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Die große Allianz?

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Amerika Im Krieg, Churchill-Memorien Band III, zweiter Teil, Alfred-Scherz-Verlag, Ben 487 Seiten und 4 Abbildungen.

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Amerika Im Krieg, Churchill-Memorien Band III, zweiter Teil, Alfred-Scherz-Verlag, Ben 487 Seiten und 4 Abbildungen.

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Langsam rücken die Begebenheiten des zweiten Weltkrieges, soweit es sich um rein militärische Vorgänge handelt, aus dem Bewußtsein der Gegenwart in den Bereich .der Kriegsgeschichte. Sie werden von Tatsachen, Entwicklungen und — Befürchtungen übertönt, die ihrerseits wieder in den Verstrickungen der letzten Weltkonflagration ihre Wurzel haben.

Den Erinnerungen Winston Churchills können diese Wandlungen nichts anhaben. Denn je mehr Churchills Darstellung des Weltdramas, Band nach Band, zeitlich fortschreitet, um so mehr gewinnt sie jene Vorgänge zum Gegenstand, die wir inzwischen als Wende- und Angelpunkte der jetzigen Weltsituation erkannt haben. Der zweite Teil des dritten Bandes, den der Verlag Alfred Scherz mit der gewohnten Eleganz und Sorgfalt ausgestattet hat, umfaßt das runde halbe Jahr vom Uberfall Hitlers auf Rußland bis einschließlich des Uberfalles Japans auf Pearl Harbour und den dadurch ausgelösten Kriegseintritt der Vereinigten Staaten, jene beiden Angriffsakte also, die den allmählich zu einem Waffengang Deutschland— Großbritannien reduzierten Krieg das schließliche mondiale Ausmaß gaben. Unvermittelt brachen so Im Frühsommer 1941 jahrzehntelang verhaltene Gegensätzlichkeiten auf: Ost und West, Demokratie“ und Diktatur, kommunistisches und bürgerliches Denken, kontinentales und insulares Wesen.

Es ist bemerkenswert, daß der deutsche Angriff auf Rußland zunächst keine Erleichterung der britischen militärischen Situation mit sich brachte. Der Kampf in Afrika, die Schlacht um den Atlantik gingen mit ungeminderter Heftigkeit weiter. Von der anlaufenden britischen Kriegsproduktion, von den allmählich einströmenden amerikanischen Hilfslieferungen mußten bedeutende Teile zur Unterstützung der schwer ringenden russischen Armeen abgezweigt werden. Die deutsche Kriegsmaschine war vorläufig noch stark genug, beide Gegner in Schach zu halten. Dagegen ergaben sich bald jene grundsätzlichen Spannungen mit der Räteunion, deren Auswirkungen wir heute voll überblicken können. Vor allem betrafen sie das künftige Schicksal der drei baltischen Randstaaten, die nach ihrer politischen Preisgabe durch Hitler in den sowjetischen Machtbereich eingegliedert worden waren. Noch schwieriger war die Frage eines tragbaren Einvernehmens über das künftige Schicksal des zwischen Deutschland und Rußland aufgeteilten Polen, dessen Bestand Großbritannien garantiert hatte. Die „Curzon-Linie“ schien Rußland „eine geeinte Grundlage für die künftige russisch-polnische Grenze... Rumänien solle der Sowjetunion die Errichtung von Stützpunkten erleichtern, und dafür durch jetzt zu Ungarn gehörende Gebiete entschädigt werden“ (Bericht Außenminister Edens über seine Moskauer Mission vom 5 Jänner 1942, S. 294). - .

