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Caritas der Diozese Linz
Überrascht schaute die Schwester an der Pforte des Caritashauses auf, als sie hörte: ,,Ich möchte die Frau Caritas sprechen.“ Die Betonung lag dabei auf der mittleren Silbe. Erfahrungsgemäß ein untrügliches Zeichen, daß die Sache selbst dem Fragenden noch nicht sehr vertraut war. Wahrscheinlich hatte ihm irgend jemand den Rat gegeben: „Geh zur Caritas!“ Das „zur“ deutete auf die Frau, und schon sah der Hilfesuchende eine verständnisvolle, hilfsbereite Frau vor sich, nach der er nun fragte.
Frau Caritas wird im Caritashaus gesucht. Das ist die personifizierte Liebe. Eine heilige Elisabeth von heute. Nächstenliebe in Menschengestalt. Menschen, die es mit dem Liebesgebot, dem Mandatum magnum, ernstnehmen. Menschen, die auch hinter dem verwüsteten Antlitz noch das Ebenbild Gottes sehen. Die ganze Arbeit in diesem Haus ist geprägt von diesem Gedanken: von seiner Schwere, seiner Verantwortung und seiner Größe. Das heißt nicht, daß die Verwirklichung immer gelingt, aber der gute Wille ist da.
Seit dem Beginn des Aufbaues im Mai 1945 befindet sich in Linz im ehemaligen Waisenhaus in der Seilerstätte das Herz der gesamten Caritasarbeit der Diözese. Die Diözesan-caritas ist glücklich, dieses Haus in so zentraler und günstiger Lage in der Bischofsund Landeshauptstadt zu haben. Seilerstätte Nummer 14 und Caritas sind in diesen 19 Jahren einer ununterbrochenen, immer mehr vertieften Caritasarbeit zu einem Begriff geworden. Es ist auch eine einmalig günstige Situation, zu der wir von Besuchern aus dem In- und Ausland und ganz besonders von Fachleuten, die wissen, was dies bedeutet, immer wieder beglückwünscht werden, daß hier alle notwendigen Einrichtungen mit Kanzleien, Magazinen, Werkstätten und Garagen konzentriert sind, die eine diözesan-weite und zielbewußte Arbeit erst so richtig möglich machen. Dabei kann das Haus durch eine wirklich raffinierte Raumausnützung auch noch das sozial so wichtige Lehrmädchenheim beherbergen und einer Reihe von Abteilungen des Bischöflichen Seelsorgeamtes Unterkunft bieten. Das Zentrum aber ist die kleine stimmungsvolle Hauskapelle, der Mutter vom Guten Rat geweiht, mit der innigen Bitte um Erleuchtung in so vielen schwierigen Situationen und Entscheidungen, mit denen ja fast immer Menschenschicksale unlösbar verbunden sind. In vielen heiligen Messen wird hier immer für die großen Caritasanliegen und Aufgaben in Diözese und Welt gebetet, der lebenden und verstorbenen Wohltäter und Mitarbeiter gedacht. Der Gedanke, daß die Caritas eine große Familie ist, wird im Rosenkranz am- Samstag abends gepflegt, und einmal im Jahr in der Nacht vor dem Fest der heiligen Agnes halten die Hausbewohner und die Caritasmitarbeiter abwechselnd nächtliche Anbetung.
Mancher Besucher, der zum erstenmal das Haus betritt, bleibt nachdenklich und interessiert vor der Orientierungstafel im Vestibül stehen und stellt dann erstaunt fest: „Ich habe gar nicht gewußt, daß die Tätigkeit der Caritas so umfassend und vielseitig ist.“ Und das ist sie wirklich. Es gibt kein sozial-karitatives Problem, das der Caritas fremd ist. Vom ungeborenen Kind, dessen Mutter Aufnahme findet im Kinder- und Mütterheim St. Josef, bis zur 100jährigen Frau, die im Caritasaltersheim Bad Hall betreut wird, spannt sich über alle Wechselfälle des Lebens und des Schicksals dieses Band der Liebe.
Nun ist das Interesse auch schon geweckt und nach kurzem Beobachten kann man sagen, daß es vor allem zwei Gruppen sind, die hier ein und aus gehen: Menschen, die hier Hilfe suchen, und Menschen, die helfen wollen. Immer wieder wird hier die Frage nach dem Helfer laut, und immer wieder meldet sich der Mensch, der helfen will, wie jene alte Frau, die an der Pforte erzählte, sie habe nun ihre Rente bekommen und möchte „a weng was“ hergeben. Dieses „a weng was“ aber waren 1000 Schilling. Wir freuen uns über solche Beweise unerschütterlichen Vertrauens (trotz so mancher Greuelpropaganda über die Caritas). Gewissenhafteste Verwendung der Gelder auf unserer Seite soll diesem Vertrauen entsprechen.
