Österreich
"Österreich ist schön". Ikeainfiltriert und blunzenvariiert. Ironien von Franzobel eröffnen einen Sammelband über junge österreichische Literatur, den die Herausgeber der Literaturzeitschrift Kolik Karin Fleischanderl und Gustav Ernst zusammengestellt haben. Österreich-Reflexionen sind allerdings nicht der primäre Soundtrack dieser Textsammlung. Hier geht es vor allem um literarisch sich manifestierendes Lebensgefühl und sprachlich verdichtete Wirklichkeitswahrnehmungen einer jungen Autorengeneration. Ineinandergeschobene Zeitebenen und Realitätssequenzen im Beziehungstalk bei Kathrin Röggla gehören ebenso dazu wie das Wetterleuchten der Sprache in Oswald Eggers Text "Ranauat" mit pfahlenden Unbuntsäulen und gnirrenden Scherkhölzern.
Vertreten sind z.B. Bettina Balàka, Sabine Gruber, Margret Kreidl, Richard Obermayr, Xaver Bayer oder Fabjan Hafner, um bekanntere Namen zu nennen. Icherkunder und Ichverdächtiger, Kalorienzähler und Mutterentfallene. Eine bunte Vielfalt, die Interesse verdient. Dennoch machen solche Sammlungen immer auch den subjektiven Charakter der Auswahl deutlich. Schade, dass man auf wichtige Autoren wie Daniel Kehlmann oder etwa Arno Geiger verzichtet hat.
Maria Renhardt
Zum Glück gibt's Österreich
Junge österreichische Literatur
Herausgegeben von Karin Fleischanderl und Gustav Ernst
Wagenbach Verlag, Berlin 2003
138 Seiten, brosch. e 10,20
Casanova
Die Taten des historischen Giacomo Girolamo Casanova, der im 18. Jahrhundert lebte, sind wohl längst überboten von all den literarischen Ausgestaltungen, die sie im Lauf der Jahrhunderte erhalten haben. Die vorliegende Anthologie bietet Einblicke und Kostproben in die Fülle der Aus- und Umformungen literarischer Art: aus der Sicht der Zeitgenossen, aus Briefen sowie aus Texten von Rainer Maria Rilke, Arthur Schnitzler, Hermann Hesse bis zu Sándor Márai und Andrew Miller, um nur einige zu nennen.
bsh
Mythos Casanova
Texte von Heine bis Buñuel
Hg. von Hartmut Scheible
Reclam Verlag Leipzig, Leipzig 2003
255 Seiten, kart., e 13,30
Krimitrilogie
Wieder einmal bildet die deutsch-deutsche Vergangenheit den Hintergrund eines Kriminalromans, der in der Gegenwart spielt. Der dritte Band der Trilogie um Privatdetektiv Gerhard Selb des Autors von "Der Vorleser", der nun als Taschenbuch erhältlich ist, wurde bei seinem Erscheinen von der Kritik verrissen. Die Personen scheinen wenig authentisch, die Handlung wirkt konstruiert und das Bedürfnis des Autors, Vergangenheit aufzuarbeiten, tönt unüberhörbar durch all dies durch.
bsh
Selbs Mord
Roman von Bernhard Schlink
Diogenes, Zürich 2003
265 Seiten, kart., e 10,20