6560875-1948_47_10.jpg
Digital In Arbeit

Belletristische Neuerscheinungen

Werbung
Werbung
Werbung

Ein mit innerer Dynamik und mit rücksichtsloser Realistik geschriebenes Buch ist der Roman von Gerald Kersh „Die Schwachen und die Starken (P.-Zsolnay-Verlag). Mit beißender Ironie und jener metaphysischen Transparenz, die auch viele andere anglo-ameri- kanische Romanciers sich zu eigen gemacht haben, legt Kersh die seelische Dürftigkeit und Verlassenheit des modernen Zivilisationsmenschen freu Eine Gruppe snobbistischer Geldmenschen wird bei der Besichtigung einer Grotte verschüttet. Die Todesangst entlarvt sie, der falche Glanz fällt ab, ein Häufchen armseliger, von ihren Leidenschaften gefolterter Menschen bleibt übrig. Das sinnlos geführte Leben wird offenbar. Die durch einen Glücksfall gerettete Gesellschaft hat bald alle guten Einsichten und Vorsätze vergessen, der Tanz von Lüge und Laster beginnt aufs neue. Dieser Roman ist ein erschütterndes Bekenntnis, eine schonungslose Abrechnung mit der verflachenden Zivilisationskultur.

Han Wolms Shakespeare-Roman „D e r Schwan von Avon” (Amandus-Edition) weist die allgemein bekannten Vor- und Nachteile eines historischen Romans auf.

Es gelingt dem Autor, eine zwingende Atmosphäre zu komponieren, das Zeialter der großen Elisabeth. Hier gelingen ihm einige treffliche Darstellungen. Die Person Shakespeares scheint hingegen oft willkürlich gedeutet und vor allem in ihrer ganzen universalen Größe nicht ganz erfaßt. Ein derartiger Versuch müßte wohl breiter angelegt werden. Die anschaulichen Schilderungen des Hoflebens dieser Zeit machen das Buch zu einer angenehmen Lektüre.

Ein empfehlenswertes Volksbuch ist Pankraz Schuks „D er Mönch von Gaming” (Verlag der Missionsdruckerei St. Gabriel in Mödling). Freude und Leid, Opfersinn und tiefe Gläubigkeit des österreichischen Gebirgsvolkes in der aufwühlenden Zeit des 16. Jahrhunderts finden eine kräftige und spannende Darstellung.

Von Hans Sperl erschienen zwei heimatverbundene Erzählungen: „Jutta und Mira” und „G raf Felsenstein, und sein Nachbar”. Verlag Paul Kaltschmidt, Wien. Seine angenehme Erzählkunst weiß der Autor mit der leichten Thematik gut zu verbinden. zitierte I. B. Rhine. Auf die Ergebnisse seiner Forschungen — hinter ihnen stehen für europäische Verhältnisse gigantische Zahlen von Versuchen — werden sich unsere Angaben über die gesicherten, sowohl mit geistes- wie mit naturwissenschaftlichen Methoden erzielten Resultate vor allem stützen. Bei uns weiß man infolge der hermetischen Isolierung durch den Krieg noch sehr wenig von diesen Erfolgen moderner Forschung. Es ist nunmehr an der Zeit, daß sie auch bei uns bekannt werden.

Die Methoden Rhines sind die der amerikanischen Psychologie: also statistische Auswertung zahlreicher Versuchsreihen. Daß es ihm gelungen ist, mit Hilfe rein naturwissenschaftlicher Experimente der sogenannten „naturwissenschaftlichen Psychologie” — die oft glaubt, allein die Psychologie gepachtet zu haben — auf ihrem ureigensten Gebiet einen für deren weltanschauliche Hintergründe auf die Dauer sicherlich vernichtenden Schlag zu versetzen, wird eines seiner bleibenden Verdienste sein.

Rhines erste Experimente waren Hellsehversuche im Raum. Unter „Hellsehen” versteht man die Wahrnehmung objektiver Gegenstände und Sachverhalte ohne Vermittlung der Sinne (= außersinnliche Wahrnehmung, extra sensory perception). Mit Hilfe einer unglaublich einfachen Versuchsanordnung konnte er seit 1930 mehr als 1 0 0.0 0 0 (!) Versuchsreihen auf Entfernungen von 1,5 bis 400 km durchführen. Er verwendete Päckchen von 25 Karten, wobei je 5 die gleiche Zeichnung aufwiesen. Durch einfaches Mischen des Päckchens entsteht eine Konstellation der Figuren, die niemand kennt. Mit Hilfe eines Schirmes bei Nahversuchen — bei Fernversuchen ist dieser selbstverständlich nicht nötig — wird auch unmöglich gemacht, daß die Rückseite der Karte gesehen wird. Die hellsehende Person nennt nun der Reihe nach die einzelnen Figuren, wie sie im Päckchen liegen, oder es wird vom Versuchsleiter eine Karte nach der anderen abgehoben — er sieht sie selbstverständlich auch nicht an —, die dann von der Versuchsperson genannt wird. Wenn alle 25 Karten durchgegangen sind, werden sie mit den aufgezeichneten verglichen, die Treffer aufgezeigt und mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsmathematik beurteilt. Das Ergebnis ist eindeutig. Bis zu 25 Treffer wurden erzielt. Die außersinnliche Wahrnehmung ist somit als wissenschaftliches Faktum eindeutig bewiesen. Dabei waren die Ergebnisse im Nah- wie im Fernversuch gleich gut.

