6555147-1948_17_11.jpg
Digital In Arbeit

„… die die Welt bewegten”

Werbung
Werbung
Werbung

„The Saints That Moved the World" mußte ein „best seller" in den USA werden. Rene Fülöp-Miller, der seit Jahren in den Vereinigten Staaten lebt und zuvor mit seinen Büchern: „Macht und Geheimnis der Jesuiten“, „Rasputin, der heilige Teufel", „Gedanke und Gesicht des Bolschewismus“, „Triumph über den Schmerz“, den Biographien von Gandhi, Papst Leo XIII., Tolstoi, Dostojewski, Lenin usw., sich einen Namen machte, erzielte in der von umstürzenden wissenschaftlichen Entdeckungen aujfgewühlten geistigen und geistlichen Neuen Welt mit seiner jüngsten, auf großen Studien beruhenden Arbeit einen fast selbstverständlichen Erfolg. Er stellt die Erkenntnisse der letzten mathematischen, physikphilosophischen Forschung denen der alten und mittelalterlichen mystisch-realistischen Kirchenväter gegenüber, mit einer kunstvollen Logik des Vergleichs, der das überirdische religiöse Gut des Abendlandes und die universelle reale Eroberung der Neuwelt wie einen einzigen reichen Teppich ununterbrochener gedanklicher Fäden göttlicher Schöpfung ineinanderwebt.

„Ein wenig Philosophie verführt den Menschen zum Atheismus, tiefere Philosophie führt ihn zur Religion.“ Mit diesen Worten Lord Bacons leitet Fülöp-Miller sein bei Crowell, New York, erschienenes Buch: „Die Heiligen, die die Welt bewegten“ ein. Die großen philosophischen Vorläufer des rationalistischen 18. Jahrhunderts bezeugten genügend Demut, die Erfahrungsgrenzen ihres Wissens anzuerkennen; sie beugten sich in Ehrfurcht vor den Dingen, die außerhalb der Sphäre verstandesmäßiger Forschung lagen — diese verstandesmäßige Forschung hat, wie Fülöp-Miller in einer Einleitung zeigt, in den letzten zwanzig Jahren mit erstaunlicher Schnelligkeit den Einblick des Menschen in bis dahin geheimste Dinge geweitet; der große amerikanische Physiker M i 11 i k a n sagt: „Der Mensch blickt in das A'om hinein, einen Körper vom millionsten Teil des Diameters eines Stecknadelkopfes, und findet einen unendlich kleinen Kern; er blickt in diesen Kern hinein und beobachtet das Zwischenspiel von Elektronenstrahlung in- und außerhalb des Kernes, und überall Gesetz und System; er wendet sein Mikroskop auf die Lebenszelle und findet sie viel mannigfaltiger als das Atom, wobei jeder Teil die dem Lebensganzen notwendige Funktion hat; und wieder wendet er sein großes Teleskop dem Millionen Lichtjahre entfernten Spiralnebel zu und findet wieder Gesetz und System."

Danach derselbe Millikan: „W o ist wer, der noch vom Materialismus der Wissenschaft spricht? Eher' wird der Wissenschaftler sich dem Psalmisten gesellen, der vor tausenden Jahren jubelte: Die Himmel rühmen die Ehre Gottes... Der Gott der Wissenschaft ist der Geist ordnender Vernunft, gesetzlicher Entwicklung, der allumfassende Gestalter in der Atomenwelt und darüber, der Idee, Pflicht, Intelligenz.“ Der führende englische Astrophysiker Eddington spricht nicht anders: „Es ist Aufgabe der

Wissenschaft, so weit ihre Sicht reicht, den Fundamentalbau der Welt klarzulegen; aber sie hat auch, soweit sie es kann, die Tatsache zu erklären oder hinzunehmen, daß von dieser Welt Gedanken ausgingen, die den Rohbau unseres Erfahrungsreichtums wandelten. Wehn die geistige Welt alles äußerlich Vorhandene voll religiöser Färbung wandelte, darf mit gleicher Überzeugung behauptet werden, es sei keine Verkennung, sondern eine Erkenntnis: das göttliche Element in des Menschen Wesen.“ Für diesen Astrophysiker gibt es nur der Weisheit höchsten Schluß: „Also existiert Gott!“ Eddingtons Landsmann, der Astronom und Physiker Jeans, der ebenso berühmte

Philosoph angewandter Mathematik, Whitehead, der Biologe Haldane — andere noch, alle kommen aus neuester Forschung im Mikro- wie Makrokosmus zu gleicher Erkenntnis des göttlichen Gedankens — wie der jedes Ding messende Kepler es empfand: „Ich höre Sphärenklänge ...“ Die Gelehrten der genauesten Wissenschaften werden Apostel, Bekenner, neuere Kirchenväter; aus dem erforschten Kleinsten und Größten, der gesetzlichen Harmonie einer entstoff- lichten Materie und als Korpuskel nachgewiesenen Strahlung des Weltraums, erkennen sie den göttlichen Ursprung —, die Ratio geht zurück zur Religion. Fülöp- Miller geht zurück auf fünf der fünfundzwanzigtausend Heiligen der Kirche, „die Verzicht, Verstand, Liebe, Wille und Ekstase befähigten, auf dem Pfade menschlicher Vollendung Führer zu sein."

Die erwählten fünf Heiligen sind A n- tonius, Augustinus, Franziskus, Ignatius und Theresa; der Ägypter, der Algerier, der Italiener, die beiden Spanier leiten von der ersten nachapostolischen Christenheit zur intensivsten nachmittel alterlichen Dogmenzeit; in ihren Biographien, die sie menschlich auf Grund der eigenen wie zeitgenössischen Schriften genauestem schildern, in ihren Lehren und Auswirkungen, entrollt sich zugleidi ein Bild des Abendlandes, das heute in den von so vielartigen materialistischen wie religiösen Anschauungen durchströmten Vereinigten Staaten lehrsam sein muß. Fülöp-Miller schrieb es verständlich für weitere amerikanische Kreise, mit einer bewundernswerten Leuchtkraft. Das Leben eines Antonius, des Einsiedlers der Einsiedler, wurde an sich nicht die volle Bedeutung haben; die Welt seiner Versuchungen ersteht so recht in Schrifttum und Kunst, die er befruchtete, und hier gibt das Buch eine überwältigende Anschauung, was Dichtung und Malerei daraus werden ließen. Wie sollte die gewaltige Gestalt des Augustinus, seine Bekenntnisse, seine glanzvolle Auseinandersetzung mit der Götterwelt Hellas’, Roms, mit Plato, mit Cicero im „Gottesstaat“ nicht noch erhöht Kunst und Kultur des Abendlandes beeinflußt haben, wovon das Buch die Beweisesfülle liefert! Und wie muß das Leiben und Wirken des Heiligen von Assisi, dieses Kapitel der Liebe, auch unsere dem Humanismus gegenüber verständnisvolle, der Humanität entrückte Zeit beeindrucken! Wonach dann der Werdegang des Jesuiten Ignaz von Loyola, der einer Therese, der barfüßlerischen Karmeliterin der Epoche Philipps II„ uns an die Schwelle der Neuzeit führt — was den modernen Biographen nötigt, auch die Erklärungen heutiger medizinischer und psychoanalytischer Wissenschaft für die zu heiligen Illuminationen führenden physischen Krankę heiten heranzuziehen.

Mit dankenswerter Gründlichkeit sind dem Werke die Titel der hunderte Quellenbücher angefügt, auf die sich Fülöp-Millers von mühsamer Vorarbeit zeugende Leistung stützt. Es wird dies Werk bei seinem Erscheinen in deutscher Sprache gewiß ein gleiches Interesse finden, wie über dem Atlantik.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung