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Bayreuth für Schubertianer

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Die Schubertiade Feldkirch ist kein Festival wie jedes andere. Anstelle eines beliebig austauschbaren Allerwelts-Festspielpro-gramms herrschen hier klare Strukturen: das kompromißlose Bekenntnis zu Franz Schubert und seiner Musik. Schwerpunkte, Konfrontationen, Innovationen eröffnen stets neue Perspektiven - und das seit über 20 Jahren. Und im heurigen Schubertjahr ganz besonders. Ein Festival also für Individualisten und eingefleischte Schubertfans. Das Angebot ist groß: Die Bekordzahl von 70 Veranstaltungen steht im Jubiläumsjahr auf dem Programm - Konzerte, Lesungen, Ausstellungen, ein Meisterkurs.

Die Schubertiade ist heute das bedeutendste Festival der Welt, das die Musik Franz Schuberts in hochkarätigen Aufführungen in den Mittelpunkt stellt. Darauf ist er stolz, der Hohenemser Gerd Nachbauer, der zu -sammen mit Hermann Prey 1976 im Benaissancepalast seiner Heimatgemeinde dieses Schubertfest ins Leben gerufen hat und nach Preys - mit viel Theaterdonner verbundenem - Ausstieg 1980 seither im Alleingang für das künstlerische und finanzielle Gedeihen seines Iebenswerks verantwortlich zeichnet. Als „Geschäftsführer”, wie er sich in lemannischer Bescheidenheit nennen läßt - Titel wie „Intendant” sind ihm ein Greuel. Der Alemanne läßt auch sonst grüßen: Die Veranstaltung finanziert sich seit einigen Jahren selber, kommt also ganz ohne öffentliche Subventionen aus.

1989 wurde die Schubertiade mit einer Nennung unter den fünf weitbesten Festivals gleich nach Bayreuth, Salzburg, Glyndeborne und Spoleto im „Buch der Besten” ausgezeichnet, herausgegeben in London von Lord Patrick Lichfield, einem Vetter der englischen Königin. Viel wichtiger als solche Prädikate sind der Festivalleitung freilich die begeisterten Bück-meldungen eines jährlich in die 20.000 gehenden Publikums aus der ganzen Welt, von Schubertianern, die hier für ihren Meister ein Bayreuth gefunden haben, eine exklusive Weihe- und Pflegestätte.

Dieses Publikum kennt seinen Schubert und die weltweit führenden Interpreten seiner Musik, die sich mit schöner Begelmäßigkeit hier ein Stelldichein geben. Und es kommt nicht darauf an, wer das ausgefallenere Abendkleid und den teureren Schmuck trägt, sondern allein darauf, welch neuen Zugang dieser oder jener Künstler den gebannt lauschenden Zuhörern zur Musik eröffnen konnte. Dies alles geschieht in einer gelösten, fast familiären Atmosphäre, wo Künstler und ihre Fans auf Du und Du sind wie selten woanders. Insofern also ein Festival, das seinem Namen alle Ehre macht: „Schubertiaden” waren zu Schuberts Zeit bekanntermaßen gesellige Zusammenkünfte mit Musik im Freundeskreis.

Zur Wiederkehr von Schuberts 200. Geburtstag besinnt man sich in Feldkirch, wohin das Festival 1991 nach lokalpolitischen Querelen abgewandert ist, wieder der programmatischen Anfänge und spielt heuer zwischen 18 Juni und 1. Juli Schubert pur - in Klavierabenden (unter anderen mit Andräs Schiff als „Hauspianist” des Festivals, Alfred Brendel oder dem jungen Till Fellner), in Kammerkonzerten (etwa mit dem Alban-Berg-Quartett) und in Orchesterkonzerten, unter der Leitung von Franz Welser-Möst, Peter Schreier und Dietrich Fischer-Dieskau mit der Came-rata Academica Salzburg und dem Badio-Sinfonieorchester Stuttgart.

Und natürlich in Liederabenden -Schuberts umfangreiches Liedschaffen wird hier gepflegt wie wahrscheinlich nirgendwo anders in dieser Intensität. Peter Schreier, Barbara Bonney, Christoph Pregardien, Barbara Hendricks, Bobert Holl, Bo Sko-vhus, Olaf Bär oder Marjana Lipovsek sind nur einige der klingenden Namen aus verschiedenen Generationen im internationalen „Who's Who” des Liedgesanges. Und zwei der ganz großen Liedgestalter unserer Tage, die vor wenigen Jahren von der Bühne abgetreten sind, kehren in alter Verbundenheit zurück: Dietrich Fischer-Dieskau nicht nur als Dirigent, sondern auch als Bezitator von Lesungen, und Brigitte Fassbaender („Ich fühle mich hier immer sauwohl”) mit einem Meisterkurs. Dieser findet freilich erst in einem herbstlichen Nachklang zum Feldkircher Hauptprogramm der Schubertiade statt, bei einer stilgerecht benannten „Landpartie” vom 27. August bis 7. September in der ländlichen Idylle der Gemeinde Schwarzenberg im Bregenzerwald. Eröffnet wurde das Festival heuer bereits im Mai auf Schloß Achberg bei Wangen in der deutschen Nachbarschaft.

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