Der Gourmand Adalbert Stifter

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Wo seine literarischen Figuren Mäßigung üben, betrieb er das Gegenteil.

Was mich an Stifters Prosa fasziniert", schreibt der Regisseur und Autor Kurt Palm in seinem literarischen Kochbuch, "Suppe Taube Spargel sehr sehr gut. Essen und trinken mit Adalbert Stifter", "ist diese, im wahrsten Sinne des Wortes, unheimliche Spannung, bei der man nie weiß, wann, ob und wie sie sich lösen wird". Diese Spannung sieht Palm unter anderem in der Diskrepanz zwischen dem in seinen literarischen Werken entworfenen Weltbild und seinem eigenen Lebenswandel, denn "zwischen dem Menschen Stifter und seinem literarischen Werk klaffte ein tiefer Riß".

Exzessive Essgewohnheiten

In den Briefen und Tagebüchern Stifters begegnet einem ein Mensch, der spätestens ab 1850 exzessive Ess- und Trinkgewohnheiten entwickelte: Aus seinen Aufzeichnungen geht hervor, dass er im Durchschnitt sechsmal pro Tag aß: Frühstück Gabelfrühstück, Mittagessen, Kaffee, Jause und Abendessen. Sowohl zum Mittag- als auch zum Abendessen dürften jeweils drei Gänge aufgetischt worden sein.

Auch der Alkohol kam bei Stifter nicht zu kurz. Wenn man sich an seine Aufzeichnungen hält, muss man davon ausgehen, dass er in einer Phase seines Lebens alkoholkrank war: Stifters Jahresverbrauch an Wein lag etwa bei 600 Liter und auch an Bier durfte es nicht fehlen.

Seine literarischen Figuren hingegen praktizieren genau das Gegenteil: Sie essen und trinken grundsätzlich wenig und das Wenige ist überdies zumeist einfach und gesund. Sie leben ein beschauliches Leben ohne "Übermaß von Wünschen und Begehrungen", in dem "eine Regelmäßigkeit und Ordnung herrscht", heißt es einmal im "Nachsommer".

Kurt Palms Buch vereint mehrere Funktionen zugleich: Eine etwas ungewöhnliche Stifterbiographie, die vorwiegend von seinen Essgewohnheiten ausgeht, gepaart mit einem Kochbuch.

Rezepte zum Nachkochen

Kurt Palm zog zeitgenössische Kochbücher zu Rat, um die verschiedenen Speisen nachzukochen und als Rezepte seinem Buch zuzuführen. Von der Auerhenne im Speckhemd mit Elstar-Apfel gefüllte Krammetsvögel (Wacholderdrosseln) vom Grill bis hin zu Tauben mit Sauerampfersoß. Es gibt aber durchaus auch weniger ausgefallene Speisen zum Nachkochen wie Apfelstrudel, Paprikahuhn und Zwiebelrostbraten. verT

BUCHTIPP:

SUPPE TAUBE SPARGEL

SEHR SEHR GUT.

Essen und trinken

mit Adalbert Stifter.

Von Kurt Palm. 2. unveränderte

Auflage, Löcker Verlag.

Wien 2005 136 Seiten, geb., e 17,30

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