Die Schöne und die Dicke

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Alonso Cueto erzählt vom Jet Set in Peru, dessen Körperkult und Konsum genau so aussieht wie überall.

Manche erwarten von der Literatur Erkenntnis, Anprangerung, leidenschaftliche Darstellung geheimer und allgemeiner Nöte. Dass Modeerscheinungen zum Thema werden, ist gut, aber wieso wird als Fortschritt beworben, wenn sich Perus interessanter Schriftsteller Alonso Cueto des Schönheitswahns annimmt, weil er damit die Literatur seines Landes zum weltweiten Modethema heranführt?

Dabei sind die Heldinnen im "Flüstern der Walfrau" gut gewählt, Mädchen zuerst, deren gemeinsamer Nenner die Liebe zu Büchern ist. Die schöne Verónica wird Journalistin, die unsagbar fette Rebeca eine schwer reiche Unternehmerin. Es geht Cueto um Ausgrenzung, um fehlende Zivilcourage, um fragwürdige Normen, denen sich Reiche und alle, die von gesellschaftlichem Erfolg träumen, liebend gerne unterordnen, denn die zwei Freundinnen werden durch jugendliche Bosheit und Feigheit getrennt, treffen Jahre später wieder aufeinander. Beide sind mittlerweile Teil des Jet Set, die eine ist außerdem weiterhin strahlend schön, die andere eine unglaublich abstoßende fette Kugel. Einsam sind sie beide. Bis zum Schluss wird man im Unklaren gehalten, worin der eigentliche Auslöser für die Trennung bestand, geschickt hält der Autor einen überraschenden Höhepunkt bereit.

Schuld und Zeit

Interessant, wie Alonso Cueto mit dem Thema Schuld umgeht, wie er mit dem Phänomen Zeit spielt. Da sind ihm traumhafte Sätze geglückt, die herausleuchten aus einer - bewusst? - seicht gehaltenen Beschreibung sozialer Gegebenheiten. Der Goldene Käfig in Lima ist nicht anders als bei uns, nichts, was in diesem Buch steht, bringt Neues über Peru. Rebeca und Verónica könnten überall in der Ersten Welt leben. Vielleicht hat das die Jury beeindruckt, die den Roman zum Finalisten des neu geschaffenen Premio Ibero-americano der Erzählkunst kürte.

Schade, dass diese gelungenen Sequenzen, so kluge und fein ziselierte Absätze fast untergehen in der Geschichte. Alonso Cueto, 1954 in Lima geboren und mit dem Roman "Die blaue Stunde" berechtigt international aufgefallen, schaffte es im "Flüstern der Walfrau" nicht, Empathie für diese zwei doch recht zweidimensionalen Charaktere zu wecken. Was geradezu skurril erscheint, geht es doch um Unmaß bei Körperkult und ausufernden Konsum, um Gier in allzu vielen Bereichen.

Das Flüstern der Walfrau

Roman von Alonso Cueto

Berlin Verlag, Berlin 2007

Übersetzung: Matthias Strobel

270 Seiten, geb, € 20,50

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