6557362-1948_29_10.jpg
Digital In Arbeit

Ein Aufruf zur Tat

19451960198020002020

Zu dem soeben erschienenen Budie „Katholische Solidarität”. Ein Ruf zur Einheit und Gemeinschaft. Von P. B. Hernegger. Verlag Missionsdruckerei St. Gabriel, Mödling bei Wien.

19451960198020002020

Zu dem soeben erschienenen Budie „Katholische Solidarität”. Ein Ruf zur Einheit und Gemeinschaft. Von P. B. Hernegger. Verlag Missionsdruckerei St. Gabriel, Mödling bei Wien.

Werbung
Werbung
Werbung

In seiner vielbeachteten Ansprache am Ostersonntag prägte Pius XII. das Wort, von der „Stunde des Handelns”. Es galt nicht nur für den aktuell römisdien Anlaß, sondern weit darüber hinaus für die Verantwortung jedes christlichen Menschen in der Welt. Eine klare, aber auch sehr ernste Überschau von der Wirkkraft des Christentums gibt das soeben erschienene Buch von P. Beda Hernegger. Vielleicht ist vielen Christen noch gar nicht zum Bewußtsein gekommen, was die Kirche als die sichtbare Gemeinschaft der Getauften äußerlich im Laufe des letzten Jahrhunderts verloren hat. Sie ist in manchen Ländern wieder, um das Wort aus dem Apostelbrief zu gebrauchen, „Kirche in der Zerstreuung” geworden. Gewiß wird dort, wo die katholische Kultur noch nachwirkt und etwa die Kinder noch zum größten Teil religiöse Übungen mitmachen, selbst wenn die Eltern längst die religiöse Praxis nur mehr nachlässig üben oder ganz aufgegeben haben, eine ansehnliche Zahl von Kirchenbesuchern über die große Menge der Fernstehenden wie über die tatsächliche Wirklichkeit allzu leicht hinwegtäuschen. Außerdem steht eine große Zahl von Durchschnittschristen mehr unter dem Einfluß einer areligiösen Lebensanschauung, die zu einer fortschreitenden Paganisierung führt. Die erschütternde Feststellung, die vor einigen Jahren in Frankreich gemacht wurde, daß höchsten zwei bis drei Prozent am Leben der Kirche regelmäßig teilnehmen, gilt nicht nur für dieses Land, sondern in einem ähnlichen oder vielleicht etwas besseren Verhältnis auch von anderen Teilen Europas. Die Tatsache aber besteht, und auch hier bei uns in österreeich hat die Rückkehrbewegung nach 1945 bei weitem nicht die Zahl der in den Vorjahren Ausgetretenen auch nur annähernd eingeholt.

Es zeugt von der Lebenskraft der Kirche, daß über den konkreten und täglich drängenden Aufgaben, dem großen Ziel, die geistige und geistliche Gemeinschaft zu verbreitern, allenthalben große Aufmerksamkeit gewidmet wird. Verschiedene Aktionen und Versuche sind bereits unternommen worden. Es sei nur an die vorbildlich arbeitende JOC Frankreichs erinnert, die in ein Milieu vorzustoßen sucht, das der Kirche fast vollkommen verlorengegangen ist und neu gewonnen werden muß. Die erfreulichen Ergebnisse, die allerdings auch nicht zu optimistisch betrachtet werden dürfen, beweisen wenigstens, daß es an sidi überall möglich ist, im Geiste Christi zu wirken, wenn sich Menschen finden, die richtige „Menschenfischer”

Vom ewigen Bauerntum. Von Franz Braumann, Eine Natur- und Geistesgeschichte des Bauernlebens, österreichischer Agrarverlag, Wien.

Mit warmem Herzen, mit gutem Wissen und einer durchsichtigen Systematik zeichnet der Verfasser ein Bild vom Bauern. Auf dem verhältnismäßig kleinen Raum ist mit Geschick ein umfassender Stoffkomplex zusammengetragen: ein Grundriß der Bauerngesdiichte, eine Würdigung der Bauernarbeit, eine querschnitthafte Schilderung des Bauernlebens, der Bauernfamilie als des Grundelements bäuerlicher Soziologie (wobei man die Ausweitung dieses Kapitels auf Nachbarschaft und die Dorfgemeinschaft wünschte), eine Baucrn- psychologie unter dem Sammelnamen „Charakteranlagen” mit guter Zeichnung wesentlicher Züge des geistigen Antlitzes des Bauern. In diesem Kapitel findet sich auch ein kurzer grundsätzlicher Gedanke über die Religion im Bauernleben, richtig gesehen, aber dieser Grundtatsache doch zu wenig gerecht werdend., Unser Bauerntum lebte tausend Jahre aus Christentum und Kirche, sonst wäre es gar nicht dieses Bauerntum, Und wenn etwas uns das Recht gibt, vom „ewigen” Bauerntum zu sprechen, dann sind es die Quellen, die von dort her fließen. Anderenfalls müßten wir verzagen, wenn wir mit dem Verfasser einen „Weg in die Zukunft” suchen in dieser Zeit der Zersetzung des Bauerntums. Im ganzen ist das Buch zu begrüßen und geweckten Bauern in die Hand zu geben.