Mit ebenso exakten Methoden, ja mit psychologisch noch besseren, weil weit mehr auf das Qualitative der Erscheinung ausgehend, hat H a n s B e n d e r, Assistent Erich Rothackers in Bonn, Hellsehversuche angestellt. Auch sie zwingen eindeutig zur Annahme einer außersinnlichen Wahrnehmung.

Auch Telepathieversuche — Übertragung seelischer Inhalte ohne Vermittlung der Sinne, von Bewußtsein zu Bewußtsein, hat Rhine angestellt. Sie verliefen mit dem gleichen Erfolg, bei gleichen Entfernungen wie die Hellsehversuche.

Die stärksten und verblüffendsten Experimente Rhines waren aber wohl jene bis jetzt in ihrer Art einzigartigen psychokinetischen Versuche (früher „telekinetische” genannt). Ausgehend von der Behauptung einzelner Personen, sie könnten Würfel durch ihren konzentrierten Willen in ihrem Fall beeinflussen, begann er mit Würfelversuchen. Vom einfachen Wurf mit der Hand bis zu automatisch Würfel auswerfenden Rüttelmaschinen wurden innerhalb der letzten fünfzehn Jahre ebenfalls über 100.000 Reihen von Experimenten angestellt. Personen versuchten dabei, den Wurf nur durch die bewußte Absicht zu beeinflussen und die Würfel zu veranlassen, auf bestimmte Seiten zu fallen. Auch hier zeigte sich ein verblüffender Erfolg. Zwar nicht um sehr viel, doch immerhin eindeutig überstieg der Erfolg die zu erwartenden Zufallschancen. Nicht um viel, doch dauernd. Dabei wurde der gleiche, in Prozenten ausgedrückte Effekt bei Würfen mit zwei wie mit 50 Würfeln erzielt, mit großen wie mit kleinen, mit leichten wie mit schweren. So darf angenommen werden, daß bei der hier eingreifenden „Kraft” Zahl und Masse der Würfel keine Rolle spielen, so wie vorhin der Raum keine Rolle spielte.

Wenn wir hier nur die Experimente Rhines und Benders anführten, so soll dies keineswegs heißen, daß nicht auch andere Forscher wertvolle und wissenschaftliche Versuche anstellten. In beiden Fällen handelte es sich um Universitätspsychologen; ihre Methoden sind unüberbietbar exakt, so daß gegen sie wohl kaum etwas eingewendet werden kann. In den Bereich der Parapsychologie fällt weit mehr, als wir andeuteten, doch wollten wir uns hier nur auf das Eindeutigste und Gesichertste beschränken.

Phänomene solcherart sind somit: das Hellsehen oder die außersinnliche Wahrnehmung, die Telepathie oder außersinnliche Übertragung von Psychischem auf Psychisches und die Psychokinese oder die direkte psychische Einflußnahme auf Materie.

Zur Theorie dieser Erscheinung meinen wir, daß sich mit dem nötigen Aufwand von Phantasie und Zähigkeit auf irgendeine Weise sicherlich auch hier noch eine hirnmythologische Erklärung erarbeiten läßt, doch gehört dann eine solche sicherlich in den Bereich der Fabel. Wir sehen in diesen Erscheinungen dagegen eine bedeutsame Möglichkeit, das Dasein einer außerraumzeit- lichen Seele zuletzt auch noch auf einem naturwissenschaftlichen Wege zu beweisen.

Denn: das Heilsehen erfordert, da es unabhängig von der räumlichen Entfernung gleich stark wirkt, ein Agens, das unabhängig vom Raume an verschiedenen Orten zur Wirksamkeit gelangen kann. Die Psychokinese erfordert, wie schon angedeutet, eine „Kraft”, die unabhängig von der Größe und vom Gewicht der Masse direkten Einfluß auf die Materie nehmen kann. Verfrüht wäre es freilich, vor einer eingehenden Analyse dieser Erscheinungen Endgültiges aussagen zu wollen.

Eines zeichnet sich allerdings schon heute ganz klar ab: mit den parapsychologischen Phänomenen werden sich Psychologie, Philosophie und letztlich auch die Theologie gründlich zu beschäftigen haben, und diese Auseinandersetzung wird für alle Teile nicht ohne vielleicht weitreichende Ergebnisse bleiben.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung