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Das Ende eines Europäers
„Im Gedenken an Stefan Zweig“ hat ein Verehrer des Dichters ein Erinnerungsbuch zusammengestellt mit Beiträgen von Franz Werfel, Carl Zuckmayer, Hans Reisiger, R. M. Rilke, Franz Masereel, Walter Bauer, A. Lernet-Holenia, Richard Friedenthal, Felix Braun, Romain Rolland, Ernst Feder, Bruno Waiter, Berthold Viertel, R. Fülöp-Miller, Richard Strauß und Friderike Maria Zweig. — Der Herausgeber hat einen größeren Essay (S. 7 bis 69) beigesteuert, der sachlich nicht viel Neues enthält, aber durch den persönlichen Ton der Darstellung fesselt, die im wesentlichen Zweigs Autobiographie „Die Welt von gestern“ folgt. Immerhin erfährt man einiges über Zweigs letzte Bücher: Monographien über Erasmus von Rotterdam, Ame-rigo, Magellan, Castelli und Kalvin, über Brasilien und den Plan eines Montaigne-Buches. Der Nachruf von Arens gilt vor allem dem Menschen Stefan Zweig, dem hilfreichen Anreger, dem Freund aller Welt, dessen Wesen darauf abgestimmt war, zu fördern in jeder Form und Art. Romain Rolland hat Zweig treffend gekennzeichnet: „Der charakteristische Zug seiner Persönlichkeit ist das leidenschaftliche Bedürfnis, zu erkennen, die unablässig, niemals befriedigte Neugier, der dämor'ie Drang, zu sehen, zu wissen, und jedes Leu::, zu leben, der aus ihm einen Fliegenden Holländer, einen passionierten Pilger gemacht hat. Er ist der freche und zugleich fromme Liebhaber des Genies, dessen Mysterium er vergewaltigt, aber nur um es tiefer zu lieben, der Dichter, der sich den gefährlichen Schlüssel Freuds zu eigen gemacht hat. Der Seelenjäger.
Mehrere der in diesem Buch gesammelten Beiträge beschäftigen sich mit Zweigs Ende. In Petropolis, der Sommerresidenz von Brasilien, in seinem eigenen Haus in völliger materieller Unabhängigkeit lebend, hat der meistgelesene Autor seine Gastlandes, das er liebte, bekanntlich 1942 gemeinsam mit seiner zweiten Frau Selbstmord, begangen. In einer nachgelassenen „Erklärung“ schrieb Stefan Zweig, daß er nicht mehr leben könne, „nachr dem die Welt meiner eigenen Sprache für midi untergegangen ist und meine geistige Heimat Europa sich selbst vernichtet. Aber nach dem sechzigsten Jahre bedürfte es besonderer Kräfte, um noch einmal völlig neu zu beginnen. Und die meinen sind durch die Jahre langen, heimatlosen Wandems er7 schöpft.“ Franz Werfel fand in seinem Nachruf wohl die gültigste Deutung für Zweigs Tragödie, für seinen großen Irrtum und seinen Selbstmord: Der humane Optimismus war die Religion Stefan Zweigs, dieser Wahn der Sicherheit sein väterliches Erbteil. Im Gegensatz zu anderen war er nicht nur ein Mitläufer, sondern ein echt und kindlich Gläubiger der humanistischen Religion, in deren Hut er aufgewachsen ist. Wohl kannte er die Abgründe und näherte sich ihnen immer wieder als psychologischer Deuter und Gestalter. Aber unverrückbar dehnte 9ich über ihm der Himmel seiner Jugend, den er anbetete, der Himmel des Geistes, der Literatur, der Kunst, der einzige Himmel, den der liberale Optimismus kannte und gelten ließ. Vielleicht war die Verdunkelung dieses Geisteshimmels einer der Schläge, die Zweig nicht überwinden konnte. Damit scheint uns sehr Wesentliches nicht nur über Stefan Zweig, sondern über einen Typus der Generation ausgesagt, welcher der vielgelesene Schriftsteller angehörte. .Verwirrung der Gefühle', .Ungeduld des Herzens“, „Dia Welt von gestern“ ... Wie Mahnworte schlagen diese symbolischen Titel der bekanntesten Werke des heimatlosen Europäers an unser Ohr ..,
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