Sissi Tax wildert in unterschiedlichsten Regionen der Sprache und wirbelt in der literarischen Rumpelkammer Staub auf.
Wirft man einen Blick auf die Biografie der steirischen Autorin, fällt sofort auf, dass Sissi Tax bis 1980 Redaktionsmitglied der Literaturzeitschrift manuskripte war. Das Grazer Forum Stadtpark, das lange eng mit den manuskripte verbunden war, kann als großer experimenteller, innovativer Garten gesehen werden, der Sissi Tax wohl auch nachhaltig geprägt hat. Das Hinterfragen der Sprache und ihrer strukturellen Verbindungen mit der Welt kristallisiert sich auch in ihrem neuen Buch als entscheidender Schreibimpetus heraus.
Sprache umkrempeln
"Und so fort" zeigt sich bereits auf der ersten Seite als Herausforderung für den Rezensenten. Denn Tax stellt zu Beginn des Buches klar, dass sich ihr Schreiben der Beschreibung entziehe. Sie selber wage sich daher an das Umschreiben des Geschriebenen. Also an das Umschiffen der Klippen, Riffe und Untiefen. Und mit der Autorin selbst treibt man im weiteren Lektüreprozess nach einem programmatisch konzipierten Prätext immer weiter hinein in ein sprachskeptisches Meer, das an Hofmannsthals "Chandos-Brief" erinnert: "minimale beiträge zu einer kritik der sprache mit und an der sprache. diese sprache, die meine muttersprache ist, an der ich dergestalt zweifle, wie sie mein verhältnis zu den verhältnissen herstellt, prägt, gilt es umzukrempeln, um zur essenz ihres untergrundes zu kommen oder um darauf zu kommen, daß ihr untergrund ihre essenz ist und wo sie, diese deutsche sprache, das wirkliche berührt." Ähnlich wie Hofmannsthal skizziert Tax die Komplexität der Sprache, die in den Zweifel mündet, die Beziehung zwischen Denken und Schreiben in Worte fassen zu können. In diesem Sinne macht sich Tax daran, die "wortwährungen" auf die Waagschale zu legen, und das "gesetzlose, individuelle im sieb" transparent zu machen, um letztendlich die Wörter aus ihrer Abhängigkeit zu befreien und ihre "losheit, ihre losgelassenheit" zum Vorschein zu bringen.
Tax montiert Phrasen aus der Alltagssprache, Sprichwörter und Redensarten oder variiert Bibelworte und religiöse Sprache. Sinnzusammenhänge werden vermixt, verfremdet und in einen neuen semantischen Kontext gestellt. Dabei gibt oft ein Wort das andere in Form eines Dominoeffekts, wenn die Wort- und Lautdimensionen bis ins Letzte ausgelotet, Schichten freigelegt und wieder miteinander verwoben werden. Mit fast an Exzentrik grenzender Manie rollt Tax hier Wortlawinen los, um die Strukturen der Weltverbindungsordnung bloßzulegen und schließlich die Ligaturen eines sprachlichen "weltzwutschgerlwesens" darzustellen.
Strukturen bloßlegen
Tax wildert kräftig in der Sprache, um in der literarischen Rumpelkammer Staub aufzuwirbeln. Und "beim abstauben", darf man nicht vergessen, dass es "zu abstaubdramen kommen … kann, zu staubapokalypsen und staubtrauerspielen." Tax' Prosa liegt also keine Geschichte zugrunde, sie weidet Zusammenhänge vielmehr aus, dass es nur so kracht. Das zeigt sich etwa so: "o ja, so traumhaft furchtbar schön wie des achilles ferse aus der vogelperspektive, … wie das aufeinandertreffen von astralmops und rollmops auf der rollbahn bei gegenlicht." Weil Tax sich dem Textzusammenhang verweigert, kann man beliebig in die einzelnen Kapitel einsteigen. Dennoch - Findungen, Wortkreationen tauchen im Text später wieder leitmotivartig auf, um ein Zeichen zu setzen, einen "lichtblitz, der … beleuchtet und belichtet". Am Schluss findet sich als Kuriosum eine Referenzliste mit einer stattlichen Anzahl von Namen, unter denen sich zum Beispiel auch die "gkb" (Graz-Köflacher-Bahn) findet.
"und so fort" ist ein ungewöhnliches und zugleich anspruchsvolles Buch, das trotzdem eine gewisse Leichtigkeit in sich trägt. Was die Autorin in einem anderen Kontext gefinkelt variiert, lässt sich auch auf den Text selbst beziehen: "einfallsreich erfindungsreich, gedankenreich".
UND SO FORT
Von Sissi Tax
Droschl, Graz, Wien 2007
70 Seiten geb. € 16,50