wird die Chance, das Sozialprodukt zu steigern, reduziert, wenn nicht gar das gegebene Produktionspotential ver- mindert (Kurzung des Sozialproduktes und Preisanstieg).
• Die normale Folge von Lohnerho- hungen sind die nicht selten unbedacht und nur-mechanisch vorgenommenen Preissteigerungen. Ja nach der Bedeu- tung des in Frage kommenden und im Preise gestiegenen Gutes fiir die Le- benshaltung wird ein solcher Preisanstieg das eben erst erhohte Nominal- einkommen real kiirzen (Folge: Flucht in neue Lohnforderungen), oder aber der Markt leistet Widerstand. Das be- deutet dann Nachfrageriickgang und eine Art Abschichtung auf dem Ar- beitsmarkt (zumindest Teilarbeitslosig- keit).
Die Sekundarfolgen einer Lohn- erhohung, die nicht aufgefangen werden konnte, sondern sich uber einen Kostenanstieg als Preiserhohung nie- dergeschlagen hat, sind unter anderen:
• die Reduktion der Kaufkraft des Geldes und auch der Kaufkraft der Haushaltungen, da Lohnnachziehungen, wenn iiberhaupt, nur auf kurze Zeit als Kaufkraftsteigerungen wirksam sein konnen.
• Ein zu hoher Preis kann zum Ruckgang der Nachfrage fuhren. Da die Nachfrage nach Waren auch eine Nachfrage nach der in der Ware ge- speicherten Arbeitsleistung darstellt, geht zuweilen eine Lohnerhohung zu Lasten von nun arbeitslos gewordenen Dienstnehmern.
Es gibt Lohne, die im Gesamtgefuge der Kosten eines Produktes unbeacht-
Vor ungefahr zwanzig Jahren unter- suchte der Wiener Wirtschafts- geograph Dr. Walter Strzygowski in einer eingehenden Arbeit die Ziele und Routen des Wiener Ausflugsver- kehrs. Die zunehmende Verbauung der innerstadtischen Erholungsflachen seit dem ersten Weltkrieg zwang bereits damals einen GroBteil der luft- und sonnenhungrigen Stadter, die Griin- flachen aufierhalb des, kommunalen VerwSR&nfjsgebiewi* dieser Zeit' trugen'die-5‘dfferttlitihen Verkehrsmittel die Hauptlast’ des' Wiener Ausflugsverkehrs.
Verwachsene Pfade
Wenn man die Verhaltnisse vor zwanzig Jahren mit dem Wiener Aus- flugsverkehr von heute vergleicht, so sind noch immer die StraBenbahn- linien zu den traditionellen Ausflugs- gebieten an schonen Sonntagen iiber- fiillt. Der Andrang ist jedoch langst nicht mehr so bedeutend wie in friihe- ren Jahren. Die Bliitezeit der Tou- ristenvereine und Wanderklubs ist eben langst vorbei. Manche alte Wanderer erzahlen sogar, daB viele, einst sehr frequentierte Wege im Wiener- wald allmahlich zuwachsen und vom Pflanzenkleid iiberdeckt werden.
Tatsachlich hat sich das Schwer- gewicht des Ausfliiglerstromes gerade in den letzten Jahren gewaltig ver- schoben. Die Strafienbahnen sind langst nicht mehr allein die Haupt- trager des nach dem Wienerwald ge- richteten Ausflugsverkehrs, jetzt werden hauptsachlich die AusfallstraBen von den friihmorgens hinausfahrenden und abends heimkehrenden Autoschlangen voll in Anspruch genommen. Wenn auch die HauptstoBrichtung noch immer nach dem Siiden und Westen gerichtet ist, so hat der motorisierte Verkehr doch dazu gefiihrt, alle Aus- flugsziele in der Umgebung Wiens flachenhaft zu erschliefien. Die Ten- denz geht dahin, immer neue, noch nicht frequentierte Stellen zu finden, wo sich die motorisierten Ausfliigler in Stille erholen konnen.
Davon kommt es eben, daB man heute parkende Autos sogar in der Heidevegetation des mittleren March- feldes sehen kann, ja selbst die klein- sten Grunflachen dazu verwendet werden, um dem Larm bei den be- liebtesten Ausflugszielen zu entfliehen. Der Individualverkehr hat also die bisherigen Schranken der altgewohn- ten Ausflugsplatze und Wanderrouten gesprengt. Wir befinden uns derzeit in einer nicht mehr aufzuhaltenden Flut, die zum Wochenende die niederoster- reichischen Landschaftsraume rings um Wien vollig uberschwemmt. Der sprunghaft wachsende motorisierte Ausflugsverkehr fiihrte damit zu einem lich sind; ihre Erhohung kann vom betroffenen Unternehmen meist ohne Weitergabe auf die Preise kalkulato- risch verarbeitet werden. Wie anders ist es aber in jenen Leistungszweigen, in denen der Lohn die gewichtigste Kostenpost darstellt? Wie ist es im Dienstleistungsgewerbe, wie kann ein Frieseurmeister seine Produktivitat zur Kompensation einer Lohnerhohung steigern?
Man muB daher von jenen, die eine Lohnerhohung fordern, oft mehr Ver- antwortungsgefuhl verlangen, als sie zuweilen zeigen. Dabei sind die Lohn- forderer nicht in erster Linie die Ge- werkschaften, sondern lokale ..pressure groups" und AuBenseiter, die dann die Gewerkschaften zwingen, das Odium auf sich zu nehmen, durch Lohnanstieg einen Preisanstieg in Gang zu setzen. Die gleichen Menschen, die eine Lohnerhohung fordern, sind dann, falls ihrem Verlangen Rechnung getragen wurde, nur zu gerne bereit, ihren „Er- fiillungsgehilfen", den Gewerkschaften, indirekt die Lohnerhohung wieder zum Vorwurf zu machen. Freilich: nicht die eigene Lohnerhohung, sondern die Lohnsteigerung bei den anderen. Der Lohnegoismus so vieler Dienstnehmer lafit die fur eine Lohnsteigerung vor- gebrachten Argumente nur fur sich gelten, nicht aber fur andere Dienst- nehmergruppen, schon gar nicht etwa fur die Rentner, wie sich erst jungst gezeigt hat.
Sinnvolle und andere Forderungen
Lohnerhohungen sind nur sinnvoll, wenn sie, auf lange Sicht gesehen. eine Steigerung des Reallohnes, der konkre- vorher nicht geahnten Aufschwung der Fremdenverkehrsbetriebe selbst an Orten, die in friiheren Zeiten selbst zum Halten kaum fur wert befunden wurden.
Nun ist der wirtschaftliche Aufschwung des Gastgewerbes in der un- mittelbaren Nachbarschaft von Wien angesichts der bisher geringen Ent- wicklungsmoglichkeiten sehr zu be- gfjV-WOch'rSifld dupcflie neu? Art. des Ausflugsverkehrs verschiedene Probleme entstanden, die einer um- gehenden Losung bediirfen. So ent- wickelte sich dadurch eine bedeu- tende Bautatigkeit in bisher abge- schiedenen Siedlungsgebieten, die fortlaufend neue Wochenendhauser entstehen lafit. War zum Beispiel die Siedlung „Kapellerfeld“ bei Gerasdorf eine beriichtigte „wilde“ Siedlung, so entfaltet sich dieses Gebiet allmahlich zu einem bevorzugten Wochen- endviertel der motorisierten Wiener
Bevolkerungsschichten. Schon horen wir auch vom Neusiedler See laute Warnungsrufe der Raumplaner.
Ausflugsverkehr kontra Siedler- tatigkeit
Das Gebiet des motorisierten Wiener Ausflugsverkehrs reicht heute bis zum Wechsel und zum Semmering, bis Turnitz und in die Wachau, aber auch schon in das Kamptal und in das Hugelland des Weinviertels ebenso wie bis zum Neusiedler See und in den Raum von Hainburg. Die neuen Autobahnen werden die Reichweite des intensiven Ausflugsverkehrs nach Siiden und Westen nur noch ver- grofiern. Nun steht aber der Ausflugsverkehr jungster Pragung vielfach im Gegensatz zu den Interessen einer geordneten Siedlungstatigkeit, des Landschaftsschutzes, der Jagd- und Forstwirtschaft sowie der Landwirt- schaft.
Das Hauptproblem des motorisierten Ausflugsverkehrs ist derzeit, wie die notwendigen Belastungen von den betroffenen niederosterreichischen Ge- meinden finanziell bewaltigt werden konnen. So ist beispielsweise die indu- strielose Stadtgemeinde GroBenzers- ten Konsumchancen der Lohnempfan- ger, herbeifuhren, selbstverstandlich nicht zu Lasten anderer Lohnempfan- ger. Ist dies nicht der Fall, ist man sich gewifi, daB ein Mehr an Lohn unverziiglich auf die Preise weiter- gewalzt wird, dann ist ein solcher Vor- gang ein hoses Spiel.
