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„Ein Rucksack voller Steigeisen" von Erwin Einzinger: Wenn der Zufall notwendig wird

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„Ein Rucksack voller Steigeisen": Die Gleichzeitigkeit all dessen, was Menschen umgibt, fasziniert Erwin Enzinger, der am 13. Mai seinen 70. Geburtstag feiern wird.

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„Ein Rucksack voller Steigeisen": Die Gleichzeitigkeit all dessen, was Menschen umgibt, fasziniert Erwin Enzinger, der am 13. Mai seinen 70. Geburtstag feiern wird.

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Erwin Einzinger ist der Verzettelungskünstler in der österreichischen Literatur. Seine Bücher sind randvoll mit Geschichten, die auszuerzählen er sich aber gar nicht erst die Mühe macht. Er tippt gerade einmal an, welche Ereignisse in einem Leben Einfluss auf eine Person nehmen, das genügt ihm schon. Das mag große, dramatische Umwälzungen ebenso betreffen wie unscheinbare Begebenheiten des Alltags, die einem Außenstehenden nichtig erscheinen mögen. Aber das alles findet Platz in einem Leben, das zwischen Sensationen und Banalitäten sein Auslangen finden muss.

Kurze Spots statt Breitwandepos, das ist die Methode, die Einzinger gerade einmal recht kommt. Eine Biografie setzt sich aus einer Fülle von Momentaufnahmen zusammen, Einzinger greift eben einmal hinein und zieht heraus, was ihm gerade unterkommt.

Prinzip Zufall? Nicht nur, dahinter steckt eine Methode, die einen besonderen Blick auf die Welt garantiert. Es verbirgt sich ein tiefes Misstrauen gegenüber dem klassischen Erzählen in Einzingers Weltsicht, das ganz darauf getrimmt ist, Kontinuitäten herauszuarbeiten und die Sinnhaftigkeit allen Geschehens zu bestätigen. Sehr konstruiert erscheint ihm das, wenn im Nachhinein ein Leben als Abfolge schlüssig aufeinander abgestimmter Episoden verhandelt wird. Das System Einzinger, zusammengefasst in einem Satz: „Groteske Zufälle, verknüpft mit ganz banalen Handlungen, bringen Bewegung in erstarrte Abläufe.“ Unauffällig versteckt in seinem jüngsten Buch „Ein Rucksack voller Steigeisen“, ist das als Bekenntnis zu nehmen für seine Ästhetik des Drüber-Hinweghuschens.

Es bedeutet schon viel, wenn sich Einziger diesmal auf die Berge als Hauptorte konzentriert, an denen er seine Figuren aussetzt. Dabei darf es so sprunghaft zugehen wie immer in der Einzinger-Welt. Alpen oder Anden, Bergweiden oder vereiste Gipfel, die Frau des Tierarztes oder der Komponist Alban Berg, für einen kurzen Auftritt ist für alles und jeden gesorgt, um der Vielfalt der Lebensmöglichkeiten gerecht zu werden. Auf Einzelheiten kommt es ihm an, nicht darauf, wie diese zusammenhängen. „Man meint vielleicht, man habe derlei winzige Details schon hundertmal gesehen, und dennoch wohnt solchen Erscheinungen ein ungeahnter Zauber inne.“

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