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Das Onr des iMalchus

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Malchus, Vertrauensdiener des Hohenpriesters, war ein schöner Mann von dreißig Jahren, groß und stark, mit dunkler Haut und schwarzen Augen, mehr herausfordernd als mutig und stolzer als klug. In der heiligen Stadt selbst als Sohn eines Tempelhüters geboren, Vertrauter des Kaiphas, von den Leviten gefürchtet, bildete sich Malchus ein, einer von den Herren Jerusalems und zu Großem bestimmt zu sein. Freunde und Kumpane schmeichelten, um sich gut mit ihm zu stellen, schlau seinem harmlosen Eigendünkel und nannten ihn mit Beinamen Malchus, das heißt Melek, Herrscher — und alle nannten ihn nunmehr Malchus, obwohl sein wirklicher Name Ezechiel war.

Als Malchus an jenem Donnerstagmorgen von den anderen erfuhr, daß am Abend in der Umgebung der Stadt das Haupt einer ketzerischen Bande, ein falscher Messias, verhaftet werden sollte, der aus Galiläa mit bewaffnetem Gefolge hereingeschneit kam, um, nach der Meinung des Volkes, den Tempel und auch Jerusalem zu zerstören, bildete der eitle Knecht sich ein, daß er von jenem Tage an seine neue Geschichte beginnen könne.

Kaum hatte Kaiphas das Essen beendet — der einzige Augenblick des Tages, wo man hoffen konnte, etwas von ihm zu erlangen —, näherte sich ihm Malchus mit jener unterwürfigen Verbeugung seines großen Körpers, die er nur selten und nur vor dem Hohenpriester machte.

„Darf ich dich um eine Gnade bitten?“

Kaiphas antwortete nichts und erhob nicht einmal die Hand, um den Bittenden fortzujagen, und Malchus fuhr fort:

„Sie haben gesagt, daß heut» abend ein gefährlicher Feind festgenommen werden muß, der sich in der Nacht in der Nähe Jerusalems versteckt. Könntest du mich zum Führer der Männer bestimmen, die ihn festnehmen werden?“

Kaiphas sah ihm einen Augenblick in die Augen und grinste.

„Ich glaube nicht“, antwortete er, „daß dieser Gang so gefährlich ist, wie du es dir einbildest. Die Ehre, die du erbittest, würde Segan treffen, aber wegen eines Dutzends Galiläer ist es nicht nötig, ihn zu bemühen. Geh also, und gute Jagd! Nimm dir mit, wen du willst, und setz dich in Verbindung mit Judas IschaTioth, der den Führer machen und euch den zeigen muß, den ihr festnehmen müßt. Wenn ihr ihn in Händen habt, bringt ihn sofort zu mir.“

Malchus dankte seinem Herrn feierlich und lief, sein kleines Heer zusammenzubringen. Er stellte an die Fünfzig zusammen, und bei Anbruch der Dunkelheit musterte er sie im großen Hofe des Kaiphas, ähnlich einem General, der sich zur Schlacht vorbereitet. Er übergab den Jüngsten vier Laternen und wickelte sich in einen Mantel ein, denn es fing an kalt zu werden. Den Ischarioth sah man nicht.

Endlich, in tiefer Nacht, hörte man ein eiliges Stampfen und gleich darauf ein vorsichtiges Pochen am Tor. Sie öffneten. In den Hof trat ein vierschrötiger Mann mit rotem Haar, hohen Schultern und niedriger Stirn, mit abwesendem, undurchsichtigem Gesicht ohne Leben, einem Gesicht wie toter Stein.

Malchus fragte:

„Können wir gehen?“

Judas winkte bejahend mit der Hand und bog in die dunkle Straße ein, gefolgt vom schweigsamen Heer, das von einem Knecht geführt wurde, der den Beinamen „Herrscher“ trug.

Als sie bei den Olivenhügeln waren, hielt Judas ein wenig an und sagte:

„Ich werde ihn küssen. Paßt auf: Er ist es.“

Sie kamen an. Judas erkannte sofort Jesus und küßte ihn zärtlich. Malchus, 'der schon neben ihnen war, erhob die Hand, um den Arm des falschen Propheten zu packen.

