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Welches Buch fängt so an?

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Welches Buch fängt so an?

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"Alle glücklichen Familien ähneln einander; jede unglückliche aber ist auf ihre eigene Art unglücklich."

Das ist eine These, und Thesen schreien danach, entweder bewiesen oder widerlegt zu werden. Im Buch, nach dem hier gefragt wird, ist die These am Schluß bewiesen. Es müssen dabei mehrere unglückliche Familien dargestellt werden, es genügt aber die Darstellung einer einzigen glücklichen. Die Titelfigur (nicht unbedingt Hauptfigur!) verläßt ihre Familie, weil sie das Kind liebt, aber nicht den Mann, und kommt in eine Familie, wo sie zwar den Mann liebt, aber nicht das (gemeinsame) Kind. Zum Schluß bringt sie sich um, weil sie glaubt, daß der Mann sie nicht mehr liebt. Ihr Gegenstück ist ein junger Mann, der eine erstaunliche Entwicklung durchmacht, von der geliebten Frau zunächst einen Korb bekommt, sie aber dann doch gewinnt und mit ihr eine Familie gründet, die, wenn schon nicht ideal, immerhin glücklich ist. Auch er denkt an Selbstmord, jedoch nicht wegen Liebeskummers, sondern weil er lange keinen Sinn im Leben findet. Erst zum Schluß kommt ihm die Erkenntnis: Der Sinn des Lebens ist es, das Gute zu tun, denn das Gute ist Ausdruck des Göttlichen. Wie schön, daß er auch bisher fast immer Gutes getan hat, er muß also sein Leben gar nicht umstellen. Das Buch ist relativ umfangreich, der Titel wird der Fülle der Handlungsstränge nicht gerecht.

Auflösung Furche 38/98: Das Buch von Bernhard Schlink (geb. 1944) ist 1995 erschienen. Mitreißend, spannend und sprachlich souverän beschreibt der Autor das schicksalhafte Zusammentreffen zwischen dem Gymnasiasten/Juristen und der Analphabetin mit der schrecklichen Vergangenheit. Bernhard Schlink ist Jurist und hat auch eine Reihe von Kriminalromanen verfaßt.

Der Vorleser Von Bernhard Schlink.

Diogenes Verlag,Zürich 1997.

208 Seiten, öS 109,

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