden ebenso wie Nordafrika unter dem Mangel an Zusammenarbeit zwischen den katholischen Organisationen der einzelnen Orte und Gebiete, verursacht durch zu geringe Erfahrung der führenden Persönlich-keiöen, und durch empfindlichen Priestermangel.

Daraus ist zu ersehen, daß sich die Entwicklung des katholischen Lebens in Afrika nur im Zusammenhang mit dem Gedeihen der katholischen Organisationen beleuchten läßt. Somit muß der Kongreß notwendigerweise auch auf die Förderung der katholischen Organisationen bedacht sein, ein Anliegen, das durch die Heranziehung von Experten auf diesem Gebiet zum Ausdruck kommt.

Die kirchlichen Behörden sind u. a. vertreten durch Kardinal deGouveia, Erz-bischof von LourenQo Marques (Mozambique), Msgr. M a r a n t a, Erzbischof von Dar-es-Salaam, und durch zahlreiche Bischöfe aus Uganda und Tanganyika.

Uganda hat ein heiliges Fieber erfaßt. Und vielleicht werden diese Tage einmal in der Geschichte des afrikanischen Katholizismus als Ereignis von weitreichender Bedeutung gelten.

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