Aber da stürzte aus dem Dunkel ein Mann auf ihn zu, der aus seinem Mantel ein Schwert zog, an Malchus' Kopf vorbeihieb und ihm glatt das rechte Ohr abschnitt. Vor Ueberraschung und Schmerz heulte Malchus auf, hatte aber nicht die Geistesgegenwart und die Kraft, dem Angreifer mit dem Schwert zu antworten. Er schaute ihn erstaunt an — ein Laternenträger hatte sich Petrus genähert —, und niemals löschte aus seinem Gedächtnis jenes große und bärtige Antlitz aus.

Jesus legte die Hand auf die rechte Wange des Malchus, und es schien, als ob er ihn liebkose. Der Schmerz hörte auf, das Blut war gestillt, und die Haut schloß sich wieder über der frischen Wunde.

Malchus, betäubt und verwirrt, dachte weder daran, sich an dem Angreifer zu rächen noch dem Heilenden zu danken. Hingegen kniete er sich auf die Erde und betastete das Gras und die Steine, als ob er etwas suche, was ihm am Herzen liege. Ein Jüngling leuchtete ihm mit . der Laterne, und Malchus fand das blutige Ohr und nahm es wieder an sich. Mit rascher Bewegung versteckte er es im Busen, dann endlich schaute er sich um. Sein Angreifer und die anderen Jünger waren verschwunden; Jesus, allein und bleich, war von der überraschten und finster blickenden Häscherschar umringt.

Der unglückliche Malchus konnte weder dem Prozeß noch der Bestrafung Christi, noch dem Triumph seiner Herren beiwohnen. In jener schrecklichen Nacht kehrte Malchus nicht in den Palast des Kaiphas zurück, sondern ging ins Haus der Mutter, wo er sich verbarg.

Nach der Kreuzigung und nach Ostern erinnerte sich der Hohepriester an Malchus und ließ ihn in der ganzen Stadt suchen. Niemand konnte etwas sagen: seit jener Nacht hatte ihn niemand gesehen. Es vergingen Tage und Wochen, und Kaiphas dachte nicht mehr an Malchus: ein anderer Diener wurde Oberster der Knechte des Hohenpriesters.

In sein Zimmer eingeschlossen, litt, phantasierte, raste Malchus und hing Sieges- und Rachegedanken nach. Jenes Unternehmen, das, wie er sich eingebildet hatte, der Anfang seines Glückes sein sollte, war zur Offenbarung seiner Feigheit geworden. Warum hatte er sich nicht gerächt? Warum hatte er nicht gleich mit seinem Schwert jenen rasenden Petrus durchbohrt?

Er hörte schließlich, daß der falsche Messias, derselbe, der ihn barmherzig geheilt hatte, an ein Kreuz genagelt worden war, und er hatte sich darüber gefreut. War nicht dieser die erste Ursache seines Unglücks?

Er hatte auch erfahren, daß Judas — aus Gewissensbissen sagten sie —, nachdem er den Meister verraten hat, sich an einem Baum aufgehängt hatte. Die Nachricht hatte ihn getröstet: es war ein Zeuge weniger.

Aber wo waren die anderen Jünger des Gotteslästerers von Nazareth? Und besonders jener wütende Petrus, der ihn in diese traurige Lage gebracht hatte? Wenigstens an ihm wollte er sich auf jeden Fall rächen.

Der Mutter, die er täglich nach Jerusalem schickte, Nachrichten zu sammeln, war es nicht gelungen, etwas über ihn zu erfahren. Man sagte nur, daß er mit seinen Gefährten nach Galiläa geflohen sei.

Endlich, als die Tage anfingen kürzer zu werden, wagte Malchus auszugehen. Er wickelte ein weißes Tuch wie einen Turban um den Kopf, um die schmachvolle Verstümmelung zu verbergen, und stellte sich den Herren und Kaufleuren vor und bot ihnen seine Dienste an. Aber niemand wollte ihn; seine Binde um die Schläfen, bei Juden, die nicht Priester waren, ungewohnt, machte ihn verdächtig. Wenn sie ihn baten, die Binde wegzunehmen, floh er Hals über Kopf, und dieses Benehmen erhöhte ihren Verdacht.

