#Da bin ich lieber mein eigener Herr#

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Stallgehen, mähen, wursten, Gäste unterhalten, Unternehmer sein: Die Arbeit am Bauernhof ist hart # doch für Wilfried Kogler insgesamt beglückend. Aus dem Leben eines Kärntner Landwirts, der sich nicht nur schönes Wetter wünscht.

Drei bis vier regenfreie Tage: Das würde ihm schon reichen. Drei bis vier regenfreie Tage: Dann könnte er den blitzblauen New-Holland-Traktor zum Mähen starten, das Heu würde trocken bleiben und die Futterqualität wäre angesichts dieses sonderbaren Sommers gar nicht mal so schlecht. Tag um Tag heißt es warten. Doch dann, endlich, zeigt der graue Kärntner Himmel doch Erbarmen: Die Wolken verziehen sich, die Touristen räkeln sich in der Sonne und Wilfried Kogler, Bauer vom Sonnleitnhof, wirft den Motor an.

Es ist ein kleiner Hof am Rande der Gemeinde St. Urban am Urbansee, den der 39-Jährige gemeinsam mit seiner Frau, den noch rüstigen Eltern und einem Landarbeiter bewirtschaftet: 36 Hektar Grund, 17 Milchkühe mit Nachzucht, etwa 20 Schweine, doppelt so viele Schafe, ein paar Zwerghühner und Hasen, dazu eine Ferienwohnung, ein paar Fremdenzimmer und eine Buschenschank. Von dieser bunten Mischung könne man einigermaßen leben, meint der Bauer. Und dass man dafür von morgens bis abends hart arbeiten müsse # das gehöre eben zum Beruf.

Zupacken # rund um die Uhr

Gleich nach dem Aufstehen um sechs Uhr morgens schlüpft Wilfried Kogler in Blauzeug und Gummistiefel, geht gemeinsam mit Franz, der seit 20 Jahren am Hof beschäftigt ist, zu den schwarz-weiß-gefleckten Holsteinern in den Stall, schaltet zur Entspannung das Radio ein, steckt einer Kuh nach der anderen die Melkmaschine ans pralle Euter, füllt die Futtertröge, hängt den Kälbern Milchkübel mit Gummisaugern vor die Mäuler, mistet aus, füttert die Schweine und die Schafe # und geht im Anschluss frühstücken. Dann checkt er seine Mails, fährt bei Schönwetter aufs Feld, geht ansonsten zum Wursten in den Aufbereitungsraum, vakuumiert Selchroller und Karree für den Ab-Hof-Verkauf, wirft die Mostpresse, den Schnapsbrenner oder die Buttertrommel an, empfängt Vertreter für Futtermittel oder Landmaschinen und absolviert um 17 Uhr noch einmal den Stallparcours. Erst dann kehrt langsam Ruhe ein. Zumindest im Frühling, Herbst und Winter. Im Sommer, wenn die Buschenschank ihre Pforten öffnet und nebst all den Einheimischen auch Deutsche und Wiener in die Stube strömen, fängt der Trubel erst so richtig an.

Vor allem für Wilfried Koglers Frau Karoline. Die zierliche Blondine, die selbst von einem nahen Bauernhof stammt, kümmert sich um die Gäste und bäckt dreimal pro Woche Brot. #Das hat sie von meiner Mutter gelernt#, erzählt ihr Mann voll Stolz. Dass das Zusammenleben der beiden Generationen so klaglos funktioniert, sei nicht selbstverständlich. #Man muss sicher Kompromisse machen#, betont der Bauer. #Und man sollte sich räumlich vom Hof trennen.# Seit 2001 wohnen die Koglers deshalb mit ihren zwölf und neun Jahre alten Söhnen in einem Neubau oberhalb des Bauernhauses.

Dass er den Sonnleitnhof einmal übernehmen würde, war dem 1971 in Klagenfurt geborenen Familienvater aber seit jeher klar. Es war direkt nach dem Krieg, als sein Großvater das Grundstück samt desolatem Haus und ohne Vieh übernommen hatte. Sein ältester Sohn Sepp, Wilfrieds Vater, kaufte Grundstücke dazu, stellte auf Milchwirtschaft um, stieg in die Direktvermarktung ein und startete als Steckenpferd die Schafzucht. Um die Tradition weiterzuführen, besuchte Sohn Wilfried die landwirtschaftliche Fachschule in Villach und absolvierte eine Lehre als Landmaschinentechniker samt Meisterprüfung. Nach einem Intermezzo als Betriebsleiter im Natursteinwerk des Onkels kam er als Anzeigenverkäufer zum Kärntner Bauer und schließlich zur Österreichischen Bauernzeitung, für die er noch heute manchmal tätig ist. Doch immer nur mit Zahlen zu jonglieren war dem jungen Mann zu wenig. #Bei all den Meetings habe ich mir gedacht: Das mache ich nicht bis 60. Da bin ich lieber mein eigener Herr.#

Es ist die große Abwechslung, das pralle Leben mit den Tieren, der Technik und der Natur, das ihn am Bauersein so fasziniert. #Die Arbeit ist zwar anstrengend, aber jeden Tag anders: Einmal erntet man Heu, dann geht man ins Büro und macht die Buchhaltung, dann hilft man einer Kuh beim Kalben. Tagtäglich das volle Programm.#

Die drei Betriebszweige # Milchwirtschaft, Urlaub am Bauernhof und Direktvermarktung # erlauben größtmögliche Flexibilität. Fällt etwa der Milchpreis in den Keller, kann man umdisponieren. Schon jetzt ist der Lohn für die mühevolle Stallarbeit gering: 34 Cent bekommt man für einen Liter Milch. Da bleibt nicht viel übrig # schon gar nicht für einen neuen Traktor, der mit 50.000 Euro zu Buche schlägt. Von den viel zitierten Fördermilliarden kann ein kleiner Bauer wie Wilfried Kogler ohnehin nur träumen: Was er als Ausgleichszulage von der EU erhält, ist mit endlosen Tier- und Umweltschutzauflagen gekoppelt. #Die werden immer strenger#, klagt der Landwirt. #Für manche Betriebe wird das zum Problem.#

Statt immer mehr Vorschriften hätte er lieber Konsumenten, die heimische Lebensmittel zu schätzen wissen und bereit sind, dafür adäquate Preise zu bezahlen. Aktionen wie #A faire Milch# geben ihm Hoffnung # auch für den Sonnleitnhof, den einer seiner Söhne dereinst weiterführen soll. Vor allem der Jüngere zeige Interesse. Aber auch beim Älteren, der im letzten Zeugnis lauter Einser schaffte, sei nichts aus der Welt. #Vielleicht wird er einmal Rechtsanwalt#, sagt Wilfried Kogler in Blauzeug und Gummistiefeln. #Bauer werden kann er dann immer noch.#

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