Landschule und ländliche Erziehung in Österreich. Von Dr. Ludwig Lang, österreichischer Bundesverlag, Wien 1948.

Mit diesem Buch hat der Herausgeber der Lehrerschaft auf dem Lande in Österreich ein Handbuch im wahrsten Sinne des Wortes gegeben, das mit größtem Freimut an da$ wichtigste Problem der österreichischen Schulerneuerung, die Neugestaltung des ländlichen Schulwesens, herantritt. In brennender Sorge um Erhaltung und Wiedererneuerung der gesunden Eigenständigkeit unseres Landvolkes und seines Kulturgutes wird dieses Problem — wie in vergangenen Jahrzehnten vereinzelt — diesmal umfassend der Schulbehörde, dem Lehrer und Erzieher, dem Voklsbildner zur Diskussion gestellt. Erfahrene Schulmänner aller weltanschaulichen und politischen Richtungen aus allen Ländern Österreichs wie auch Volksbildner konnten zu dem großen Fragenkomplex Stellung nehmen. Die aufgeworfenen Probleme und die Versuche von Lösungen greifen weit über Schule und Erziehung hinaus, da der heutige gesellschaftliche Umschichtungsprozeß des Landzu werden bereit sind. Hier wird auf eine Schwäche der christlichen Gemeinschaftsbestrebungen in Frankreich verwiesen: „Nicht dadurch, daß das Christentum möglichst den Ausdrucksformen des Milieus angepaßt und inkarniert wird, können die Arbeiter, die anderen sozialen Schichten gewonnen werden. Dieses Prinzip der Inkarnation kann zur Gefahr werden und zu einem reinen Naturalismus führen, denn welches Kriterium hat man, daß man im Bemühen um die Anpassung an die Massen nicht zu weit geht und dadurch das’Christentum selbst verrät?” (S. 78). Man ist sich in Frankreich selbst dieser Gefahr bewußt geworden, indem man gleichsam einen Gegenpol in dem „Mouvement Populaire des Familles,, (MPF) schuf. Ausgehend von der Erkenntnis, daß durch das Fehlen wahrer Gemeinschaftspflege insbesonders die Familie leidet, schlossen sich die Familien der jeweiligen Stände eines Stadtviertels zu gegenseitiger Hilfe und religiöser Unterweisung zusammen. Die christliche Familie soll das Fehlen der religiösen Kräfte in der Öffentlichkeit weitgehend ersetzen und im weiteren Kreis die christliche Atmosphäre schaffen. Vorbild hiefür bildete die Organisation der amerikanischen Katholiken.

In die Richtung der Gemeinschaftsarbeit und einer neuen christlichen Gemeinschaftsbildung weisen die Bestrebungen der Bewegung „Regnum Christi”. Die Gemeinschaftsbildung soll eben jenes wirksame Seelsorge- und Apostolatsmittel werden, das dem inneren Wesen des christlichen Daseins entspricht und eine wirkliche Einheit zu schaffen vermag. Am vorbildlichen Gemeinschaftsleben der Urchristen, wie es in der Apostelgeschichte dargestellt wird, sollen auch heute wieder die „Hausgemeinschaften” entstehen, die zu fördern sich die Arbeitsgemeinschaft „Regnum Christi” zum Ziel gesetzt hat, als sie 1934 in Laibach gegründet wurde. Sie ist keine Organisation im üblichen Sinn, sondern ein loser Arbeitskreis, der sich aus Priestern und Laien zusammersetzt. In einem Sekretariat werden die bisherigen Erfahrungen gesammelt, verwertet und weitfirgegeben.

Das vorliegende Budi ist seit mehr als einem Jahrzehnt das eiste sichtende Zeugnis dieser Bewegung. Es vermag zu vielen notwendigen Aufgaben wertvolle Anregungen zu geben, aber darüber hinaus fordert es große Tat der gesamten christlichen Gemeinschaft. Dazu bedarf es nicht nur des Lesens und Hörens, sondern des gestaltenden Handelns.

Volkes mit all seinen Auswirkungen berücksichtigt wird. Eine wertvolle Ergänzung bilden die Statistiken des Landschulwesens und die Über- sidn über die seit 1945 in Österreich über Landschulwesen erschienene Literatur. Der ländliche Lehrer und Erzieher ist dem Herausgeber für das “Handbuch zu großem Dank verpflichtet. In der pädagogischen Literatur ist es eine sehr wertvolle Neuererscheinung und bietet für alle an ländlicher Volksbildung und an der Erhaltung und Wiedererneuerung eines gesunden Landvolkes Interessierten gediegene und aufschlußreiche Gedanken.

