6730942-1965_49_44.jpg
Digital In Arbeit

DIE PRESSVEREINSANSTAL1 EN DER DIÖZESE GRAI-SECKAU

Werbung
Werbung
Werbung

In wenigen Jahren, 1969, wird der „Katholische Preßverein der Diözese Seckau“ das erste Jahrhundert seines Bestehens vollenden. In den verschiedenen Unternehmungen, Buchdruckereien in Graz und Judenburg, Verlagen für Buch und Zeitung in Graz, Wien, Köln und Klagenfurt, Buchhandlungen in Graz, Wien, Knittelfeld und Judenburg, sind heute mehr als 900 Menschen, Arbeiter und Angestellte, beschäftigt.

Die drei größten Unternehmungen, zugleich tragende Säulen aller Preßvereins-anstalten, sollten hier vorgestellt werden: der Buchverlag Styria, die Universitätsbuchdruckerei Styria und das unabhängige Tagblatt „Kleine Zeitung“.

Der Verlag „Styria“

Tausende Bücher haben seit der Gründung des Verlages im Jahre 1869 das Grazer Haus verlassen. Es waren wissenschaftliche Publikationen, es waren allgemeinbildende Bücher religiösen, geschichtlichen und belletristischen Inhalts und schließlich Fach- und Sachbücher der verschiedensten Sparten. Um nur einige der bedeutendsten Werke zu nennen: Die zweiundzwanzigbändige Weltgeschichte des Johann Baptist Weiß, die deutsche Thomas-Ausgabe, die große verlegerische Tat der dreißiger Jahre, und — ein Beispiel der Gegenwart — das Bibeltheologische Wörterbuch von Johann B. Bauer, dessen 3. Auflage derzeit vorbereitet wird. Nicht vergessen seien jene Titel, die den steirischen Verlag einem weitesten Leserpublikum wohlvertraut machten: die Bücher von AI ja R a c h-m a n o w a, Egon Caesar, Conte C o r t i und — auf religiösem Gebiet — die des französischen Priesters Michel Q u o i s t, deren Auflagen sechsstellige Zahlen erreichten. Wenn die „Styria“ zur Zeit an die vierzig Werke pro Jahr herausbringt, wenn sie heute einen im ganzen deutschen Sprachraum wohlbekannten Namen hait, dann mag es nicht zuletzt dem Umstand zuzuschreiben sein, daß sie der Aufgabe eines Mittlers geistiger Werte auch dann treu blieb, wenn wirtschaftliches Interesse dawiderriet.

Ein österreichischer Verlag: Der Verlag sieht den einen Schwerpunkt seines Schaffens in der österreichischen Geschichte. Er glaubt, daß es Tradition und Geschichte Österreichs verdienen, in die Gegenwart hineingetragen zu werden. Damit ist aber untrennbar das Bewußtsein verbunden, daß Österreichs Geschichte niemals nur Geschichte Österreichs, sondern immer auch europäische Geschichte, ja ein Stück Weltgeschichte war. Die Spannweite reicht auf diesem Gebiet von der Wissenschaft (Hugo Hantsch, Friedrich Engel-Janosi, Reinhold Lorenz, Friedrich F. Kleiruwaechter) und die Biographie (Conte Corti, Hans Sokol) bis zum Roman (Otto Friedlaender) und zum Jugendbuch (Gerta Hartl, Herbert Schreiber, Heinz Wolfhart).

Ein katholischerVerlag: Am Auftrag, mit Hilfe des gedruckten Wortes die Botschaft des Evangeliums weiterzureichen, hat sich seit der Gründung nichts geändert. Stand um die Jahrhundertwende der Kampf und die Bewahrung im Vordergrund, so fühlt sich der Verlag heute dem Gespräch verpflichtet: „Unsere getrennten Brüder — Die Freimaurer“ (Alec Mellor), „Verantwortlich für die Welt“ (L.-J. Lebret), ,Jas Religionsgespräch der Gegenwart“ (Adolf Holl); Titel dieser Art charakterisieren das Wollen des Verlages. Die öffentliche Meinung hat der „Styria“ den Namen „Verlag der mutigen Bücher“ beigelegt. Wir nahmen den Ausdruck auf, weil wir bei aller Unterschiedlichkeit in den Büchern unserer Produktion den Mut zum Wagnis eines weltoffenen Optimismus sehen, der das ängstliche Ghetto ablehnt. So wird in ihnen das Reservat der Selbstgenügsamkeit verlassen, es wird „Neuer Wein in neue Schläuche“ (Titel von Louis Evely) gefüllt odej — wiederum ein Titel — gezeigt: „Die Kirche ist anders“ (Robert Adolfs); sie ist nicht eng, sondern weit, offen, katholisch.

Die Dniversttöts-Duchdrockerei „Styria“ rückt durch die Errichtung eines großangelegten Hallenneubaues, der die gesamte Buch-, Zeitungs- und Merkantilproduktion in eine einzige Ebene verlegt, zu den modernst eingerichteten heimischen Großdruckereien auf.