Die in letzter Zeit in einer oft be- denklichen Weise erzwungene Erfiil- lung mancher Lohn- und Preisforde- rungen (ich betone: mancher) lafit er- kennen, welche Bedeutung eine gut funktionierende Paritatische Kommis- sion haben konnte, ware sie in die Lage versetzt, nur jene Preis- und Lohnregulierungen durchzulassen, die der Kaufkraft des Geldes keinen Ab- bruch tun. Mit viel zuwenig Macht ausgestattet, faktisch von Fall zu Fall gerade noch geduldet, kann die Paritatische nicht jener Stabilisierungsfak- tor sein, der sie einmal gewesen ist.
Die Lohnpolitik ist seit 1960 system- los. Obwohl scheinbar im Interesse der Dienstnehmer durchgefiihrt, wird sie schlieBlich oft und in letzter Zeit zu oft auch zu Lasten eben dieser Dienstnehmer aktiviert und ist nicht selten illusionar. Noch mehr: In manchen Fallen ist die Lohnpolitik, weil mecha- nisch realisiert, unsozial geworden. Das gilt nicht fur die Lohnpolitik an sich, das gilt nicht fur die Lohnerhohungen an sich, sondern lediglich fiir das MaB und den gewahlten Zeitpunkt der Lohnerhohungen, die in manchen Branchen und einzelnen Situationen einen Vorgriff auf kiinftige Produk- tivitatssteigerungen darstellen und auf diese Weise zum ttbermaB werden.
dorf kaum in der Lage, die Ufer- flachen des Donau-Oder-Kanals in der Form auszubauen, daB die Wiener Ausflugler das Badeleben richtig ge- nieBen konnen. Die Gemeinde Wien denkt aber immer noch nicht daran, fur solche Zwecke irgendwelche In- vestitionen auBerhalb des kommu- nalen Verwaltungsbereiches vorzuneh- men, obwohl diese notwendigen Er- holpngseinricjitungep ,in erstej Linie der Wiener Bevolkerting zugute kom- fncft. w n 3»J J. -1 .
Endstation Backhendel?
In ahnlicher Weise wartet das Klosterneuburger Auengebiet auf einen Ausbau, ebenso braucht der Bisamberg eine wiirdige Ausgestaltung, aber auch die zahlreichen Ziegelteiche siidlich der Stadt sollten hergerichtet werden. Die Renovierung von Laxen- burg sowie die bessere Aufschliefiung des nordlichen Wienerwaldes fur Er- holungszwecke waren unbedingte Not- wendigkeiten. Wir verstehen jedoch die Erholungsform des motorisierten Ausflugsverkehrs nicht sok daB die Autofahrer mit ihrem Fahrzeug unbe- dingt bis direkt zum Ziel gelangen miissen. Es ware viel vorteilhafter, passende Parkplatze dort anzulegen, von wo aus dann die erholungsuchen- den Stadter schone FuBwanderungen machen konnen. Durch Propagierung solcher Routen, die man in der Schweiz als „Auto-Wanderwege" be- zeichnet, in den Tageszeitungen wfirde namlich dem motorisierten Erholungs- wesen ein ganz neuer Sinn gegeben werden. Heute ist leider fast immer das Ausflugsziel eine Backhendlstation.
Man sollte sich deshalb wirklich einmal uberlegen, wer die Kosten der gewiB nicht mehr aufzuhaltenden Ausgestaltung des stadtnahen Wiener Ausflugsgebietes, das sich unter der Verwaltung des Bundeslandes Nieder- osterreich befindet, eigentlich zu tra- gen hatte. Die finanzschwachen Klein- gemeinden sind nicht imstande, die stark abgenutzten Gemeinde- und Feldwege wieder herrichten zu lassen, die erforderlichen Lagerwiesen einzu- richten, Parkplatze anzulegen und Autowaschplatze zur Verfiigung zu stellen. Bevor diese Frage nicht gelost ist, werden die motorisierten Wiener Ausfliigle'-, die ihrer Zahl nach ja von Jahr zu Jahr mehr werden, in den niederosterreichischen Ausflugsorten kaum die notigen Voraussetzungen fur eine richtige Erholung vorfinden, wie man sie eigentlich erwarten sollte. Eine weitblickende Raumplanung des groBstadtischen Ausflugsverkehrs auf niederosterreichischem Gebiet. verbun- den mit einem grofizugigen Finanzie- rungskonzept, wird Sich kaum mehr umgehen lassen.