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Der Schock der Heiligkeit

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JEAN MARIE VIANNEY. Der heilige Pfarrer von Ars in seinen Gesprächen und Predigten. Herausgegeben von Bernard N o d e t. Uebertragung ins Deutsche: Hildegard Wasch. Otto-Müller-Verlag, Salzburg. 327 Seiten, 8 Abbildungen. Preis 82 S. — DER PFARRER VON ARS. Das Leben des Heiligen auf Grund authentischer Zeugnisse von Renė F o u r r e y, Bischof von Belley. Bildbiographie von Renė Perrin und Jean Serve! OMI. F.-H.-Kerle- Verlag, Heidelberg. 125 Seiten Text, 125 Abbildun-. gen. Preis 24.80 DM.

Vor hundert Jahren, - am 4. August 1859, starb Jean-Marie Vianney, Pfarrer von Ars, heiliggesprochen im Heiligen Jahre 1925, ztun Patron aller Pfarrer der Welt erklärt im Jahre 1928. Aus Anlaß des hundertsten Todestages erschienen in deutscher Uebersetzung die beiden genannten Bücher, die durch die Bilder, die Texte, die Wiedergaben der Gespräche und Predigten die Persönlichkeit dieses Heiligen vor 'die Augen der heutigen Welt zaubern wollen. (Ein drittes, bedeutendes Buch zum Jubiläum des Pfarrers von Ars verfaßte Henri Queffelec. Infolge seines verspäteten Erscheinens wird es wohl kaum noch dieses’ Jahr in deutscher Sprache herauskommen.) Wer die beiden Bände durchliest, ihre Bilder überblickt (die große Bildbiographie von Perrin-Servel verrät deutlich ihre Abhängigkeit von den Heiligenbildbiographien Leonard von Matts), den packt unwillkürlich ein Schock. Denn plötzlich fiägt sich der Leser, muß sich fragen: Was wäre aus der Welt, was aus der Kirche geworden, wenn in jeder Pfarre ein Jean-Marie Vianney säße? Dies müßte theoretisch möglich sein Denn der Heilige von Ars war kein Genie (wenn er auch kein Dummkopf war, wie es oft behauptet wird, sondern ein Mann mit viel natürlicher Klugheit, der nur die Schwierigkeiten so manches Spätberufenen erleben mußte), er war nur eins: offen gegenüber der Gnade, bereit sich ihr ganz hinzugeben und mit Gott für Gott zu wirken. Offen aber müßte doch jeder Christ gegenüber der Gnade sein, auch sie müßte ihn zu einem großen Heiligen verwandeln können, auch wenn er kein Genie, kein Wissenschaftler, sondern nur ein einfacher, schlichter Mensch wäre. Die Aspekte sind unvorstellbar, die sich ergeben würden. Hoffentlich, hoffentlich kommen deshalb beide Bücher in die Hände vieler Christen, besonders vieler Priester, ganz besonders in die Hände vieler Pfarrer, damit sie diesen heilsamen Schock erleben und ersehen, welche Chancen füfr die Welt sie in ihren Händen halten.

PETRUS CANISIUS: BRIEFE. Ausgewählt und herausgegeben von P. Burkhart Schneider SJ. Otto-Müller-Verlag, Salzburg. 320 Seiten. Preis 34.70 DM.

Acht große Bände umfassen die gesamte Korrespondenz des- zweiten Apostels Deutschlands, die 300 Jahre nach seinem Tod sein Ordensbruder Otto Braunsberger in mühevoller und jahrzehntelanger Arbeit aus den Archiven-gehoben und veröffentlicht hat. Eine Fundgrube für alle wissenschaftliche Arbeit, unzugänglich für alle jene, die die besten, die schönsten, die wichtigsten Briefe dieses großen Briefschreibers kennenlernen möchten. Professor Burkhart Schneider von der Gregoriana in Rom hat nun eine Auswahl besorgt und dem Buch außerdem noch eine ausgezeichnete Studie über Leben und Werk des Heiligen beigegeben. Wieder erschrickt der Leser bei der Lektüre dieses kleinen Buches. Wieder sieht er einen Menschen vor sich, der kein Genie war, aber immer bereit, der Gnade gegenüber offen zu sein und mit Gott, alles für Gott zu tun. Was wäre aus der Welt geworden, wenn alle Priester, alle Christen diese Bereitschaft, ganz und völlig offen gegenüber der Gnade zu sein, hätten? Wieder sind die Aspekte gewaltig, denn aus dem Leben des Heiligen ersieht man wieder, was dann alles geschehen kann. Wie sehr die Welt verwandelt, wie sehr ihr ein anderes Gesicht gegeben werden kann. Mögen deshalb auch das kleine Buch viele lesen, vor allem aber auch Gegner der Jesuiten. Sie werden wahrscheinlich mehr über die Gesellschaft Jesu daraus lernen können, als aus so manchen großen Abhandlungen.

ELISABETH VON UNGARN. Die Geschichte des vierundzwanzigjährigen Lebens der Heiligen. -Von' Nešta de R o b e c k. Deutsch von Angret Erichsen. Im Verlag der Bonner Buchgemeinde. 250 Seiten, 7 Abbildungen.

