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Die Abgründe der Zweisamkeit

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Die Beziehungen zwischen Mann und Frau haben viele Gesichter. Wenn sich zwei im siebten Himmel der Liebe befinden, ist das nur eine Facette davon. Aber diese kommt in den Stücken, die bei den Berndorfer, Beichenauer und Laxenburger Sommerspielen zur Auswahl stehen, nicht vor. Es geht vielmehr um die Abgründe und Schattenseiten der Zweisamkeit, wo sich tragische Ereignisse manchmal in eine komische Form kleiden, die Vergeltung von Gleichem mit Gleichem befreiendes Lachen erzeugt oder ein melancholisches Augenzwinkern Schmunzeln hervorruft.

In Berndorf sind es, von Felix Dvorak ausgewählt und inszeniert, Ödön von Horväths „Geschichten aus dem Wienerwald". Eine Wienerwald-Idylle um ein liebes Mädel aus der Vorstadt -und das so oft besungene Happy-End in der Ehe - wird hier in ihr ungemütliches, bedrückend realistisches, von schwarzem Humor gekennzeichnetes Gegenteil verkehrt. Konventionell, so säuberlich wie sorgfältig vor den bunten Prospekten des Bühnenbildes von Dietmar Matejcek arrangiert, wird Horväths Zynismus und sein abgrundtiefer böser Blick in die wienerische Seele in Felix Dvo-raks Inszenierung nur vereinzelt schauspielerisch sichtbar. So zum Beispiel bei Susanne Michel (Marianne), Maria Perschy (Mutter), Karl Ferdinand Kratzl (Oskar) oder Lia Duliz-kaya (Großmutter). Bei aller Text-und Werktreue leidet die Vielschichtigkeit der Figuren unter dem Sommertheatervirus. Leicht konsumierbar sollte es sein, unterhaltsam und möglichst auf einen breiten Geschmack ausgerichtet. Das alles ist es. Doch Horväth bleibt die Inszenierung einiges schuldig.

In der Franzensburg in Laxenburg werden dagegen ohne Einschränkung, denn man hat sich gleich für die turbulente Komödie „Offene Zweier-. beziehung" von Dario Fo und Franca Bama entschieden, im offenen Kampf der Geschlechter die Klingen gekreuzt. An die 130 Aufführungen hat der stets beliebte Lustspielrenner hinter sich und erweist sich immer wieder als sicherer Griff. Er, der Ehemann, ist das, was Männer manchmal sind: ein notorischer Seitenspringer. Sie, die Ehefrau, schlägt irgendwann zurück. Unter der Begie von Jürgen Wilke streiten, beschimpfen und prügeln sich höchst pointenreich Thomas Stroux und Petra Lie-derer.

Die Beichenauer Sommerspiele zeigen mit dem „Beigen" eine von Arthur Schnitzlers „Melanchol-ödien", wie er selbst seine Stücke einmal nannte. Florentin Grolls wunderbar schwerelose Inszenierung dieses Werkes, in dem die Figuren auch dem flüchtigen (Seiten)abenteuer erliegen, hat weniger der melancholischen als der komödiantischen Seite den Vorzug gegeben. Der oben genannte Virus wirkt sich hier einmal positiv aus. Im flexiblen, raffiniert einfachen Bühnenbild von John Lloyd Davies blicken abwechselnd Riesenrad, Sonne und ein glutroter Mond auf das Ringelspiel der Amouren. • Und immer dann, wenn die besagten Strichelszenen kommen, schrummen rechts und links der Bühne Gitarre und Cello (Peter Lössl, Clementine Gasser). Mühelos gelingt den Schauspielerinnen und Schauspielern - Mercedes Echerer, Petra Morze, Josef Bilous und Bupert Henning - der Beweis ihrer umwerfenden Verwandlungsfähigkeit im Spagat zwischen den Figuren aus allen Gesellschaftsschichten.

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