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Die schröckliche Pest
Der neueste Waldschadensbericht liegt mir vor; sinnigerweise auf holzfreiem Papier gedruckt. Soviel gleich vorweg: kein Grund zur Panik! Von einigen starrsinnigen Laubbaumarten wie Eiche und Buche abgesehen - die nach wie vor absterbemäßig relativ unschwach expandieren (Miesmacher würden sagen: die im Abnehmen immer noch zunehmen) - darf festgestellt werden: die Zuwachsraten der stark bis total geschädigten Waldflächen sind eindeutig in ihrer langjährigen Tendenz zur Steigerung weitestgehend abgeschwächt! Na also, wer sagt's denn! Wir können aufatmen und uns beruhigt drängenderen Problemen zuwenden. Die Fachleute haben alles im Griff!
Die ständigen Horrorberichte der letzten Jahre - bis zu 70 Prozent der Bestände stark gefährdet bis ernsthaft geschädigt! - diese Katastrophenmeldungen hatten, wie sich in der besonnenen Rückschau zeigt, auch ihr Gutes: es ist heute gottlob nicht mehr so viel zum Kaputtwerden da wie in früheren Zeiten! Letztlich kennen wir das ja alles noch aus dem Mittelalter: was heute der Borkenkäfer für den Wald, war damals der Pestfloh für den Menschen. In
den Berichten darüber wurde ja auch maßlos übertrieben. Denn seien wir mal ehrlich: sind etwa Ihre Vorfahren alle an der Pest gestorben? Na also, meine auch nicht! Sonst wären wir ja wohl heute nicht da, oder? Eine aus der so gemütlichen guten alten Zeit des Mittelalters stammende Verlautbarung des damaligen Wiener Pestrates (einem Vorläufer des Gesundheitsamtes) erinnert in der feinen Formulierung sehr an die alljährlich herausgegebenen Waldschadensberichte.
Ein Flugblatt dieser Wiener Behörde meldete unter anderem: „Mit Gotts hülfe der Pest auf der Wieden (heute der 4. Wiener Gemeindebezirk) dem garauß gemachet ... allhier seit zweyen wochenn keine gehabten toddes Fäll zu vermelden! ...”
Dieser sensationelle medizynische Erfolg erklärt sich aus der (ebenfalls genau dokumentierten) Tatsache, daß zum genannten Zeitpunkt „die Wieden” bereits vollständig entvölkert, daher beim besten Willen niemand mehr vorhanden war, der der Seuche noch hätte zum Opfer fallen können. Und daß der „liebe Augustin” eine im Vollrausch durchschnarchte Nacht in einer Pestgrube unbeschadet überstanden hat, rückt das ganze Gerede von der „gar schröcklichen Pest zu Wien” in ein relativierendes mildes Licht. Wird
schon alles nicht so schlimm gewesen sein!
Womit wir wieder - der Kreis schließt sich - beim sogenannten Waldsterben sind, an dem - natürlich! - wir Autofahrer schuld sein sollen. Wie es ja überhaupt nichts Unangenehmes gibt, an dem die Automobilisten nicht Schuld tragen! Ozonloch, Haarausfall, Mehrwertsteuer, Trunkenheitsfahrten, Verkehrslärm, Wald- und Tiersterben -alles Autofahrersünden!
Und dieser neue Slogan „Sei fair zum Wald - verzichte aufs Auto!” führt sich in seiner Perfidie ja selbst ad absurdum. Was hab ich vom schönsten Wald - ob sterbend oder nicht - wenn ich ihn (hechel, he-chel!) schwitzend und zu Fuß, womöglich mit Bucksack durchqueren muß? Ungeschützt allen Widrigkeiten des Waldes ausgesetzt, bedroht von Fuchsbandwürmern und tollwütigen Hasen, tückischen Spinnennetzen und dem Gehörn der Behböcke eine leichte Beute!
Und zum Thema Fairneß noch eine Schlußbemerkung: mir ist da neulich auf einem (bewachten!) Parkplatz im Bayerischen Wald ein Mordstrumm von Ast aufs Auto geknallt. Einfach abgebrochen; bei schönstem Wetter, ohne Sturm und so! Diese bescheuerten Bäume halten ja nichts mehr aus, nicht mal die eigenen Äste!
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