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Kriegsgeräusche

Noch immer viel zu wenig bekannt ist hierzulande der Schriftsteller Ford Madox Ford, geb. Ford Hermann Hueffer (1873-1939), Sohn eines Deutschen und einer Engländerin. Der Eichborn Verlag legt nun seine Tetralogie neu auf, die in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden ist, zuletzt den Roman "Keine Paraden mehr". Der vor seiner Frau an die Front geflohene englische Gentleman Christopher Tietjens versucht, Schaden zu verhindern und steht doch mitten drin. "Keine Paraden mehr" ist ein sprachgewaltiges Kunstwerk, das gleichermaßen die Orientierungslosigkeit in der Gesellschaft wie in der Armee entlarvte.

"Tiefe Niedergeschlagenheit, endloses Durcheinander, endloser Schwachsinn, endlose Niedertracht. Alle diese Männer waren in der Hand intriganter, verantwortungsloser Zyniker, die in langen Korridoren jene Pläne ausheckten, die die Herzen auf dieser Welt zusammenschnürten. Alle diese Männer waren nur Spielzeug, all ihre Qualen lediglich der Anlaß für schöne Phrasen in den Reden von Politikern ohne Herz, ja sogar Intelligenz. In jener gräulichen, ungeheuren braunen Schlammwüste mitten im tiefsten Winter wurden Hunderttausende von Männern hin- und herrangiert ... Bei Gott, wie mutwillig von Elstern aufgepickte und über die Schulter geworfene Nüsse. ... Aber es waren Männer. Nicht einfach eine statistische Größe. Nein, Männer, um die man sich hier sorgte. Jeder Einzelne mit einem Rückgrat, Knien, Kniehosen, Hosenträgern, einem Gewehr, einem Zuhause, Leidenschaften, Ehebrüchen, Räuschen, Kumpels, irgendeiner Vorstellung vom Universum, Hühneraugen, erblichen Krankheiten, einem Lebensmittelladen."

Ein packender Roman eines Autors, der weiß wovon er schreibt, "diente" er doch im Ersten Weltkrieg und wurde 1917 als psychisch invalider Soldat aus der Armee entlassen.

Keine Paraden mehr

Von Ford Madox Ford. Aus d. Engl. v. Joachim Utz. Eichborn Verlag, Frankfurt 2004. 327 Seiten, geb., e 23,60

Reich-Ranicki

Wenn es anlässlich seines 85. Geburtstages am 2. Juni sein Leben schon als Auswahlband für die Schule gibt ("Mein Leben"), dann ist das wohl ein Zeichen dafür, dass er selbst, der Kanonherausgeber, den Eingang in den Kanon geschafft hat. Die Rede ist von Marcel Reich-Ranicki, dem Verehrer und Verächter von Literatur, dem Förderer und Vernichter von Literaten, dem jüngst sowohl Uwe Wittstock als auch Thomas Anz je eine Biografie gewidmet haben. Sie werden wohl nicht die letzten bleiben.

Mein Leben

Auswahlband für die Schule

Von Marcel Reich-Ranicki

Hg. und komm. von Volker Hage

Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005. 325 Seiten, kart., e 7,80

Marcel Reich-Ranicki

Geschichte eines Lebens

Von Uwe Wittstock

Karl Blessing Verlag, München 2005 288 Seiten, geb., e 20,60

Marcel Reich-Ranicki

Von Thomas Anz

Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005. 192 Seiten, kart., e 10,30

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