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Das zweite Wort dieses Katholikentages

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sei das hohe Wort von Freiheit des Menschen. Allein, schien uns das Wort von der Würde anmaßend, so könnten wir vermeinen, das Reden von Freiheit sei töricht, billig und abgegriffen wie ein Vers aus Schillers Gedichten, verschlissen wie die Museumsfahnen von 1848 und 1789. Von Freiheit plappert heute jede Funkstation. Wir sind ein befreites Land. Wir halten uns im Westen für freiheitsliebende Völker. Die Freiheit der Person ist in unserer Verfassung feierlich garantiert. Für die Freiheit hat man verdammt und verbrannt, geköpft und gekämpft. Und doch kann es der Mensch niemals lassen, mit einer unstillbaren Sehnsucht zu singen von der Freiheit als dem süßen Engelsbild. Und wenn er noch ein Christ ist, dann weiß er oder ahnt er noch etwas von jenem Gotteswort: „Die ganze Schöpfung noch liegt in Wehen, aber sie wird einmal gelangen zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes" (Röm. 8, 21. 22).

Also müssen auch wir davon sprechen dürfen. Denn wir sehen es durch alle Masken und Phantome von Freiheit hindurch, daß es doch keine Würde des Menschen geben kann ohne echte Freiheit. Aber wir sind zugleich von der Geschichte der Staaten und der Kirche belehrt und ernüchtert worden und wissen es darum auch aus den nach grenzenloser Freiheit schreienden Dämonien unseres eigenen Herzens, daß echte und wahre Freiheit immer nur sein kann eine in Gottes Anerkenntnis gründende Freiheit zum Gehorsam, eine in göttlichem Gesetz verpflichtende Verantwortung, die dem Menschen von keinem Kollektiv abgenommen werden kann, weil sie ihm nicht einmal von Gott abgenommen wird, eine Freiheit endlich, die eingegrenzt ist von dem Freiheitsraum des Nächsten, der sich hinwiederum unter das freiheitsschützende Gesetz Gottes stellt. Gott, aber hat gesprochen zu uns Menschen durch sein Ewiges Wort, das frei unsere Knechtsgestalt annahm und verkündet hat: „Nur die Wahrheit wird euch frei machen“ (Joh. 8, 32). Diese Wahrheit ist er selbst. Also ist wahre Freiheit nur dort, wo Sein Geist weht (2 Kor. 3, 17), also steht geschrieben: „Für die Freiheit hat uns Christus befreit" (Gal. 4. 31).

Dieser in Gott verpflichteten Freiheit also soll auf diesem Katholikentag allein das Gloria gesungen werden. Wir wollen es tun mit den fundamentalen Sätzen aus den Tagen von Mariazell, als diese Festfeier vorbereitet wurde. „Die Kirche ist ein in der Welt unerläßlicher Hort der Freiheit. Sie lehrt, lebt und verteidigt die Würde und damit die Unantastbarkeit des Einzelmenschen, seine Per- sonhaftigkeit, seine ewige Bestimmung, seine Freiheit. Sie stellt den Menschen uor den lebendigen Gott und damit vor den Garanten des Rechts der Schwachen gegenüber der physischen Macht des Stärkeren. Sie verkündet das Gericht Gottes, vor dem es kein Ansehen der Person, gibt. Durch ihr vom Staat unabhängiges Dasein ist sie der lebendige Protest gegen jeden Cäsaropapismus, gegen Staatsvergötzung und Absorbierung alles Lebens des einzelnen in geistiger und materieller Hinsicht durch die Staatsbürokratie und die totale Planung, die den Tod alles geistigen und schöpferischen Lebens bedeuten müßte. Indem

sie das ewige Leben aus der Gnade Gottes jenseits der Geschichte bekennt, nimmt sie den Menschen die Hybris und die Lebensangst, die beide zu einem gewalttätigen und die Gegenwart zugunsten einer utopischen Zukunft versklavenden Versuch der Vollendung des Reiches Gottes schon auf Erden führen. Sie erzieht den Menschen zur Nüchternheit und Bescheidenheit, die auf die Dauer besser als utopischer Radikalismus zur wirklichen, immer neu aufgegebenen Besserung der irdischen Verhältnisse führen.“ Ja, so ist es. Oder gibt es eine geistige Macht in unserer Kultur, die mit höherer Autorität und mit milderen Mitteln den Menschen zu einer sozusagen gottgebändigten Freiheit erziehen könnte als die Kirche? Nur sie kann es noch, weil sie allein es im Namen Gottes kann, weil sie in ihrem göttlichen Bibelwort geschrieben liest: „Darum muß man der Staatsgewalt untertan sein, nicht um der Strafe willen, sondern um des Gewissens willen“ (Röm. 13, 5). Denn nur auf den Männern der freien Gewissensentscheidung beruht

die Sicherheit von Gesellschaft und Staat. Darum sagt schon in der Urkirche der große Origenes: „Die Männer Gottes sind das Salz, das die sozialen Verbände auf dieser Welt zusammenhält. Und alle Gemeinschaften dieser Erde fallen so lange nicht auseinander, als das Salz sich nicht ändert. Wird aber das Salz schal, dann ist es fürderhin unbrauchbar fürs Land und gebt in die Kloake.“

Aus den Sätzen dieses Hohenliedes auf die christliche Freiheit haben die Verantwortlichen von Mariazell dann die Forderungen gezogen, die wir hier noch einmal feierlich aufnehmen und an den Beginn des Katholikentages stellen, vor Regierung und Kirche und Volk und Welt. Und die erste ist diese: „Es muß also innerhalb des Staates

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