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Dezsö Kosztolányis Klassiker "Esti Kornél" in deutscher Übersetzung.

Ein Held seiner Zeit, ein Bürgerschreck, Individualist, Eigenbrötler: Kornél Esti - in ungarischer Wortstellung eigentlich Esti Kornél - hat den Mut zur Rücksichtslosigkeit, und seine unstillbare Neugierde bringt ihn bis an die Abgründe der menschlichen Seele. Esti kennt keine Tabus.

Dezsö Kosztolányis Meisterwerk der dreißiger Jahre ist nun auch auf Deutsch zu lesen, in der großartigen Übersetzung Christina Viraghs, die bereits Sándor Márai und Imre Kertész aus dem Ungarischen übertrug. Esti, ein sprechender Name, wie Péter Esterházy im Nachwort anmerkt, ist ein Geschöpf des Abends. Kaum vorstellbar in einer geregelten Tätigkeit, die des Morgens beginnt. Er ist ein Wesen der Freizeit und der Kunst, ein Anhänger der Höflichkeit und der Ästhetik, ein unnahbarer Geist, der eher Bewunderer kennt als Freunde.

Und nicht zuletzt ist er das Alter Ego des Erzählers, eines guten Budapester Bürgers, rechtschaffen und brav, Familienvater und nützliches Mitglied der Gesellschaft, der nichtsdestotrotz manchmal lieber ein Esti wäre, doch es fehlen ihm dazu der Mut und die Konsequenz. Doch manchmal hat er die Konsequenzen zu tragen, die aus dem Handeln des anderen resultieren, seine Schulden zu tilgen, seine Liebschaften und Händel auszubaden, denn es eint die beiden eine geheimnisvolle äußerliche Ähnlichkeit.

"Ein Held unserer Zeit. Die Bekenntnisse des Kornél Esti" zählt zu den wichtigsten Werken der ungarischen Literatur und Dezsö Kosztolányi gilt als großer Erneuerer derselben. 1885 in Szabadka (Subotica) geboren war er nicht nur Romancier, sondern auch Lyriker, Essayist, Übersetzer (Shakespeare, Oscar Wilde, Heine, Hölderlin, Rilke) und Meister der Novelle. Sein "Esti Kornél" sprengt folgerichtig die Grenzen des Genres, ist ein Roman, bestehend aus einer Novellensammlung, der Hauptdarsteller sträubt sich gegen biederes Erzählen, das die Fragmente seines Daseins zu einem geschlossenen Lebenslauf verbinden würde.

So begegnen wir ihm auch nur in Momentaufnahmen, widersprüchlich und teils hinreißend komisch geschildert. Die Doppelgängermotivik der beiden Hauptdarsteller, die gemeinsam beschlossen haben, Augenblicke eines außergewöhnlichen Lebens aufzuzeichnen, manifestiert sich auch in der Art und Weise, das zu tun: der eine kann nicht mehr leben, der andere nicht mehr schreiben, und sie gehen eine Symbiose ein: der eine lebt das Leben, der andere schreibt es auf, teils in seinen eigenen Worten, teils in jenen des Kornél Esti.

Wir streifen mit ihnen durch das alte Budapest, seine nächtlichen Gassen, Kaffeehäuser und Gastwirtschaften, begegnen schrulligen Gestalten, verrückten Journalisten, verarmten Witwen, Dandys und einem kleptomanisch veranlagten Übersetzer, bei dessen Arbeit Kristallluster und Perlenketten aus dem Text verschwinden.

Dezsö Kosztolányi starb 1936 und gilt bis heute als Pflichtlektüre aller ungarischen Gymnasiasten. Er ist aus der ungarischen Literatur ebenso wenig wegzudenken wie etwa sein Geistesverwandter Oscar Wilde aus der englischen. Und seine Schöpfung, der Budapester Weltbürger Esti, ist bis heute lebendig geblieben.

EIN HELD SEINER ZEIT

Die Bekenntnisse des Kornél Esti

Roman von Dezsö Kosztolányi

Übersetzung von Christina Viragh

Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2004

303 Seiten, geb., e 20,50

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