Thomas Langs Roman "Unter Paaren" entlarvt den zeitgenössischen Lifestyle.
Ein warmes Maiwochenende in einem renovierten Haus am Waldrand in der Nähe von Köln. Eine scheinbare Idylle inmitten der Natur. Man kennt das Ausgangsszenario aus Goethes Roman "Die Wahlverwandtschaften", auf den der Klappentext ebenso verweist wie auf Nichols' Film Hautnah. Überhaupt spielen Zitate eine wichtige Rolle in Thomas Langs Roman Unter Paaren.
Das Paar Per und Rafa erwartet Besuch von Pascal und Inita. Die zeitgeistige Befindlichkeit der wohlhabenden Protagonisten ist bestimmt von den Markennamen und Markenbeschreibungen ihrer Kleidungsstücke (so genau hat selten ein Autor die textile Beschaffenheit von Dessouskennzeichnungen studiert), Einrichtungsgegenstände und Fortbewegungsmittel.
Ebenso luxuriös drapiert wie leer sind das Haus, sein Besitzer Per und die Gäste: Freundin Rafa, die ihre Wohnung in Köln nicht aufgeben will, und sein alter Freund Pascal mit einer jungen spanischen Gefährtin, die in Deutschland ihre Studien mit der Dissertation über "Mikrosoziale Dissoziationsprozesse im Familienroman der Goethezeit" abschließt. Fünfzehn Jahre sind Per und Rafa ein Paar und das nur zufällig, denn damals musste sich Rafa entscheiden zwischen Pascal und Per, und sie hat sich für Per, den langweiligeren, aber beständigeren Charakter entschieden, aber vielleicht haben die beiden Männer nur um sie gewettet.
Natürlich wird in der inszenierten Versuchsanordnung des Romans diese Entscheidung oder dieser Zufall einer Prüfung unterzogen. Inita ist als junger weiblicher Störfaktor angelegt und verschwindet in der ersten Nacht aus dem Geschehen. Ohne die zweifellos raffiniert konstruierte Spannung zu zerstören, sei zumindest verraten, dass es eine Art Happyend gibt oder besser gesagt, ein moralisches Bekenntnis zur Liebe als Schaffen eines "gemeinsamen Erfahrungshorizonts".
Thomas Lang, Jahrgang 1967, erweist sich auch in seinem dritten Roman als kühler Erzählkonstrukteur im Präsens, der sich nicht scheut, auf das Kapitel XL als letztes XXL folgen zu lassen. Diesmal entlarvt er aus einer ironischen Distanz den zeitgenössischen Lifestyle seiner eigenen, zumindest finanziell erfolgreichen Generation der Vierzigjährigen. Literarisch wenig überzeugend ist allerdings die Konstruktion des Textes, die als Kommentar zu den Kapiteln in kursiver Schrift Interviewpassagen aus einem Rückblick der Protagonisten einschiebt, die das Geschehen erklären sollen, es aber auch auf dieser zweiten Ebene verschleiern.
Vielleicht liegt es daran, dass mich der Tausch zwischen den Automarken G 500 und SLK 32 AMG so wenig interessiert wie die gefährlichen Liebschaften dieser Paare, dass ich der durchaus brillanten Gesellschaftsanalyse der sprachlichen Oberflächen der Designwelt so wenig abgewinnen kann. Thomas Lang gelingt mit seinem Roman ein glattes Kunststück, das nicht verunsichert, sondern bestätigt, dass unter den Oberflächen das Verdrängte und Dunkle lauert, das nur mit weißer Farbe überpinselt wird.
Unter Paaren
Roman von Thomas Lang
C. H. Beck Verlag, München 2007
208 Seiten, geb., € 18,40