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Tucholskys Stärke

Der Berliner Schauspieler Dieter Mann leiht dem Berliner Satiriker, Theater- , Zeit- und Kulturkritiker und auch dem traurigen Lyriker Tucholsky, der am 21. Dezember vor 70 Jahren gestorben ist, in dem Hörbuch "Unerledigte Konten" seine Stimme. Rollenprosa war eine Stärke Tucholskys: Da räsoniert der Portier des Reichskanzlerpalais auf Berlinerisch über Bonzen, die gingen und solche die kamen, Amen (1928). Da führt ein Vater, Franzose, seinen kleinen Sohn, auf ein Schlachtfeld des Ersten Weltkriegs, auf dem sein bester Freund zerfetzt wurde. Und sagt dem Kind: "Du musst nicht alles glauben, was in deinen Geschichtsbüchern steht" (1925). Kalt läuft die Gänsehaut über den Rücken bei Dieter Manns unaufgeregt-kühler und doch hintergründiger Stimme. Tucholsky, unbestechlich in politischen Fragen, ein früher Prophet der deutschen Katastrophe, hatte auch ein feines Sensorium für die Lügen zwischen Mann und Frau, für die Versagensängste, für das Tragische im Leben kleiner Leute. Seiner Liebe zu Berlin, dem er aus politischen Gründen den Rücken kehrte, um in Paris zu leben und sich mit 45 in Schweden umzubringen, hat er in untertreibendem Stil Ausdruck verliehen. Dieter Mann trägt auch da nie zu dick auf. Sylvia M. Patsch

Unerledigte Konten

Von Kurt Tucholsky, gelesen von Dieter Mann. Patmos Verlag, Düsseldorf 2005. 1 CD, e 15,50

Blumauers Aeneis

Am 21. Dezember 1755, vor 250 Jahren, wurde in Steyr Aloys Blumauer geboren, der ab 1782 sein Versepos "Virgilis Aeneis, travestirt" veröffentlichte, eine Parodie vor allem gegen die Kirche, aber zugleich auch eine Persiflage auf antike Klassiker, konkret Vergils "Aeneis". Die einstigen Helden kommen recht lächerlich daher. Und allerlei Zeitgenössisches wird mit "schmutzigem Witz" (so Schillers Ablehnung) bedacht. Die Kirchenkritik entsprach der Zeit der Josephinischen Aufklärung und so wurde Blumauers Werk eine beliebte Lektüre des 18. Jahrhunderts. Wynfrid Kriegleder hat nun die Version der ersten Buchfassung samt Erläuterungen herausgegeben.

Virgil Aeneis, travestirt

Von Aloys Blumauer. Hg. von Wynfrid Kriegleder. Edition Prasens, Wien 2005

312 Seiten, brosch., e 28,00

Kalendertipps

Mit dem Thema "Stimmungen" führt der "Arche Literatur Kalender" in Auszügen aus Tagebüchern und Briefen und gewohnt schöner Manier durchs Literaturjahr samt Gedenktagen und Schriftstellerporträts. (Arche, Zürich 2005, 54 Bl., 28 x 24 cm, e 18,70) Ebenso nützlich wie interessant ist auch der Artemis & Winkler Literaturkalender. (Artemis & Winkler, Zürich 2005, 53 Bl., 29 x 24 cm, e 18,50) Yann Arthus-Bertrand "Die Erde von oben" führt dagegen wieder über die Wolken. Der Blick aus der Vogelperspektive bietet atemberaubende Farben und Perspektiven. (Knesebeck, München 2005, 13 Bl., 50x43 cm, e 31,00) Für Bücherfreunde ein Genuss: der Kalender mit einer Auswahl aus dem Band "Die schönsten Bibliotheken der Welt". (Knesebeck, München 2005, 13 Bl., 50x43cm, e 33,10)

Bildband-Atlanten

"Traumstraßen der Welt" und "The 1st World Travel Atlas": diese beiden Prachtbücher sind Atlanten ebenso wie Bildbände. 50 Traumstraßen führen in alle Kontinente. Nach kurzen Einführungen in die Regionen werden jeweils die einzelnen Stationen kurz erläutert, ein Routensteckbrief sorgt für einen schnellen Überblick, besondere Verkehrshinweise und Adressen für weitere Informationen machen das Buch zum nützlichen Nachschlagewerk. Vor allem die Gestaltung des Bandes und die vielen teils großen Fotos sind es aber, die Lust machen, von fernen Ländern träumend durch den Band zu blättern und sofort in den Flieger zu steigen, ein Mietauto zu nehmen und los geht's. Sei es durch das Land des Don Quijote, sei es der Seidenstraße oder der Panamericana entlang. Den "The 1st World Travel Atlas" blättert man aufgrund der vielen Foots am Rand vermutlich besonders gerne durch. Kurzinformationen über die Länder und Kontinente, touristische Highlights samt Fotos und Kurzbeschreibungen führen von Ort zu Ort. Natürlich kann man von einem Weltatlas nicht Details erwarten, die Länderreiseführer bieten müssen, sondern nur einen groben Überblick. Zum Mitnehmen sind freilich beide Bände nicht geeignet, aufgrund des Gewichtes und weil es schade wäre, wenn die Bücher einen Knick abbekommen würden - oder des Lesers Rücken, der sie tragen müsste.

Traumstrassen der Welt

Wolfgang Kunth Verlag, München 2005

768 Seiten, geb., e 51,30

The 1st World Travel Atlas

Der neue Atlas der Superlative

Wolfgang Kunth Verlag, München 2005 510 Seiten, geb., e 80,20

Europa für die Tasche

Bibliophil sind sie, leicht einzustecken, jederzeit griffbereit und nicht teuer - alles Eigenschaften, die sie ideal zum Verschenken machen. Solche Kleinigkeiten, die es in sich haben und helfen den Blick zu weiten, sind die "Europa erlesen"-Bände des Wieser Verlages. Eine sehr wichtige multikulturelle polyethnische Stadt und literarische Region ist letztes Jahr dazugestoßen: Czernowitz, über das Rose Ausländer schrieb: "Viersprachelieder erfüllten die Luft". Auch heuer hat sich die inzwischen stattliche Anzahl der Bände wieder um einige Ausgaben und damit um weitere Regionen und Länder erweitert. Neben der Buchstadt Leipzig führt Europa erlesen auch in österreichische Bundesländer und Regionen, etwa die Steiermark (selbstverständlich in grünem Einband). Dass es in diesem Buch auch um Wein geht, versteht sich von selbst. Neben Oberösterreich und dem Weinviertel lädt auch Salzburg zu einer literarischen Reise ein: Dort begegnet natürlich Mozart, aber auch Peter Handke, Rainer Kunze, Bodo Hell, Franzobel und Karl-Markus Gauß. Carlos Fuentes erwartet der Leser hier vermutlich weniger, begegnet ihm aber auch. Das scheint ein meist gelungenes Rezept der Bände: Erwartetes und Unerwartetes aufzunehmen. bsh

Steiermark

Hg. v. Andrea Haberl-Zemljic u. Lojze Wieser. 340 Seiten, geb., e 12,95

Leipzig

Hg. v. Andreas Bode u. Hansdieter Hoyer. 256 Seiten, geb., e 12,95

Weinviertel

Hg. v. Friedrich Damköhler

256 Seiten, geb., e 12,95

Alle: Wieser Verlag, Klagenfurt 2005

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