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Bruder im Bischofsamt

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Am 11. April 1 wird Florian Kuntner im Wiener Stephansdom aufgebahrt und bestattet, allgemein betrauert, obwohl er oft „unbequem" war.

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Am 11. April 1 wird Florian Kuntner im Wiener Stephansdom aufgebahrt und bestattet, allgemein betrauert, obwohl er oft „unbequem" war.

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Als die 1 odesnachricht am Abend des 30. März verbreitet wurde, war die Bestürzung groß und echt. Und sie reichte weit über die Kernschichten der katholischen Kirche Österreichs hinaus. Denn der Wiener Weihbischof Florian Kuntner wurde allgemein geschätzt: als glaubwürdiger Verkünder der befreienden Botschaft Jesu Christi und - daraus resultierend - als engagierter Anwalt der Benachteiligten in Österreich (auch in seinem klaren Auftreten gegen Ausländerfeindlichkeit) und in der Dritten Welt (ob für die Indios oder die schwarzen Südafrikaner).

Florian Kuntner wurde am 22. März 1933 als achtes und letztes Kind einer Bergbauernfamilie in Kirchberg am Wechsel geboren. Die dortige Volksschule, das Knabenseminar in Hollabrunn und das Wiener Priesterseminar waren die Stationen seines Weges zur Priesterweihe am 29. Juni 1957. Nach Kaplans-jahren wirkte er von 1960 bis 1962 als Studienpräfekt in Hollabrunn, anschließend als Pfarrer und Dechant in Piesting.

1969 wurde Florian Kuntner, mit großer Mehrheit dafür vorgeschlagen, von Kardinal Franz König zum Bischofsvikar im neugeschaffenen Vikariat Unter dem Wienerwald ernannt. Dieses Amt, in dem ihm der Aufbau lebendiger Gemeinden besonders am Herzen lag, übte Kuntner, 1971 in die Dompfarre Wiener Neustadt übersiedelt, 17 Jahre aus. In dieser Zeit, am 30. September 1977, ernannte Papst Paul VI. Kuntner zum Titularbischof von Hirina und Weihbischof der Erzdiözese Wien. Kardinal König weihte ihn am 20. November 1977, zugleich mit Helmut Krätzl, zum Bischof.

König, Krätzl und der ehemalige Regens des Wiener Priesterseminars, Josef Toth, waren auch regelmäßige Besucher Kuntners während seiner Todeskrankheit, die nach einer Tropenreise akut vrarde. Kardinal König traf kurz nach Kuntners Tod kn Spital ein. Nachdem er am nachmittag noch die Kraft gefunden hatte, mit seiner Mitarbeiterin Schwester Hedwig Gott singend zu loben, war Bischof Florian friedlich eingeschlafen. Hob König besonders Kuntners Einsatz für das Zweite Vatikanische Konzil hervor, so war für Weihbischof Helmut Krätzl Kuntner ein „Priester aus Leidenschaft", der tiefe Spiritualität mit „Nüchternheitssinn ' und Tatkraft verbunden hat.

Kuntner war „radikal" im Einsatz für das Evangelium und zugleich ungeheuer versöhnlich im Zugehen auf andere, immer lernfähig und jedem guten Argument zugänghch. In seinem letzten Buch, „Leben in Freiheit", betonte er, wie sehr er es ablehne, „wenn in der kirchlichen . ^IPFL Diskussion nicht die Kraft J des Arguments, sondern Disziplinierungs- und M I Strafandrohungen über-I zeugen wollen". IMral Jahrelang hatte Kunt-HfIIh ncr in der Bischofskonfe-J^^H renz die Referate Dritte ^B^H Welt, lustitia et Pax und J^^^^l Mission inne und trat un-Hi^^l ermüdlich für Gerechtig-ler (1933- ^^^^^ Frieden und Bewahrung der Schöpfung ein. ^•"•'•'"^"""^ Er Rahden Menschen hier und in der Dritten Welt Mut und Hoffnung. Sein Tod hinterläßt eine riesige Lücke.

Der austro-brasilianische Bischof Erwin Kräutler formulierte nach Erhalt der Todesnachricht spontan dieses Gebet: „Lieber Vater im Himmel, schicke uns bald wieder einen Bischof Kuntner, der so weltweit denkt, sich in solch liebender Sohda-rität für die Ärmsten einsetzt und keine Grenzen und Einschränkungen kennt. Ich danke Dir für sein Zeugnis, und ich weiß. Du schenkst ihm das ewige Glück, nun ganz daheim zu sein und Dich zu schauen, so wie Du bist."

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