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Der neueste Fülöp-Miller in deutscher Sprache

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Wäre dieses Buch von einem anderen Verfasser geschrieben worden, es hätte höchstwahrscheinlich keine so große Beachtung gefunden, denn nach dem Inhalt beurteilt, enthält es fünf Heiligenportijäts, die weder durch einen besonderen Stil, noch durch eine neuartige Auffassung oder Darstellung auffallen. Man könnte sogar sagen, daß diese Skizzen den Rahmen der üblichen modernen Hagiographien kaum sprengen, womit vielleicht gerade der hohe Wert dieses Buches angegeben ist.

Betrachtet man aber das Werk von der Entwicklung des Verfassers aus, so verdient es als Aussage eine besondere Beachtung, weil der neutrale, kritische und zurückhaltende Fülöp-Miller aus „Macht und Geheimnis der Jesuiten“ einem tiefüberzeugten und gläubigen Christen gewichen Jst, für den Antonius, Augustinus, Franziskus, Ignatius und Therese von Avila nicht so sehr menschlich interessante und geschichtlich bedeutende Persönlichkeiten sind, sondern in erster Linie fünf Heilige der katholischen Kirche, deren Heiligkeit das Hauptaugenmerk dieser Skizzen bildete.

Das Buch ist eine bewußte Reaktion gegen das positivistisch-materialistische Konzept, nicht nur im einleitenden, mehr theoretischen Teil, sondern vor allem in dem konkreten Nachweis an Hand der fünf behandelten Heiligengestalten. Vielleicht wird man sich darüber wundern, daß Augustinus als der „Heilige des Intellekts“ charakterisiert wird, obwohl ihn doch die christliche Ikonographie mit einem glühenden Herzen darstellt und obgleich seine philosophische Lehre eher als voluntaristisch zu bezeichnen ist. Leider haben sich auch, vor allem in der ersten, sonst sehr gelungenen Skizze, einige Schönheitsfehler eingeschlichen, zum Beispiel Kaiser Decian statt Decius (richtig im Index), Burnos statt Burnus, Seraphis statt Serapis, Mont Cenis statt Mons Celius, Tharsus statt Tarsus. M. Victorianus statt Victorinus (richtig S. 158 und Index). Die Konfessionen Augustins bestehen nicht aus dreizehn Kapiteln, sondern Büchern (S. 173). Scia vias (S. 195) statt scias oder SCito; auch gibt es kein über confirma- tium (S. 198), ebensowenig wie Bischofskardi- näle (S. 259). Vielleicht sind diese und andere Fehler aber auf die Übersetzung aus dem Amerikanischen zurückzuführen.

Frieden ohne Fragezeichen. Von Fulton J. S h e e n. Deutsche Übersetzung von Franz Schmal. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 1951. 332 Seiten.

Das Buch kam vor drei Jahren in Amerika heraus und war innerhalb zweier Jahre in 218.000 Exemplaren verbreitet. Dieser seltene Erfolg liegt nicht zuletzt in der illustren Persönlichkeit des Autors. Er war viele Jahre Universitätsprofessor für Philosophie in Washington, ist bekannt als Schriftsteller und gilt als einer der besten Radioprediger der USA. Vor einem Jahr wurde Sheen Weihbischof von New York, ln der Originalausgabe heißt der Titel „Peace of Soul“ — „Friede der Seele.“ Welch weitgespannter Friede damit gemeint ist, geht aus der Grundthese des Buches hervor: „Ohne inneren Frieden kein äußerer Friede, ohne Frieden der Seel’e kein Friede der Welt! Die Weltkriege sind nur die Projektionen der Kämpfe, die in der Seele des modernen Menschen toben.“ Zugleich ist das Buch auch eine Auseinander-Setzung mit der Tiefenpsychologie. Typisch ist folgender Satz: „Will die moderne Seele ihre Suche nach dem. Frieden lieber mit ihrer Psychologie als mit unserer Metaphysik beginnen, so fangen wir eben mit der Psychologie an.“ Die Sprache ist unerhört frisch und lebendig. Ein Buch für Christen und Suchende.

Die Stimme des Rufenden. Das Leben des Kardinalfürstprimas von Ungarn, Josef Mindszenty. Geschrieben von seinen Getreuen hinter dem Eisernen Vorhang. Zusammengesellt von Andreas Kelemen von Varna. Hausen-Verlag, Saarlouis. 343 Seiten.