Es verging Zeit, aber Malchus gelang es nicht, an irgendeiner Stelle unterzukommen. Er wurde mit den Jahren einer der vielen Bettler, welche die Heilige Stadt überschwemmten. Er verbarg das fehlende Ohr nicht mehr, im Gegenteil, um Mitleid oder Lachen zu erwecken, erzählte er denen, die ihm zuhörten, seine Geschichte. Malchus stellte sich insbeson-

dere vor d«n Pilgern, die an Ostern von weither kamen, als Märtyrer des Glaubens hin. Die Barmherzigsten und Neugierigsten gaben ihm etwas Geld, und so schlug sich Malchus elendiglich durchs Leben, ein demütiges, gehässiges und verhaßtes Geschöpf.

Aber im Herzen des halbnärrischen Lumpen war die Rachgier niemals erloschen.

Jener Petrus hatte die Kühnheit, in Jerusalem mit einigen seiner Gefährten wieder Fuß zu fassen und sogar zu den Leuten von seinem angespuckten, gepeitschten und festgenagelten Messias zu erzählen.

Malchus verfolgte ihn und spürte ihm nach. Wenn Petrus das Volk belehrte, stellte sich Malchus vor ihn hin und starrte ihn an. Er wa.gte nicht, sich auf ihn zu stürzen, wie er es sich sehnlichst wünschte: Malchus war ein unbeliebter Bettler und Petrus flößte allen Respekt ein, sogar den Priestern, und war niemals allein.

Als er erfuhr, daß Petrus zusammen mit Johannes festgenommen worden war, frohlockte das Herz des Malchus: er hoffte, daß sie zur Steinigung verurteilt würden wie Stephanus, und kostete im voraus die Wollust, mit Steinen das Haupt des Gehaßten zu treffen. Aber die Apostel wurden bald darauf befreit, und der enttäuschte Bettler weinte vor Wut. Aber Petrus wurde nach einiger Zeit wiederum in das Gefängnis gesperrt, und Malchus hoffte, daß nun seine Wünsche erfüllt würden: er wußte, daß Agrippas den Tod des gefährlichen Sämanns des Schismas wünschte. Aber eines Morgens verbreitete sich die Nachricht, daß Petrus, obwohl er von vier Soldaten bewacht war, auf geheimnisvolle Weise aus dem Kerker verschwunden war.

Einige Monate später sagten sie ihm, daß Petrus nach Antiochien geflüchtet sei und seine Tätigkeit als Wanderprediger wieder aufgenommen habe. Nunmehr konnte Malchus nicht leben, ohne auf irgendeine Weise den Mann, den er für sein Elend verantwortlich hielt, zu ' verfolgen, und so begab er sich, immer bettelnd, zu Fuß nach Antiochien.

Er ließ sich das Haus des Petrus zeigen, und Tag und Nacht verfolgte er ihn. Wenn der Apostel ihn zufällig ansah, schaute er ihn böse an und griff mit dem Finger an die Schläfe, als ob er den Schuldigen an die schändliche Verstümmelung erinnern wollte. Der Apostel er-' kannte ihn nicht wieder.

Petrus verließ Antiochien und hielt sich bei seinen Brüdern in Korinth auf; Malchus gelang es, auf einem Schiff, das nach Griechenland segelte, Zuflucht zu finden, und verfolgte ihn. Wo er lebte, war ihm gleich, wenn er nur dem Jünger Christi auf den Fersen bleiben und ihn verfluchen konnte.

Rasch und traurig vergingen die Jahre, und Malchus wurde alt. Aber seine Seele war von einer unbedingten Gewißheit beschwingt, die ihm Trost spendete. Petrus würde eines Tages mit einem schmachvollen Tod sein törichtes Geschwärz und seine alte und neue Schuld bezahlen.

Aber Petrus verschwand auch aus Korinth, und Jahre hindurch gelang es Malchus nicht, zu erfahren, wohin sich sein Verwunder begeben hatte. Endlich erfuhr er von mehreren Zeugen, daß Petrus ruhig in der Hauptstadt des Kaiserreiches wohnte. Es war für einen Erbärmlichen wie ihn nicht leicht, sich nach Rom zu begeben. Und dennoch gelang es Malchus, bettelnd, bittend und sogar Brot ersparend, sich an einem regnerischen Maitag in Ostia auszuschiffen. In der Nacht kam er zu Fuß, ausgehungert und mit Staub bedeckt, in Rom an.

Ein Jude, der ihm in einer Straßenschenke begegnet war, begleitete ihn nach Trastevere, dem von Juden bewohnten Viertel, und empfahl ihn einer reichen, hochgeachteten Familie, die ihn, nachdem ihr Malchus seine Erlebnisse erzählt hatte, als Gast in ihr Haus aufnahm. Nach und nach erfuhr er alles über Petrus und die von ihm gegründete Kirche in Rom, von seinem Argwohn und den von den Christen hervorgerufenen Unruhen.

In diesem Jahre waren sieben Jahrfünfte seit jener unheilvollen Nacht in Gethsemane vergangen. Malchus war nunmehr ein bucklig gewordener, magerer, weißhaariger Alter, der in nichts mehr an den kecken Diener des Hohenpriesters erinnerte. Aber eine zähe und grausame Hoffnung trug er: Zuschauer des blutigen Endes von Petrus zu sein.

In jenem selben Jahr kam für ihn der so lange ersehnte Tag. Nero hatte beschlossen, die Christen zu verfolgen, und Befehl gegeben, die Urteile gegen die Häupter der Kirche von Rom zu vollstrecken. Paulus, als römischer Bürger, sollte die Ehre haben, enthauptet zu werden; Petrus sollte gekreuzigt werden.

Malohus verbrachte all die Stunden des Tages in der Nähe des Kerkers, wo der alte Petrus im Gebet den ersehnten Tod erwartete. Eine neblige Morgendämmerung des Juni brachte dem alten Verfolger endlich den erflehten Trost. Vor dem ersten Sonnenstrahl kamen einige. Soldaten aus dem Gefängnis heraus und hatten Petrus, der an den Händen gefesselt war, in der Mitte. Ihnen folgte ein Wagen, auf dem ein großes Eichenkreuz lag.

Der Zug, von Malchus gefolgt, erreichte eine kleine Anhöhe, und die Soldaten stellten das Kreuz auf. Malchus konnte nicht widerstehen: er näherte sich der Gruppe, und zitternd wandte er sich an Petrus.

„Erkennst du mich wieder?“

Petrus schwieg; jenem runzeligen und verwüsteten Gesicht konnte er keinen Namen geben.

„Heuchelst du, mich nicht wiederzuerkennen ? Erinnerst du dich nicht der Nacht, in der dein Meister festgenommen wurde? Erinnerst du dich nicht an Malchus, den Diener des Kaiphas ? Ich bin jener Malchus, und du warst es, der mir mit dem Schwert das Ohr abschnitt. Jene Verunstaltung war der Anfang meines Unglücks, wegen dir wurde ich zum Gespött des Volkes und zum ausgehungerten Hund an den Türen der Reichen. Seit vielen Jahren erwartete ich diesen Tag. Heute bezahlst du mit dem Blut jenes Verbrechen, und du sollst wissen, daß ich glücklich bin.“

Petrus hörte ihn demütig an und fühlte ein ungeheures Mitleid für jenen, den der Haß vergiftet und wahnsinnig gemacht hatte.

„Hast recht“, sagte er. „In jener Nacht wurde ich, vom Schmerz überwältigt, schuldig an dir. Mein Meister wird mir wohl meine mörderische Tat vorwerfen, und die Reue hat den Schrecken und den Schmerz nicht ausgelöscht. Aber ich will nicht sterben, ohne mich mit dir wieder ausgesöhnt zu haben. Verzeih mir, Malchus. Wir sind beide alt und müde, und in wenigen Augenblicken werde ich bei inserem Vater sein. Laß den Haß fahren, vep« jiß den Groll, verzeih mir!“

Indem er das sagte, kniete sich der Fürst der \postel, das Haupt der Kirche von Jerusalem md von Rom, in das ausgedörrte Gras vor den sesrürzten Malchus hin.

