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Alois Kothgasser: Dialogfahig, aber nicht kuschelweich

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Ein weitgehend unbeschriebenes Blatt ist der neue Innsbrucker Bischof Alois Kothgasser. Seine Ordensspiritualität sollte ihn aber zur Dialogfähigkeit prädestinieren.

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Ein weitgehend unbeschriebenes Blatt ist der neue Innsbrucker Bischof Alois Kothgasser. Seine Ordensspiritualität sollte ihn aber zur Dialogfähigkeit prädestinieren.

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Fröhlich sein, Gutes tun - und die Spatzen pfeifen lassen.” Die Gelassenheit, die in diesem Ausspruch seines Ordensgründers Don Bosco, der im Turin des 19. Jahrhunderts als Jugendseelsorger und spirituelle Leitpersönlichkeit wirkte, mitschwingt, wird Alois Kothgasser, der neue Innsbrucker Oberhirte, gut brauchen können. Denn leicht wird für den Steirer, der bislang im bayerischen Benediktbeuern Dogmatik unterrichtete, das Tiroler Pflaster nicht werden.

Vieles, was in der österreichischen Kirche (noch) bewegt, hat gerade den Tiroler Katholizismus in aufregende Zeiten geführt - von den Auseinandersetzungen ums Anderl von Rinn bis zu den Kirchenvolks-Begehrern, die just am Tag nach Kothgassers Ernennung im Vatikan vorstellig wurden, um ihre Anliegen an oberster Stelle zu deponieren.

An der Person des Ernannten gibt es wenig Kritik (wohl auch, weil Kothgasser weitgehend als unbeschriebenes Blatt gilt), wohl aber an den Umständen der Restellung. In Kothgassers Lebensweg lassen sich dennoch Anhaltspunkte für eine Einschätzung finden: Aus einfachen Verhältnissen stammend trat er als 17jähriger ins Noviziat der Salesianer Don Boscos ein. Sein Theologiestudium absolvierte Kothgasser an der Salesianerhochschule in 'Purin, später an der Ordensuniversität in Rom. Dort wurde der 1964 zum Priester Geweihte Professor für Dogmatik und Salesianische Spiritualität. Sein Wirkungsschwerpunkt verlagerte sich jedoch nach Rayern, wo er als Professor und Rektor die Salesianerhochschule Renediktbeuern prägte.

Was macht die spezifische Spiritualität aus, die von Kothgasser erwartet werden kann? P. Josef Vösl, Provinzial der österreichischen Salesianer, beschreibt diese so: Bodenständige Vermittlung des Evangeliums sei das Anliegen, nicht eine „gespitzte” Theologie, aber auch kein belangloses Dahinplappern. Hierfür stehe Alois Kothgasser ganz besonders.

Die Tiroler sind handfeste Verkündigung von ihrem abtretenden Bischof Reinhold Stecher schon gewohnt: dafür wird der nunmehr emeritierte Hirte weit über die Landesgrenzen hinaus geschätzt. Ob Kothgasser in diese Fußstapfen treten wird? In seinen ersten Interviews zeigte er sich jedenfalls der Höhe der Latte bewußt, die ihm der Vorgänger gelegt hat.

Provinzial Vösl bringt drei Punkte, mit denen er seinen zum Bischof gewordenen Mitbruder charakterisiert: Erstens sei Alois Kothgasser dialogfähig; er könne mit den Extremen reden, ohne selbst Extremist zu sein. Als zweites führt Vösl die salesianische Spiritualität Kothgassers ins Treffen, deren Eckpfeiler Güte, Menschenfreundlichkeit und Sanftheit sind. Drittens weiß der Provinzial auch, daß der neue Bischof dennoch kein „kuschelweicher Softie” ist. Die genannten Eigenschaften (und einige mehr) wird der Neue im heiligen Land Tirol sicher benötigen.

Kothgassers Antwort auf die Interviewfrage nach seiner kirchlichen Positionierung: „Mitte, nach ' vorn”, macht jedenfalls durchaus neugierig.

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