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„Die könnten Dich nie anlügen”

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DIEFURCHE: wo gehören Sie hin'Sie sind in Oberösterreich geboren, aufgewachsen in Niederösterreich ... JOSEF I IaüER: Waldhausen, wo ich geboren bin, ist in Oberösterreich, Nöch-ling - dort bin ich aufgewachsen -gehört zu Niederösterreich. Es ist ein Grenzgebiet. Die Grenzsituation ist dort unheimlich scharf. Ich bin nur gebürtiger Oberösterreicher, weil es noch keine Donaubrücke gegeben hat, denn als es die Brücke dann gegeben hat, sind alle Kinder in Am-stetten im Krankenhaus geboren worden.

DIEFURCHE: Landeshauptmann

Pühringer hat mir in einem Gespräch gesagt: „Nomen est omen, wir sind die Ober-Osterreicher.” Was sagt da der Halb-Nieder-halb-Oberösterreicher dazu?

Hadi'.R: Daß mir der oberösterreichische Dialekt persönlich der angenehmste ist. Linz ist eine Stadt, wo ich gerne zu Gast bin. Linz ist sehr angenehm, weil es irgendwo eine ehrliche Stadt ist, wo ein bißchen alles aufeinanderprallt, die Industrie, die Altstadt, die ganzen Lokale in der Altstadt, es ist nicht nur schön, es ist nicht nur häßlich, es ist eine angenehme Mischung. Es ist eine Gemütlichkeit in der Sprache, in dem, wie die Leute reden, unterschiedlich je nach Region. Die Mühlviertier modulieren weniger, die sind so wie wir Waldviertler, die bellen mehr, und je weiter man

Am Rande eines Berlin-Gastspiels gab der Kabarettist nicht ganz ernst gemeinte Auskunft über sein 50-Prozent-Heimatland und seine Zukunftspläne. nach Westen kommt, desto mehr singt der Dialekt, eher etwas gemütliches, teilweise einlullendes, ich höre das sehr gerne. Wenn man mit Oberösterreichern zu tun hat, hat man immer das Gefühl, daß einen die nie anlügen könnten oder einem irgendwas versprechen, was dann nicht stimmt, sie haben so etwas Treuherziges.

DIEFURCHE: Ist das eigentlich ernst gemeint?

Hader: (lacht auf) In Wirklichkeit kommt man drauf, daß man genauso wie bei den Wienern sich nicht allein auf die Sprache verlassen kann.

DIEFURCHE; Aber doch auch? HADER: Die Oberösterreicher beruhigen sich gegenseitig beim Reden. Dieses sehr gemütliche entsteht eher in Gegenden, wo die Reicheren sind. Man kann das verfolgen, daß in den ärmeren Gegenden, zum Beispiel Niederbayern oder das südliche Waldviertel, oder eben das Mühlviertel, daß dort die Leute mehr Aggressivität in der Stimme haben, während dort, wo die reicheren Bauern zu Hause sind, Oberbayern, Innviertel, dort haben alle einen sehr ruhigen Klang. (Pause) Von dem ganzen Blödsinn, den ich gesagt habe, gefällt mir sehr gut, daß man beim oberösterreichischen Dialekt den Eindruck hat, sie beruhigen sich ständig gegenseitig beim Reden. Ansonsten ist Oberösterreich nicht nur das Rundesland, wo ich geboren bin, sondern auch jenes, wo ich die meisten Vorstellungen habe, weil Oberösterreich ganz anders als die übrigen Bundesländer ganz viele kleine private Kulturinitiativen hat. Es ist auf jeden Fall so, daß, als ich begonnen habe, Anfang der 80er Jahre, ich in Oberösterreich in jedem kleinen Dorf habe spielen können. Ich mache meine Urpremieren in einem Weinkeller in Oberösterreich. Oberösterreich ist auch das einzige Bundesland, wo ich am stärksten das Gefühl habe, daß es sprachlich und.auch von der Mentalität her Unterschiede gibt. Esist wirklich so, daß man einfach spürt, wenn man ins Innviertel kommt: Man kann es sogar blind sagen: wenn man spielt, und man hat die Scheinwerfer im Gesicht, und man weiß nicht, ob man im Innviertel ist oder nicht, merkt man es sofort daran, daß die Leute wie in Bayern viel mehr aufs Klo rennen während der Vorstellung, weil sie grundsätzlich mehr Bier trinken. Es ist alles ein bißchen entschiedener, und man hat das Gefühl, wenn man aus dem Innviertel wieder zurückkommt, werden die Leute viel weicher.

DIEFURCHE: Sie haben Wien erwähnt Wzs fiir ein Verhältnis haben Sie zu dieser Stadt*

HADER: Wien ist der Ort der ersten großen Freiheit gewesen, wenn man ins Internat nach Melk kommt und dann plötzlich nach der Matura in Wien steht, dann ist das einfach das erste Mal, daß man machen und tun kann, was man will, man ist unter keinerlei Kontrolle mehr. Ich werde auch jetzt noch immer nicht kontrolliert, was sehr angenehm ist. Es ist in Wien ein angenehmer, gemütlicher Großstadtdschungel.

DIEFURCHE: Sie gehören also nicht zu jenen Nicht-Wienern, die sagen, in Wien kann man nicht leben. Hader: Es ist so, daß die Natur, dadurch, daß ich auf einem Bauernhof aufgewachsen bin, bei mir nicht diese mythische Rolle spielt wie bei anderen, die vielleicht nicht als Kind schon im staubigen Stall das Korn dreschen mußten und dabei eine furchtbar verklebte Nase bekommen haben und gehustet haben. Man hat eine Beziehung als Landwirt zur Natur zunächst einmal, daß sie einfach da ist, und wenn sie nicht da ist, dann ist es nicht so, daß sie mir großartig abgeht. Ich fahre gerne aufs Land, aber daß ich sage, Lärm und Gestank und so viel Menschen und ich muß aufs Land, ich brauche einen Wald, so ist es nicht. Dazu habe ich zu ungern gearbeitet am Bauernhof.

DIEFURCHE: Sie sind jetzt bereit drei Jahre mit „Privat” unterwegs. Wirdes wieder einmal etwas Neues geben? HADER: Ich schreibe nach Berlin ein Drehbuch, ein Programm erst wieder frühestens 1998.

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