Während in den Fürsorgekanzleien Tag für Tag mit Fachkenntnis, Geduld und Liebe Not und Sorge des Alltags gelindert werden — manchmal werden auch Schwindler entlarvt und belehrt, daß Caritasgelder nicht dazu da sind, um Arbeitsscheu, Faulheit und Trunksucht zu unterstützen —, wird in anderen intensiv für die Zukunft gearbeitet. Für die großen sozialkaritativen Einrichtungen der Diözesancaritas muß auf Jahre hinaus gut geplant werden, um auch hier auf zweckmäßigste Weise Hilfe zu leisten und die gespendeten Gelder auf beste Art zu verwenden. Und immer steht hinter solchem Planen der hilfesuchende Mensch. Da ist ein schwerbehindertes Kind, von dem feststeht, daß es durch liebevolle Erziehung und intensiven Unterricht das Ziel, seinen Lebensunterhalt in bescheidener Weise später selbst verdienen zu können, erreichen kann. Soll das wirklich nur daran scheitern, daß für dieses Kind kein Bett mehr frei ist im Internat und kein Tischchen in der Schule? Es kommt die Oberin des Kinder- und Mütterheimes St. Josef am Freinberg in Linz, und sie ist erfüllt von dem Gedanken — sie belegt dies aus ihren Erfahrungen heraus —, daß auch für die Kleinsten, für die in ihren Liliputbetten schlummernden Babies, eine familienartige Unterbringung, die den Wechsel des Personals auf ein Minimum beschränkt, sehr, sehr wünschenswert wäre. Dazu kommt die Vergrößerung des Caritasaltersheimes in Bad Hall und die Mitarbeit an dem großen Plan der Gründung einer Pflegeanstalt für bildungsunfähige Kinder und Jugendliche, sowie die Ergänzung der bisherigen Rehabilitationseinrichtungen und der weitere Ausbau des Caritasjugendheimes Gleink bei Steyr.
Dies alles kostet Geld, daher unser Bemühen, die großen Sammlungen — Haussammlung, St.-Elisabeth-Sammlung, Natural-sammlung — gewissenhaft vorzubereiten. Noch wichtiger aber ist uns die Weckung des Verständnisses, die Vertiefung der Caritasgesinnung. Wenn sich der Gedanke der Elterndankspende immer mehr durchsetzt und die Eltern gesunder Kinder sich innerlich verpflichtet fühlen, den behinderten Kindern zu helfen, haben wir keine Sorgen um die Finanzierung. Eis müssen nur alle Eltern so denken wie jener Bauer, der anläßlich des offiziellen Besuches des Oberösterreichischen Landtages im Kinderdorf St. Isidor nach dem Gang durch Klassen- und Wohnzimmer der Kinder mit nassen Augen sagte: „Ja, erst jetzt versteht man, was für eine unverdiente Gnade es ist, gesunde Kinder zu haben.“ Es ist die Gesinnung, die ebenfalls im Vestibül des Caritashauses zwischen Pfortenfenster und Orientierungstafel zum Ausdruck kommt. Ein schlichtes, einfaches Kreuz und dabei der Spruch:
„Der erste Gruß in diesem Haus geht von dem Kreuzesbalken aus und ladet alle liebend ein, in Christus woll'n wir Brüder sein!“ Erst kürzlich sah ich einen Geistlichen vor diesem Kreuz stehen und sich den Spruch in sein Notizbuch schreiben. Als ich ihn begrüßte, stellte sich heraus, daß es der Pallo-tinermissionsbischof Bruno Hippel aus Oudts-hoorn in Südafrika war. „Schön“, sagte er, „das nehme ich mit nach Afrika.“
Die Neubauten der Caritas Linz sind: Caritaskinderdorf St. Isidor in Leonding bei Linz, Institut St. Pius für schwerbehinderte Kinder in Steegen bei Peuerbach, St.-Elisa-beth-Heim zur Ausbildung körperbehinderter Mädchen in Gallneukirchen, Katholisches Studentenheim „Guter Hirte“, Linz, Caritaskindergarten der Stadtpfarre Linz-St. Michael, Caritaskindergarten und Jugendhort „Christkönig“ der Stadtpfarre Linz-Urfahr, Caritaskindergarten und Jugendhort der Pfarr-expositur Linz-Neue Heimat (Handel-Mazzetti-Kindergarten), Caritaskindergarten Andorf, Feldkirchen an der Donau, Freistadt, Gallneukirchen, Gutau, Kremsmünster, Doppl bei Leonding, Pregarten, Stadl-Paura, Thanheim bei Wels, Weyregg, Ulrichsberg, Unterweitersdorf, Walding, Lenzing, Naarn, Linz-St. Severin, Linz-Ebelsberg und Linz-Sankt Magdalena.
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