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Wer cLie letzten zwei Jahre des Kampfes tim die Wiederherstellung des Domes mit der ganzen Leidenschaft des Herzens mitcrlebt hat, wer immer wieder um das Gelingen des Werkes gebangt und oftmals gegen alle Hoffnung das manchmal unmöglich Scheinende erhofft hat, weiß, wie wenig Grund zu Stolz, zu Jubel oder auch nur zu lauter Freude ist. Die paar Menschen, die die Last und Not des Dombaues getragen haben, würden am Tag, da der ganze Raum von St. Stephan wieder den Wienern, den Österreichern zurückgeschenkt wird, am liebsten fern von allem Festgetriebe hinter einer Säule stehen und still die Worte dbes Ambrosianischen Lobgesanges für sich sprechen; denn kaum bei einem anderen Unternehmen war der Segen Gottes so augenscheinlich für das Gelingen des Baues nötig als beim Wiederaufbau des Stephansdomes.

Noch im September 1951 schien es, als ob man den Bau endgültig einstellen müßte. Die Mittel reichten gerade bis Ende Oktober. Da begaben wir uns zu dritt auf die Fahrt in die Bundesländer. Und das kaum Glaubliche geschah: Nicht ein Land schloß sich aus von dem großen Werk. 2,8 Millionen in Geld und Sachspenden waren der greifbare Erfolg dieser Fahrt. Aber noch immer reichte es nicht zur Vollendung des Albertinischen Chores. Da entschloß sich die Bundesregierung, eineinhalb Millionen zu zeichnen. Die Bundeskammer und die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft waren gleich zu Beginn der Aktion mit gutem Beispiel vorangegangen und hatten eine halbe Million gespendet. Die Landeslandwirtschaftskammem, die bäuerlichen Genossenschaften schlossen sich mit dem gleichen Betrag an. Die Vereinigung österreichischer Industrieller legte innerhalb von zwei Jahren zweimal eine halbe Million auf den Gabentisch. Und wie die großen, so seien auch die vielen kleinen Spender gerühmt, jene Tausende, die einen Dachziegel, einen Stephansgroschen spendeten, um das Werk vollenden zu helfen.

Aber immer noch waren der Mittel für den Riesenbau zu wenig. Fahrten nach Belgien, nach Luxemburg, nach der Schweiz eröffneten neue Quellen; Sammlungen in Dänemark, Schweden, England und anderen Ländern brachten fast eine Million Schilling. Doch die Ausgaben waren hoch. Monatlich 400.000 S für die Durchführung des Baues, die Einrichtungsgegenstände nicht mitgerechnet! Und doch haben wir billig gebaut im Vergleich zu anderen. Etwa 27 Millionen kostete der ganze Dombau bisher. Und er hat 130 Arbeitern und ihren Familien durch sieben Jahre das tägliche Brot gegeben. Schwerer als dieses Ringen um die materielle Grundlage des Baues war die Bewältigung der technischen und organisatorischen Probleme der Arbeit; und nicht zuletzt die künstlerische und religiöse Gestaltung des Domes. Niemand weiß, was in den vielen Morgen- und Abendstunden an Gemeinschaftsarbeit zwischen dem Dombaumeister, den leitenden Ingenieuren und den verantwortlichen Geistlichen geleistet werden mußte, um dem Dom das gotische und barocke Erbe zu erhalten und zu mehren und dennoch über unersetzliche Verluste hinaus mutig zu einer neuen religiösen , Raumgestaltung voranzuschreiten.

In diesem Dom gibt es keinen neuen Stein, dessen Werdegang wir nicht liebevoll verfolgt und dessen Bestimmung wir nicht einträchtig festgehalten haben. Jeden Morgen, wenn wir den Raum des Albertinischen Chores betreten, gleiten die Augen zärtlich über die Dinge, die der Hand von Künstlern und kunstfertigen Handwerkern entstammen Das Wunder der Schöpfung wiederholte sich hier im streng geschlossenen Raum.

Ob uns das Werk gelungen ist, mögen die Freunde aus nah und fern am Tage der Domeröffnung selbst beurteilen. Wir selber wissen, wie der Dombau von allen, die ihm dienen, die letzte Kraft verlangt — und wie wenig es doch im Letzten auf alles Menschentun ankommt, denn, „wenn der Herr das Haus nicht baut, bauen die Bauleute umsonst“. .

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