Unter der militant theistischen Diktatur, die heute so weite Gebiete unserer Erde beherrscht, ist das Christentum einer Verfolgung ausgesetzt, die mit ihrer raffinierten Grausamkeit und Perfidie alle historischen Erfahrungen in den Schatten stellt. Täglich vermehrt sich die längst unübersehbar gewordene Zahl katholischer Priester und Laien, die um ihres Glaubens willen ein qualvolles Ende erlitten haben oder zu einem seelischen und physischen Martyrium verurteilt worden sind, demgegenüber ein rascher Tod vielen als erlösendes Geschenk erscheinen würde. Für sie alle, diese Glaubenszeugen unserer Zeit, ist der Name Mindszenty symbolisch; der Name des heldenhaften Kardinals, der, in vollem Bewußtsein des ihn erwartenden Schicksals, bis zum Letzten eintrat für die Rechte des Volkes, dessen geistliche Führung ihm anvertraut war. Das Leben dieses hervorragenden Fürsten der Kirche und sein heroischer Kampf sind in dem Vorliegenden Buch mit packender Anschaulichkeit geschildert.

Soziologie und Leben. Die soziologische Dimension der Fachwissenschaften. Sammelwerk. Herausgegeben von Carl Brinkmann. Rainer-Wunderlich-Verlag, Tübingen 1952. 331 Seiten.

Alle Fachwissenschaften, seien sie natur- oder geisteswissenschaftlicher Art, sind, wie sie ehedem eindeutig „zu Gott“ waren, jetzt auch und oft vorwiegend „zu Gesellschaft . Das macht, wie die Scholastik gestern, die Soziologie heute zu einer Universalwissenschaft. In ihr will der Spezialismus der Fächer zu Ruhe und Einheit kommen. Das erweist vorliegender Sammelband, worin die Theologie, Anthropologie, Ethnologie, Psychologie, Psychiatrie, Geschichte, Jurisprudenz, Musiktheorie, Zoologie und 60 fort ihre gesellschaftlichen Beziehungen betonen. Und sie alle, die Vertreter dieser Fächer, fühlen sich daher auch als „Soziologen“, was sie in der Tat sein können, sofern sie Soziologie als eine Grundwissenschaft verstehen, welche die gesellschaftlichen Bedingtheiten ihrer Fachwissenschaften zu erkennen bestrebt ist. Daß hierin aber Soziologie sich nicht erschöpft, zeigt temperamentvoll und ideenreich wie immer Fedor Stepun in seinem erkenntniskritischen Beitrag. Für ihn ist Soziologie praktisch und politisch interessierte, gegenwartsbezogene Geschichtsforschung, am Ende aber ein Selbstgespräch, eine Beschäftigung mit dem Innenraum des menschlichen Ichs, das sich in der Gesellschaft vergegenständlicht.

Allgemeine Biologie. Das Leben, seine Grundlagen und Probleme. Von Josef Freisling. Verlag Anton Pustet, Graz-Salzburg- Wien 1952. 391 Seiten. 340 Abbildungen.

Eine gute populäre Biologie zu schreiben, ist sicher nicht leichter als eine gute populärmedizinische Darstellung. Der Verfasser ist für diese Aufgabe gut qualifiziert, da er neben seinem Berufe als Professor der Naturgeschichte an der Universität Graz Dozent für Zoologie und Tierpsychologie ist. gr gibt eine gute Einführung in die Organisation des Lebendigen und Organisationspläne; gegenüber dem schon stark abgenützten, aber bequemen evolutionistischen Denkschema bezieht er die Entstehung der Lebensformen erfreulicherweise auf eine Bauplanlehre. In der Frage der Vererbung nähert er sich einer universalistischen Auffassung des Erbgeschehens an, indem er die starren Einseitigkeiten sowohl der Gen-Theorie {M o r- g a n, Müller) wie der Umwelttheorie (L y s e n k o, M i t s c h u r i n) zu vermeiden und den Wahrheitsgehalt beider Richtungen glücklich miteinander zu verbinden weiß: „Wer Wahrheit will, muß Klarheit schaffen, und ein Widerspruch kann auf die Dauer nicht bestehen, weil es in der Natur keinen gibt.“

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