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Andrzej Stasiuks Reiseskizzen erzählen vom anderen Europa.

Billardlokale in Albanien, Soldatenfriedhöfe in Polen: Andrzej Stasiuk liebt es zu reisen - in die äußere Wirklichkeit wie in die innere. In seinem neuesten Buch "Fado" finden sich subtile Beobachtungen und Reflexionen eines obsessiv Reisenden, der unterwegs ist in Gegenden, die von Touristen eher selten besucht werden.

Seine "Reiseskizzen" genannten Erzählungen sind gleichzeitig auch Reisen in die Literatur Osteuropas und ein Nachdenken über archaische Landstriche, die noch wenig mit der Europäischen Union zu tun haben. Die Quelle seiner Bücher ist das Erleben, das sich im Schreiben intensiviert: Stasiuk reist und lebt doppelt, als Schreibender. Im Schreiben kombiniert er die Nüchternheit des Erkennens mit der Leidenschaft des Ergriffenen, dessen, der etwas sucht und verteidigt, was in den gängigen Diskussionen um Ost und West und EU-Erweiterung gar nicht thematisiert wird: die Menschlichkeit. So ist sein Schreiben auch der Versuch, ein wenig menschliche Wärme spüren zu lassen, die nichts mit Sentimentalität zu tun hat.

Stasiuk wird sanft, wenn er über Bauern schreibt. Aber zornig und polemisch, wenn er EU-Europa in den Blick nimmt. Der in den Karpaten lebende Stasiuk zieht eine klare Trennlinie zwischen der westeuropäischen Langeweile und dem osteuropäischen Existieren. Er diagnostiziert unsere Langeweile als eine Krankheit, die ihn abstößt. Übrigens eine ansteckende Krankheit, wie er meint, die gerade dabei ist, "seinen" Osten zu infizieren, begleitet von den "schalen" Vergnügungen des Kapitalismus, des Konsums, des Besitzenwollens.

In "Fado" öffnet Stasiuk Räume, er lüftet Europa, ein frischer Wind weht aus dem Osten. Er malt mit Worten stimmungsvolle Miniaturen, mitfühlend, und zugleich distanziert bleibend. Ein Dichter, der essayistisch schreibt: konzentriert genug, dass man sich beim Lesen ein wenig anstrengen muss, und gleichzeitig luzide genug, um dabei Vergnügen zu haben.

Fado

Reiseskizzen von Andrzej Stasiuk

Aus dem Poln. von Renate Schmidgall

Suhrkamp Verlag, Frankfurt 2008

160 Seiten, kart., € 9,80

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