Auch bei der Lektüre dieses Buches erschrickt der Leser. Es zeigt ein ganz anderes Bild der heiligen Elisabeth von Thüringen, als es in der Erinnerung des Volkes verankert ist. Denn im Leben dieser ungarischen Prinzessin gibt es viel Härte seitens ihres Vaters, ihrer thüringischen Verwandten, ihres Seelenführers Konrad von Worms (der manchmal schon pathologische Züge verrät), vor allem von ihr gegen sich selbst. Ob diese Härte immer notwendig war? Darüber wird wohl nie eine endgültige Antwort gegeben werden können. In ihren 24 Jahren jedenfalls, hat diese Frau alles auskosten müssen, was das Leben geben kann: Unendliche Freude und unendlichen Schmerz, Reichtum und Armut, Gefeiertwerden und Verlassensein. Das Bewundernswerte an ihr war, daß sie restlos schenken konnte, daß sie jjallerGüter dieser- Welt, hergebem könnte, tu dutch die Armut alle Hindernisse abzulegen„, die ihr den einzig wahren Reichtum — die Liebe zu'Gott — vorenthalten könnten. Was geschähe mit der Welt, wenn die Mächtigen immer diese Liebe zu Gott besitzen würden? Wenn sie nicht von den Gütern dieser Welt besessen wären, sondern sie nur gebrauchen würden, um Gutes zu tun?

BERTHOLD, ABT VON GARSTEN. Von Josef Lenzenweger. Verlag Hermann Böhlau, Graz. 304 Seiten, fünf Tafeln. Preis 120 S.

1941 hätte Oesterreich das achthundertjährige Gedenken an seinen großen Sohn Berthold, Abt des Benediktinerklosters Garsten bei Steyr, feiern können. Aber damals gab es kein Oesterreich. 1951, als es schon wieder ein Oesterreich und in diesem Oesterreich auch wieder Benediktinerklöster gab, wurde diese Feier nachgeholt. Gleichzeitig baten die Aebte der österreichischen Benediktinerkongregation in Rom um Einleitung des Kultanerkennungsprozesses. Bis heute ist dieser Prozeß noch nicht zu Ende geführt -und es ist nur zu hoffen, daß das vorliegende Werk von Lenzenweger, das aus zwei Teilen: einer Lebensbeschreibung und einer mit höchster wissenschaftlicher Akribie herausgegebenen Vita, diesen Prozeß beschleunigen wird. Vor allem gelingt Lenzenweger der Nachweis, daß Berthold von Garsten bereits 1236, allerdings nur von einem Bischof. was jedoch damals möglich war, kanonisiert wurde.

Berthold von Garsten, der aus einem österreichischen Ministerialengeschlecht stammte, jung in das Reformkloster von St. Blasien eintrat, von dort nach Göttweig kam, bald zum Abt von Garsten gewählt wurde und viele Jahre sein Kloster gut regierte, vereinigte in sich die „dementia benedictina“ und die „dementia austriaca“, die benediktinische und die österreichische Milde. Es ist ein vorbildliches Beispiel, wie vollkommen sich Christentum und österreichisches Wesen durchdringen können. Wie sehr das Wesen des Oesterreichers erst voll zum Durchbruch gelangt, wenn er ein lebendiger Christ ist. Hoffentlich werden viele, besonders gebildete Leser, dieses Werk in die Hand bekommen, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen. DDr. Willy Lorenz

WIR SUCHTEN UND FANDEN. Dreiundzwanzig Dänen berichten über ihren Weg zur Kirche. Gesammelt und mit einem Nachwort versehen von Gunnar Martin Nielsen. Mit einem Nachwort von Pastor Peter Schindler. Verlag Räber, Luzern, 22 Seiten. Preis 11.80 DM.

Dänemark ist das einzige skandinavische Land, wo die katholische Kirche seit 1849 völlige Gleichberechtigung besitzt und das deshalb auch’ die größten katholischen Gemeinden aufzuweisen hat. Eine Konversionsbewegung — dies zeigt die vorliegende kleine

Sammlung von Berichten dänischer Konvertiten — ist allerdings auch hier vorwiegend bei den intellektuellen Schichten anzutreffen. Während in Schweden aber so mancher Konvertit zur Kirche kam. weil er „am Ende war“ und die katholische Kirche ihm als das letzte Mittel gegen einen völligen Nihilismus erschien, zeigt das Beispiel dänischer Konvertiten, daß diese vielfach aus einer sehr lebendigen protestantischen Kirche kommen, und der Katholizismus für sie die Vollendung ihres religiösen Lebens darstellt. So mancher der vorliegenden Berichte beweist auch, daß der erste Schritt zur Kirche durch Bücher verursacht wurde, besonders durch die Bücher von Jörgensen oder die Bücher von Pastor Peter Schindler. Wer ist aber dieser katholische Priester in Dänemark, der für so viele Konvertiten schicksälhaft wurde? Den mitteleuropäischen Leser würde dies gewiß interessieren, und eine neue Auflage könnte diesen Fehler durch einen entsprechenden Hinweis leicht ausmerzen, wie sie auch gut daran täte, den Berichten einen kurzen Ueberblick über die Geschichte der katholischen Kirche in- Dänemark seit der Reformation voranzuschicken.

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