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Aus dem Kulturleben der Steiermark

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Graz, Anfang Jänner.

In einem Brief „Kunst in der steirischen Hauptstadt“ brachte die „Furche“ eine Übersicht über die künstlerischen Darbietungen in der steirischen Hauptstadt. Dem äußeren Bilde ist nichts beizufügen. Immerhin könnte es den Eindruck erwecken, daß all das, was geschehen ist, ein Ausdruck der inneren künstlerischen Kraft des Landes wäre. Die Qualität der Veranstaltungen war stark auf Spitzenleistungen auswärtiger Künstler abgestellt. Daß dabei die Gefahr besteht, daß der äußere Erfolg die innere Tiefe überwiegt, ist klar.

So scheint es zweckmäßig, sich damit auseinanderzusetzen, wie die Dinge liegen. Da muß man zuerst an ein Problem rühren, das uns Grazern besonders nahe geht: die Lage unserer Theater. Es heißt, Selbstverständliches nur bekräftigen, wenn wir die ungeheuren Schwierigkeiten des Theaterbetriebes feststellen. Die Lage des Theaters gibt augenblicklich zu ernsten Besorgnissen Anlaß. Graz hat keinen Intendanten, die Frage des Opernchefs ist noch nicht befriedigend geklärt. So lebt die zweitgrößte Bühne Österreichs in einem Schwebezustand, der sich nachteilig auf die künstlerische Leistungsfähigkeit auswirken muß. Es geht nicht darum oder nicht zuerst darum, daß ein Theater sich finanziell erhält; Die Zeit der Leichtflüssigkeit des Geldes ist vorüber und ein Theater wird sich erfahrungsgemäß auch finanziell nur dann halten können, wenn eine planende Führung seine Geschicke leitet. Die gediegene Leistung des Ensembles und die Qualität des Orchesters haben seinerzeit den Ruf des Grazer Theaters begründet und gehalten. Beide Vorbedingungen sind in Gefahr, “wenn nicht in der Frage der Theater-führung rasch eine entscheidende Klärung eintritt. Die kulturelle Aufgabe des Theaters ist eine so große, daß diese Lösung mit Recht von allen Kunstfreunden unmittelbar erwartet wird. Man spricht davon, daß Graz im Sommer 1946 zur Festspielstadt werden soll. Wir wissen die Bedeutung (fieses Planes zu würdigen, aber die unmittelbare Voraussetzung dazu liegt auf dem Arbeitsgebiet des Theaters.

Aufzuzeigen wären auch die positiven Kräfte, die verdienstvoll am kulturellen Leben wirken, wenn auch ihre Arbeit nicht unmittelbar im Blickfeld der- Öffentlichkeit liegt.

Zuerst muß der Kreis um G e r a m b genannt werden. Das schöne alte Volkskundemuseum in der Paulustorgasse war immer schon ein Zentrum kulturellen Lebens und ist es geblieben. Hier schafft unser Geramb still und bescheiden an der Verbindung zwi-sdien Volkstum und wahrer Kunst. Es ist bezeichnend, daß sein Haus auch das Heim für manchen Arbeitskreis der österreichischen Kulturvereini-g u n g ist, die noch unbemerkt aber eifrig an der Lösung großer kultureller Aufgaben tätig ist. Aus der Gemeinschaft wirklich Schaffender ist manches Wertvolle geboren worden, so auf dem Gebiet der Dichtung und auf dem wichtigen Feld des Rundfunks. Mancher Vorschlag, der aus diesen Arbeitskreisen hinausgegangen ist, ist schon Wirklichkeit geworden. Und wenn es auch nur oft eine Mahnung ist, die beherzigt wird, so ist es echte geistige Leistung, die aus diesem Kreis herauskommt.

Ebenso muß zu den positiven Kräften der Musikverein für Steiermark gezählt werden, der neben großen und repräsentativen Veranstaltungen auch vieles geleistet hat, was zur Vertiefung des Verständnisses und der Liebe zu wahrer Kunst beigetragen hat. Uber sein eigentliches Arbeitsgebiet hinaus hat der Musikverein auch literarische Veranstaltungen aufgenommen, die zum Teil überdurchschnittliches Niveau erreichten. Ein Balladenabend, „Das große Wort“, näherte sich in seiner Gesamtwirkung der Vollendung.

Wesentlich in die Tiefe geht auch die Arbeit der Sezession, die Peter Richard Oberhub er unbeirrt von Zeitmeinung kompromißlos führt Die letzte Ausstellung der Sezession war auch deshalb ein klarer Erfolg. Erfreulich dabei war es, daß unter den Besuchern eine Unzahl junger Menschen war, die dankbar mit den Eindrücken dkftr Ausstellung herzlich von wirklicher Kunst angesprochen wurden,.

Auch der Rundfunk zeigt ehrliches Bemühen. Einige literarische Großsendungen waren beachtlich, auch der Versuch, moderne Schauspiele zu senden, muß als gelungen angesehen werden. Nicht gelungen ist es dem Rundfunk, auf dem Gebiet der volkstümlichen Sendungen die wirkliche Verständigung zwischen dem Hörer und dem Sender herzustellen Aber Hier ist ehrliches Bemühen und damit schon viel zum endgültigen Erfolg getan.

Neues Leben steht auf dem Gebiet des Buchverlages bevor. Eine Reihe junger Dichter Und mit ihnen Dichter, deren Name über das Land hinaus bekannt ist, haben sich zusammengefunden und so wer-, den schon in allernächster Zeit die ersten „Querschnittbücher“ vom dichterischen Schaffen der Steiermark berichten. Die Reihe eröffnet Josef RudolfWoworsky mit seinem Gedichtband „Am Lebensbrunnen“,ihm folgen Rudolf Kapri, Hans Koren, Rud. Stibill, Ferdinand Fauland, Rolf Bauer und andere. Vorgesehen sind auch Querschnittbücher über steirische Maler und über steirische Musik.

Unsere Zeit, die von Materialismus nicht unbeeinflußt ist und gerne in greifbaren Vorgängen denkt, will die Bedeutung der kulturellen Arbeit nicht immer wahrhaben, Aber daß sie von größter Bedeutung ist, steht außer Zweifel. Die wirtschaftliche Gesundung ist abhängig von der seelischen Erneuerung und diese wieder kann nur von der Kultur her erfolgen, und zwar nur von einer., wirklichen Kultur her, die letzten Endes ihre Kraft und ihre Stärke aus der Weltanschauung nimmt und die irgendwie von Gott kommt und in Gott mündet.

Darum ist die Arbeit, die in kleinen Kreisen geleistet wird, so unendlich wertvoll. Aus dem kleinen Kreis muß die große Gemeinschaft kommen, die mit klarem Wissen ein kulturelles Programm nicht nur fordert, sondern auch trägt. In der Steiermark sind diese Kräfte am Werk!

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