gelb - © Illustration: Rainer Messerklinger

"Libellen im Winter" von Gudrun Seidenauer: Zusammenhalten als Lebensmodell

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Gudrun Seidenauer macht in ihrem Roman „Libellen im Winter“ selbstbestimmte Frauen sichtbar.

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Gudrun Seidenauer macht in ihrem Roman „Libellen im Winter“ selbstbestimmte Frauen sichtbar.

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W ien 1945. Drei Frauen mit traumatischen Kriegserfahrungen treffen aufeinander und bleiben ihr Leben lang verbunden. In ihrem Roman „Libellen im Winter“ begleitet Gudrun Seidenauer diese Frauen über mehrere Jahrzehnte.

„Eine Viertelmillion mehr Frauen als Männer!“ Das musste sich Mali immer wieder von ihrer Tante Ada klagend über den Frauenüberschuss in Wien anhören, als sie sich weigerte, an eine Heirat mit John, einem sie verehrenden Briten, auch nur zu denken. Als schwangere Frau floh Mali zu ihrer Tante Ada nach Wien – aus Angst vor der Roten Armee und aus Verzweiflung, weil ihre große Liebe, ihr Halbbruder Roland, sich für eine andere Frau entschieden hatte. Im Flüchtlingstross aus der Tschechoslowakei fiel sie nicht auf. Angst hatte sie davor, dass man den Namen des Vaters erfährt, es wäre Blutschande. Das Geheimnis der Vaterschaft wird sie gegenüber ihrem Sohn Robert viele Jahre lang nicht lüften.

Als Frau mit Kind war das Überleben in der zerstörten Stadt Wien nicht gerade einfach. Als die lebenstüchtige Tante Ada auf einer ihrer Schwarzmarkt­runden im Park stirbt, erbt Mali die große Wohnung und nimmt Vera auf, die aus ihrem Dorf in der Nähe von Wien in die Stadt geflohen ist. Sie hat ihren Vergewaltiger, einen amerikanischen Soldaten, mit einem Stein getötet. Doch dies bleibt ihr Geheimnis, denn der GI wird unter einem umgestürzten Baum gefunden.

Mali findet eine Arbeit als Arzthelferin, Vera bei einem Tischler. Vera hält zeitlebens Distanz zu den Männern. Für Robert wird sie eine zweite Mutter. Die dritte Mutter ist Grete in der ungewöhnlichen Familie. Sie arbeitet nach dem Krieg als Dolmetscherin am Sitz des amerikanischen Hochkommissars und ist dabei, als der Tod des Soldaten aufgeklärt werden soll – sie verrät ihre Beobachtung nicht, die auf Mord hingedeutet hätte, und erweist sich so als solidarisch mit Vera, ohne sie zu kennen.

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