Kein Zweifel — mag die militärische Auseinandersetzung auch noch Jahre gedauert haben, die heutige Gestaltung Europas einerseits, die Verdrängung des Westens aus Asien andererseits — zwei Hauptpropleme der Gegenwart — zeichnen sich in der' immer gleich glanzvollen und klaren Schilderung Churchills bereits deutlich ab. Die Büchse der Pandola war geöffnet,1 und es ist bis heute noch nicht gelungen, sie wieder zu Schließen, Andreas von Huszär

Güte ohne Grenzen. Das Leben des heiligen Vinzenz von Paul. Von J. Calvet. Verlag Räber u. Cie., Luzern 1950. 343 Seiten, 16 Abbildungen. . -. • - Vor kurzem hat der Film „Monsieur Vincent“ uns durch die Glut heroischer Handlungen erschüttert und einen gewaltigen Ruf an uns als Christen gerichtet. Wer daraufhin dieses Buch zur Hand nimmt, wird vielleicht anfangs das Packende, Aufrüttelnde vermissen und enttäuscht sein. Wir haben es mit einer soliden, umfassenden Biographie zu tun, die uns weit tiefer führen kann als der Filmj sie zeigt den schrittweisen Aufstieg vom Bauernkind zum Heiligen des armen Volkes. An diesem Wege stehen Berulle, der große Mystiker Frankreichs, der ihm zum Führer wurde, und Franz von Sales, mit dem ihm eine tiefe Freundschaft verband. Die bei Berulle gelernte Innerlichkeit ist aber Vinzenz ein Antrieb zu eminenter Aktivität. Und wahrhaftig, das materiell und geistig durch / religiöse Wirren und Rebellion verelendete Frankreich hatte es not. Man erlebt nun das meisterhaft geschilderte Wachsen der großen Werke mit, die Gründung der Priestermission zur seelsorglichen Betreuung des Landvolks, der Damen aus einflußreichen Familien, zu denen Vinzenz Beziehungen spann, um sie zur Opferfreudigkeit für die Armen zu gewinnen und schließlich die „Filles“, die tätigen „Vizehtinerinnen“. Spannend ist die fieberhafte, in alle Richtungen gehende Tätigkeit des Heiligen während der großen Notzeiten geschildert, ein gutes Bild der politischen und sozialen Verhältnisse des Landes bildet den Hintergrund. Doch das letzte Kapitel, in dem versucht wird, aus nicht allzu reichlichen Quellen das so lebhafte und kühne und zugleich so demütige Wesen des Mannes, das stille Betreuen seiner Gemeinschaften zu erfassen, ist wohl dasjenige, das am meisten anspricht und zu Herzen geht. Die Sprache ist auch in der Übersetzung aus dem Französischen gut.

Heimfahrt Von Franz Turnier. Pilgram-Verlag, Salzburg-Köln-Zürich. 712 Seiten.

In der Form eines Romans versucht Turnier mit seinem ganzen geübten Erzähltalent, Einzelschicksale des Kriegsendes 1945 einzu-fangen. Die Auflösung der gewesenen Ordnung, der Marsch der Millionen in die Gefangenschaft über die willkürlich gesteckten Demarkationslinien oder in die endlosen Weiten des Ostens und in das Chaos der Heimat sind der Gegenstand der Darstellung. Der Soldat Leberecht, der sich nicht gefangen geben will, sondern durch tausende Mühsale bis in die- Heimat den Weg findet, steht für unzählige Soldaten des zweiten Weltkrieges. Ihm öffnen sich nach einem Wort von Walter Flex die Herzkammern des Volkes in der Hilfsbereitschaft, in der Liebe, im Haß, in der Kälte des Gemüts und des Gewissens. Nichts bleibt ihm erspart von der Milde des ehemaligen Feindes bis zum Haß der eigenen Landsleute und zur politischen Verwirrung der apokalyptischen Monate des Jahres 1945. Der Boden der Heimat, die Land-

schaft nehmen ihn auf wie Unzählige und lassen ihm Im Zuge der Ereignisse alles vergessen, was vordem war.

Turnier ist es gelungen, ein Zeitgemälde zu zeichnen und damit vielleicht den ersten Nachkriegsroman des Heimkehrers zwischen den Fronten des nutzlosesten Krieges aller Zeiten niederzuschreiben.

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