Der Befehlshaber der Soldaten, der aus der Entfernung der sonderbaren Unterredung zugehört hatte, die für ihn unverständlich war, ia die zwei Alten aramäisch sprachen, schöpfte Verdacht, als er sah, daß der Verurteilte sich su Füßen des Unbekannten niederkniete.

Er packte Malchus am Arm und schrie:

„Wer bist du? Was suchst du? Was machst du hier? Du mußt einer von diesen Juden sein, die Rom zerstören wollen! Wie heißt du?“

„Malchus von Jerusalem. Aber ich bin nicht von diesen. Ich bin kein Christ. Ich bin vielmehr der größte Feind dieses Petrus, den ihr für seine Missetaten bestraft.“

„Ich glaube es nicht. Wenn dieser da, der ein Anführer der Christen ist, sich vor dich wie vor einen Gott hinkniet, mußt du das Haupt einer noch höheren Sekte sein als er.“

Und er wandte sich an zwei Soldaten:

„Nehmt ihn und bindet ihn an jene Pinie. Wenn wir mit diesem, seinem Mitschuldigen aufgeräumt haben, werden wir auch ihn vor Gericht führen.“

Andere Soldaten hatten Petrus mit Gewalt aufgehoben und fingen an, ihn, mit dem Kopf nach unten, ans Kreuz zu nageln. Malchus schaute und zitterte vor Wollust und vor Schrecken. Jene Stunde, auf die er seit vielen Jahren wie auf eine Befreiung wartete, war vielleicht auch für ihn die letzte Stunde des Lebens. Warum strafte ihn Gott so grausam?

Einer der Soldaten, die ihn fortbringen sollten, bemerkte, daß ihm ein Ohr fehlte.

„Schau“, sagte er zum Gefährten, „sie haben ihm ein Ohr aibgeschnittten. Er muß ein alter Dieb oder ein aus dem Zuchthaus entflohener Sklave sein. Ich hätte Lust, ihm auch das ander« Öhr wegzunehmen.“

Und während er das sagte, gab er Malchus, der wie verzaubert war, einen Stoß, weil er sich nicht von dem Kreuz trennen konnte, wo Petrus, sein nach unten aufgehängtes Haupt mit Mühe erhebend, ihn mit großen, vom Weinen und Todeskampf trüben Augen ansah,

„Fort“, sagte der Soldat, Malchus mit Gewalt fortschleppend.

Aber der Schreck hatte den lumpigen Unglückseligen so versudelt, daß er anfing, wie ein Besessener um sich zu schlagen, und die Verzweiflung gab ihm so viel Kraft, daß er sich aus der Verschlingung der Soldaten, die ihn anzuhalten und zu fesseln versuchten, losmachen konnte.

Wie ein wütender Angreifer floh er Zum Walde hin, und die zwei wütenden Soldaten liefen hinter ihm her. Sie hatten die Schwerter gezogen und drohten dem Flüchtling mit lauter Stimme. Malchus stieß, sich heftig an der großen Wurzel eines Baumes und fiel hin.

Einer der Soldaten stürzte sich auf ihn, hielt das Schwert vor das Gesicht des Gefallenen und hieb ihm glatt das andere Ohr ab. Blut floß aus der Wunde. Malchus schloß die Augen und sank wie tot auf die Erde.

Das Blut lief langsam und dunkel von der Wange des Malchus herunter. Es schien ihm, als höre er das Gestampfe eines Triumphes und dann eine liebliche Flötenmusik, wie er sie noch niemals gehört hatte. Und im Delirium phantasierte er, daß alles ihm zu Ehren geschehe, um den großen König, der von den großen Siegen über seine Feinde zurückkehrte, zu empfangen.

Und so starb, sich verblutend, am selben Ort und am selben Tag wie Petrus, der als Apostel und Haupt der Kirche gekreuzigt wurde, der berühmte Diener des Kaiphas, Ezechiel, der mit Beinamen Malchus genannt wurde.

(Aus „Zeugen der Passion“, Verlag Frankfurter Hefte.)

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