Die in Ausstattung und Raumordnung neu gestaltete Druckerei ist nun häufig das Ziel in- und ausländischer Fachleute, die mit großem Interesse die liehtdurchfluteten Hallen, den rationell gestalteten Arbeitsfluß, das sorgfältig durchdachte Mobiliar, unter anderem die vollständig neu orientierte und formschöne Handsetzerei und Zeitungsrnettage, und die jüngst aufgestellten Maschinen studieren. So wurden neben einer bestehenden Monotype-Gieß-Setz- und Supraanlage, neben zehn Linotype-Setzmaschinen, sieben Heidelberger-Automaten, mehreren großformatigen Zweitourenmaschinen, acht Frankenthaler Zylinderautomaten und einer Reihe anderer Druckmaschinen anläßlich der Ubersiedlung eine Vorzurichteabteilung für den Flachdruck, zwei lochbandgesteuerte Linotype-Schnellsetzmaschinen mit zwei Lino-Quick-Perfora-toren, eine 48seitige Curier-Schnelläufer-Rotationsmasohine von Koenig & Bauer, ausgestattet mit Filmfarbwerk, zwei Falzapparaten, zwei Auslegern und einem vollautamaiti-sohen Transportband mit Sohüttelstation, sowie eine komplette Zeitungsrundstereotypie neu in Betrieb genommen.

Die hauseigene Großbucbbiraderei ist mit modernen Maschinen für die Herstellung des gepflegten Bucheinbandes sowie die Broschü-renaufarbeitung im Klebebindeverfahren vor allem für Massenauflaeen ausaestattet. Als jüngste Bereicherung wurde eine vollautomatische Hochleistungsfalzrnaschine französischer Provenienz, speziell geeignet für die Verarbeitung von Dünndruckpapieren, aufgestellt, die erste Maschine dieser Art in Österreich.

Rohrpostanlagen dienen der raschen Beförderung von Manuskripten, Bürstenabzügen und Klischees.

Der Neubau und das große Papier- und

Verfagsrohbogenlager sind voll klimatisiert. Monotypie- und Setzmaschinenabteilung sowie die Garderoben, Dusch- und Waschräume verfügen über eine eigene Klimaanlage.

Gemeinschaftsräume mit Liegestühlen, Radio, Vorwärmküche, Werksbücherei, Duschen, Sanitätisraum“' usw. schaffen moderne und zeitgerechte Arbeitsvoraussetzungen.

Größte Bunöeslöadeneitung Österreichs

Fast genau so alt wie unser 20. Jahrhundert ist die „Kleine Zeitung“ — um es genauer zu sagen, im November 1964 waren es 60 Jahre, daß die „Kleine Zeitung“ erscheint. Dabei war es gewiß gerade in der wechselvollen Geschichte dieser Jahre nicht immer leicht, der Verantwortung journalistischer Tätigkeit gerecht zu werden und vor dem strengen und unerbittlichen Gericht des Lesers bestehen zu können.

Mit Freude darf jedoch heute festgestellt werden, daß die „Kleine Zeitung“ in all diesen Jahren immer wieder den starken und zustimmenden Vertrauenserweis ihrer Leser erhielt. Um dieses Vertrauen im breiten Volk ging es zweifelsohne auch schon den Gründern der „Kleinen Zeitung'' knapp nach der Jahrhundertwende.

Die „Kleine Zeitung“ hat heute, da sie in das siebente Jahrzehnt ihres Bestehens geht, die beachtliche Auflage von 125.000 Exemplaren erreicht. Sie ist damit die größte Tageszeitung, die in den österreichischen Bundesländern herausgegeben wird. Sie ist als parteiunabhängiges Blatt in den Bundesländern Steiermark und Kärnten und darüber hinaus zu einem unüberhörbaren und maßgeblichen Faktor öffentlicher Meinungsbildung geworden.

Unabhängigkeit -ein Programm

Als der Verlag 1961 eine Leseranalyse durchführte, wurde auch die Gretchenfrage gestellt: „Ist Ihrer Meinung nach die ,Kleine Zeitung ein wirklich unabhängiges Blatt?“ Die überwältigende vorbehaltlose Bejahung dieser Frage brachte eine einzige Bestätigung des eingeschlagenen Weges. Es stellte sich bei dieser Gelegenheit auch heraus, daß Wähler aller Parteien repräsentativ unter den Lesern der „Kleinen Zeitung“ zu finden waren. Diese Tatsache muß den Herausgeber, den Verlag und die Redaktion in dem vielleicht nicht immer und überall verstandenen Auftrag bestärken. Unabhängigkeit, das ist nicht politischer Opportunismus, gut verkäufliche, aber destruktive Besserwisserei oder gar intel-lektualisierende und risikoscheue Gesinnungslosigkeit. Unabhängigkeit ist vielmehr Sorge und Verantwortung für das Ganze, für das außer Streit gestellte gemeinsame Ideengut unseres Volkes und unseres Staates ohne jede parteipolitische Bindung und Ausrichtung.

Gerade der aus katholischer Verantwortung schaffende Publizist muß die Realität unserer pluralistischen Gesellschaft ernst nehmen, da heute der Dialog zwischen den verschiedenen Meinungen durch die Kirche selbst eine tief begründete Aufwertung und Motivierung gefunden hat.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung