Ehekrisen, literarisch

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Steven Bloom führt in seinen "New Yorker Geschichten" in Beziehungsabgründe.

Nicht Hungerkatastrophen in Somalia oder Massenvergewaltigungen in Bosnien oder der neueste Genozid, sondern daß zwei Menschen wie du und ich heiraten und einander schließlich mehr hassen, als sie je einen anderen gehaßt haben, ist der Stoff, aus dem Literatur besteht." So fasst Steven Bloom seine schriftstellerische Quintessenz zusammen. Was nicht heißt, dass sich bei ihm am Ende immer alle hassen müssen, aber doch, dass er den Abgründen zwischenmenschlicher Beziehungen auf den Grund geht.

Steven Blooms Erzählband "Offene Ehe. New Yorker Geschichten" erinnern ein wenig an den "Stadtneurotiker" Woody Allen und es bleibt ihnen - Nomen est Omen! - biedere Reihenhaus-Romantik denkbar fern. Die meisten Hauptfiguren haben ihre jungen Jahre bereits hinter sich, manche stecken mitten in der Midlife-Crisis, andere haben noch etwas gutzumachen aus ihrer Vergangenheit, wieder anderen ist die Gegenwart samt allen Zukunftsaussichten zu eintönig geworden. Und immer wieder sind es die Frauen, die hier den Ton angeben.

So mancher Kunstgriff, der eine Erzählung in die andere übergehen lässt, die einzelnen Texte mit einem ganz dünnen Netz aus roten Fäden verwoben, zeugt von einem Schreiber, dessen Zugang zur eigenen Autorschaft wohl "sophisticated" zu nennen ist. Und das ist durchaus positiv gemeint. Das Spiel mit Leser- und Autorrolle, das Jonglieren mit handelnden Figuren, die Kunstgriffe sind durchschaubar, aber reizvoll. Die Geschichten oft recht frech, aber aus dem Leben gegriffen und gut erzählt. Mit Einfühlungsvermögen und kühl ironischer Distanz gleichermaßen, böse aber nicht bitter - und immer wieder überraschend.

OFFENE EHE

New Yorker Geschichten. Von Steven Bloom. Jung und Jung Verlag, Salzburg 2004. 159 Seiten, geb., e 19,50

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