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Der Papst an die Katholiken Österreichs

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Radio Vatikan übertrug am Nachmittag des Sonntags, 14.9.1952, aus der Sommerresidenz des Papstes Castel Gandolfo folgende Botschaft des Papstes an den österreichischen Katholikentag:

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Radio Vatikan übertrug am Nachmittag des Sonntags, 14.9.1952, aus der Sommerresidenz des Papstes Castel Gandolfo folgende Botschaft des Papstes an den österreichischen Katholikentag:

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Geliebte Söhne und Töchter des katholischen Österreichs!

Mit Freuden kommen Wir dem Wunsch eurer Oberhirten, Unserer ehrwürdigen Brüder, entgegen, zu eurem diesjährigen Katholikentag, dem ersten seit dem Jahre 1933, ein Wort zu sprechen und ihm Unseren Segen zu erteilen.

Die seit jener Tagung verflossenen Jahre haben den Ablauf der folgenschweren Ereignisse, die mit dem ersten Weltkrieg ihren Anfang nahmen und euer Dasein als Volk und Staat bis in seine Tiefen aufwühlten, in unvorstellbaren Umwälzungen und Katastrophen fortgesetzt und euer Land einem Zustand gefährlichster politischer, wirtschaftlicher und kultureller Spannungen überantwortet. Deren Ausgang in glücklicher Lösung ist heute noch nicht abzusehen und kann vorerst nur demütigen Sinnes der erbarmungsvollen Fügung der göttlichen Vorsehung anheimgestellt werden.

In diese Lage versetzt, habt ihr eurer katholischen Heerschau ein eindeutiges Ziel gesteckt: sie sollte ein Signal sein zum Wiedererwachen und zur Erneuerung des religiösen Lebens im österreichischen Volke.

Ihr habt damit richtig geplant. Denn wenn auf anderen Gebieten eure Handlungsfreiheit, entgegen der Würde und dem Recht eures Volkes, noch weithin gehemmt und gebunden ist — hier auf dem Felde der religiösen Erneuerung könnt ihr immer eure Kräfte entfalten, und indem ihr jene Erneuerung schafft, schenkt ihr eurem Land Werte, deren es unter allen Umständen bedarf, die Zukunft mag sich, gestalten, wie sie will.

Eure schöne, österreichische Heimat, geliebte Söhne und Töchter, ist wie übersät von kostbaren Ausdrucksformen: Bauten, bildlichen Darstellungen, reichstem Brauchtum der katholischen Religion und Kultur, Ausdrucksformen, die der Glaube vieler Jahrhunderte angehäuft hat und die im Tempel der Geschichte und Kunst einen Ehrenplatz einnehmen. Worauf es aber jetzt vor allem und fast einzig ankommt: Sorgt dafür, daß jene Formen inneren Sinn bewahren, daß sie nicht eines Tages zur Totenmaske werden, sondern Antlitz und Gestalt eines lebendigen Organismus voll innerer Wärme und überströmender Kraft bleiben.

Darum rufen Wir euch und an erster Stelle eurer Jugend zu: Sucht euren katholischen Glauben mit neuer Klarheit, ganz tief und mit voller Überzeugung zu erfassen! Setzt alles daran, ihn immer mehr Wirklichen werden zu lassen in Gebet und inniger Verbindung mit Christus, dem Urquell aller Gnade, in eurem innersten Denken und Wollen, in eurem persönlichen Tun, in eurem Familienleben, in eurem öffentlichen Wirken und Handeln.

Was Wir euch sagen, gilt — wohlgemerkt — nicht nur für die großen Zentren der Industrie und die dort arbeitenden Menschen; es gilt in gleicher Weise für das Land und sein Volk bis hinauf zum letzten Bergdorf.

In der Sorge um euren Glauben besteht darauf, daß euren Kindern die katholische Schule gesichert und erhalten bleibe. Was nützt die christliche Erziehung im Elternhaus, wenn die Schule wieder abbaut, was jene sorgsam aufgebaut hat! Aus schwersten Erfahrungen, welche die Kirche allenthalben und immer wieder macht, besteht sie hier bis zum letzten auf dem Recht ihrer Gläubigen und mahnt euch, auch eurerseits bis zum letzten euer Recht zu beanspruchen.

In der Sorge um euren Glauben haltet die Ehe heilig!

Heilig sei euch die Eheschließung. Der Katholik kann nur in religiöser Weihe, nicht rein standesamtlich, eine wahre Ehe eingehen. Wenn im staatlichen Leben der „Volkswille'' irgendeinen Sinn hat, so besteht darauf, daß hier dem Wollen der überwältigenden Mehrheit eures Volkes gebührend Rechnung getragen werde.

Heilig sei euch das Eheleben. Was Unser hochseliger Vorgänger, Papst Pius XL, in seiner Eheenzyklika, und was Wir selbst vergangenen Herbst in einer grundsätzlichen Ansprache über die sittlichen Forderungen des Ehelebens, den gegenwärtigen Verhältnissen so viel wie möglich Rechnung tragend, dargelegt haben, sei euch Richtschnur. Ihr wißt, geliebte Söhne und Töchter, daß die elementarste Sorge um Bestand und Zukunft eures Volkes hier mit den Forderungen des Naturgesetzes und der Kirche zusammenfällt.

Heilig sei euch das Familienleben: euch Eltern die christliche Erziehung der Kinder; euch Kindern das Vierte Gebot, Ehrfurcht und Gehorsam den Eltern gegenüber. Euch allen das Familiengebet und der christliche Sonntag. Er sei und er soll bleiben der Tag des Herrn, der Tag leiblicher und seelischer Erholung, der Tag der Familie. Die beglückende Atmosphäre christlichen Sonntagsfriedens und christlicher Sonntagsfreude vermag bei gutem Willen immer noch zu ersetzen, was die heute nur zu sehr trennende Arbeit des Alltags an Zusammenhalt der Familie nicht mehr geben kann. Macht Front dagegen, daß ein geradezu heidnisch anmutendes Übermaß von Körperkultur und Vergnügen den Sonntag ganz verweltliche und die Familie zerreiße!

Wie anderswo ist auch in eurem Lande eine großzügige Wohnbaubewegung am Werk. Macht, so viel ihr könnt, geltend, daß deren Planen und Schaffen dem Willen Gottes für Ehe und Familie entspreche!

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