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„Der fliegende Holländer“ in der Staatsoper

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Fast hätte es keine Holländer-Oper mit Originalmusik von Richard Wagner gegeben, denn dieser verkaufte das Szenarium, nachdem er wieder einmal in Geldnot war, an den Direktor der Pariser Oper, Leon Pillet, um 500 Francs... Es wäre schade drum gewesen, denn diese dreiteilige szenische Ballade ist nicht nur als Geniestreich interessant, sondern auch als Repertoireoper wichtig. Das Team Rott- Kautsky-Böhm hat alle Anstrengungen gemacht, dieses Werk dem Spielplan wiederzugewinnen, aber es tat’s mit zum Teil unzulänglichen Mitteln. Da ist zunächst die Besetzung der Titelpartie, über die nicht viel Worte zu verlieren sind: Otto Edelmann ist ein sympathischer Graf Waldner oder Ochs, aber kein dämonisch umhergetriebener Holländer. Ist diese Rolle einmal schwach oder fehl besetzt, dann haben es alle übrigen schwer. — Von Inge B o r k h, die eine großartige Sängerin ist, geht eine starke persönliche Faszination aus. Ihre Senta ist mehr ein „kerniges nordisches Mädchen“, wie Wagner selbst sie haben wollte, denn die schwärmerische .Hysterikerin, als die wir sie heute zu sehen geneigt 'rind? Aber daš , ,'dn'tėrspielėfi t dieser Partie„ oft’“bik'žūr 'Reglosigkeit1,5’rät gtläfirltclfTßflan 'S ffTll-4 van, ein Gast aus den USA, entsprach in Erscheinung und Spiel durchaus dem nordischen Jäger Erik, doch bedarf seine kräftige Stimme noch gründlicher Schulung.

Hingegen ließen Josef G r e i n d 1 als Daland, Elisabeth Höngen als Mary und Karl T e r k a 1 (Steuermann) keinen Wunsch offen. Desgleichen zeichnete sich der Chor durch besondere Klangschönheit und W’ohlstudiertheit aus. Adolf Rott als Regisseur hielt es für richtig, auf das Schiff Dalands zu verzichten, um das — wirklich gespenstische! — des Fliegenden Holländers um so effektvoller in Erscheinung treten zu lassen. Er tat hier des Guten zuwenig und dort zuviel: tauziehende Seeleute (bei Ankunft und Abfahrt des Schiffes) genügen nicht; und die Segel des Gespensterschiffes ließ Rott mehrmals in Flammen aufgehen. Die von Wagner genau vorgeschriebene Schlußapotheose ersetzte er durch rotierende rote Spiralnebel. — In der Spinnstube ging es allzu ordentlich zu: da saßen die nordischen Mädchen in Dreiereihen wie bei einem NS-Frauen-Schu- lungskurs und, allzu weit von ihnen separiert, Senta in ihrem Großvaterstuhl. Die Ouvertüre stattete Karl Böhm mit einigen allzu heftigen, zuweilen fast groben Akzenten aus, und im ganzen hätte die Aufführung noch eine oder zwei gründliche Proben vertragen. — Summa summarum: Wir haben in der Staatsoper am Ring schon bessere und wir haben schon schlechtere Aufführungen gesehen. Diese „Hollän- der"-Inszenierung bot weder Anlaß zu Begeisterung noch zu Protesten. (Näheres darüber in unserer Querschnitt-Rubrik.)

Einige Neubesetzungen in wichtigen Repertoireopern während der letzten Woche seien wenigstens registriert:

In der „Z a u b e r f 1 ö t e“: Leontyne Price als Pamina, wunderschön singend, weniger gut deutschsprechend und impulsiv agierend; ferner Walter Kreppet als imposanter Sarastro, Rudolf Schöck afls Taifūno. Eberhard Wächter als Sprecher lind Mimi Coertse als virtuose Königin der Nacht.

In „A i d a": nochmals Leontyne Price als ideale Titelheldin, die in Spiel und Stimme ergreifende Giulietta Simionato als Amneris, ein stimmgewaltiger junger Bulgare, Dimiter Usunow, als Radames und der hervorragende Charakterdarsteller Aldo Protti als Amonasro.

In „Cavalleria rusticana“ war neu: Giulietta Simionato als Santuzza;,in „Bajazzo“ Eugene Tobin in der Titelrolle und Mimi Coertse als Colombine. — Die Besetzung dieser Opern verdient durchaus das Prädikat „glanzvoll“, dagegen sollte man sich endlich entschließen, die ägyptische „Aida“ mit entsprechendem Licht auszustatten und die Bühnenbilder der „Zauberflöte" einmal von einem bedeutenden Maler der Gegenwart ausführen zu lassen.

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