Thalatta. Der Weg der Griechen zum Meer. Von Albin Lesky. Verlag Rohrer, Wien.

Die für’ die Seelenhaltung eines Volkes ‘charakteristischen Züge m beschreiben, mag leicht scheinen, weil man dabei ohne viel Mühe zu Verallgemeinerungen gelangen kann, ist aber schwer lind vielleicht überhaupt nur mit Einschränkungen ausführbar, wenn auf eine ausreichende Begründung der Behauptungen Wert gelegt wird. Lesky hat in seinem Buch die Rolle eines bestimmten Erlebnis- und Gedankenkreises im Gebiet des griechischen Geistes verfolgt und ist dabei zu Ergebnissen gelangt, die, zumal in seiner packenden Darstellung, aufschlußreiche Einblicke in dessen Eigenart gestatten. Den stärksten Eindruck macht wohl das Kapitel „Utes heroische Meer des Epos” mit seiner feinen Andeutung homerischer Ausdrücke und Vergleiche. Aber nicht nur hier, sondern auch in den Kapiteln über die Lyriker, die Tragiker, das heißt über die Glanzzeit der athenischen Seegeltung, und über den Hellenismus sind nüchterne philologische Untersuchungen zu feingeschliffenen Darstellungen der künstlerischen und seelischen Eigenart geworden. In den Abschnitten „Meergötter und Meermythen” und „Okeanos” werden mythologische Analysen in der fruchtbarsten Weise der Hauptaufgabe des Werkes dienstbar gemacht. Nicht minder versteht es Lesky, aus der kunstgeschichtlichen Erforschung der kretischen und mykenischen Kultur reiche Aufschlüsse für seinen Gegenstand zu gewinnen. Aus den nicht nur gründlich, sondern auch im besten Sinn anregend geführten Untersuchungen ergibt sich, daß bei den Griechen, die nicht von Haus aus ein Seeyolk waren, sondern das Meer erst nach ihrer Einwanderung in den endgültigen Wohnsitzen kennenlernten, das Erlebnis des Meeres nie so viel bedeutete wie etwa bei den skandinavischen Völkern. Nichtsdestoweniger aber haben sie mit der ihnen eigenen Klarheit des Blickes aus den Gegebenheiten nicht nur praktischen Nutzen gezogen, sondern auch einen Reichtum des Erlebens gewonnen, der in der ganzen europäischen Geistesgeschichte nachgewirkt hat.

An der Eisenwurzen. Geschichten. Von Dolores Vieser. Verlag Joh. Leon sen., Kla- genfurt. 174 Seiten.

Die Kärntner Dichterin des „Singerlein”, des „Gurnitzer” und der „Hemma von Gurk” legt uns nach ihren Romanen diesmal einen Band Geschichten vor aus der Gegend um Hüttenberg, ihrer Geburtsheimat, im hintersten Görtsdiitztal. Geschichten von Kindern und von Alten, die, schon wiederum Kinder, „im Vorhof des Paradieses” leben, Männer- und Frauenschicksale von einst und jetzt, aus Heimat und Fremde, die zuletzt wieder in die Heimat münden. Geschichten in ihrer körnigen, saftvollen, mundartlich getönten Sprache und von einer Leuchtkraft des dichterischen Bildes, so bunt und frisch funkelnd wie Bauernblumen im Morgentau. Geschichten zu Lob und Dank des einfachen Lebens und der kleinen Leute, die Gott am nächsten stehen. Uni von der feinsten Charakterisierungskullst. Unvergeßlich die beiden „Hamsterer”-Buben, die beinahe im Schnee umgekommen wären; das verliebte „Rappele” (Kabinettstück des Bandes!); cįje sauerampfige alte Jungfer „Tante Lisi” und ihr kleiner, verwaister Wiener Neffe und Sommergast Peperl, zu dem sie dann Seppl sagen mußte, als er bei ihr auf dem Lande verblieb; die blutjunge Dienstmagd Veronika (der „Heimkehr”), die sie draußen in der bösen, harten Welt fast verdorben hätten; die Nonne Angela, die „arme, alte Gartenschwester” und letzte Klarissin von St. Veit. Das Köstlichste an dem Buche ist endlich das sanfte Licht des Glaubens, das Menschen und Dinge wie aus milder Ampel bestrahlt, und seine Herzensweisheit, „daß himmlische Liebe schwerer und süßer ist als alle irdische Zärtlich keit”. Das sehr sorgfältig ausgestattete Buch, dessen Einbandschmuck Prof. Lobisser besorgte, ist ein rechter Hausschatz und gehört in alle Volksbüchereien.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung