Ein Gespräch wir sind

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Burgenlands katholische Kirche lässt sich aufs Gespräch mit der Kunst ein. Ein exzeptioneller Band gibt engagiert Zeugnis davon.

Seit ein Gespräch wir sind": Dieses Hölderlin-Zitat stellt Herbert Muck, der im Burgenland lebende Emeritus für sakrale Kunst an der Akademie der bildenden Künste in Wien, an den Beginn seines Essays über den notwendigen Dialog zwischen Kirche und Kunst. Auch wenn sich die Notwendigkeit genau dieses Gesprächs längst herumgesprochen hat: Selbstverständlich ist es noch lange nicht.

Umso mehr ist der reich bebilderte Band mit dem Titel "Seid ein Gespräch - wir sind", der von der Diözese Eisenstadt herausgebracht wurde, und zu dem Muck obigen Essay beiträgt, zu würdigen. Der Eisenstädter Bischof Paul Iby zitiert darin Joseph Beuys' Wort: "Der Mensch muss lernen, sich über seine Wirklichkeit zu erheben", um daraus zu folgern, dass es gerade in der Gegenwartskunst um "Erhellung" gehe. Iby: "Sowohl in der Kunst als auch in der Theologie geht es darum, an den äußersten Rand der Existenz zu treten, dort, wo Gotteserfahrung möglich werden kann. Zeitgenössische Kunst findet ihr Gegenüber in der spirituellen Suche."

"Dialog für Burgenland"

Das - im ureigentlichen Wortsinn - Kunst-Buch "Seid ein Gespräch - wir sind" ist ein Produkt des "Dialogs für Burgenland", den Bischof Iby dem innerkirchlichen "Dialog für Österreich" nachfolgen ließ, und der Ende letzten Jahres abgeschlossen wurde. Während der gesamtösterreichische Kirchen-"Dialog" sich nach 1998 verlief, versuchte Österreichs östlichste Ortskirche, im eigenen Bereich einer dialogbereiten Kirche des weit offenen Blicks Raum zu geben.

Ein Gespräch, das sich nicht nur auf die aktuelle kirchliche oder gesellschaftliche Situation beschränken kann, sondern das die Auseinandersetzung mit Kunst selbstverständlich mit einschließt. Und ein Gespräch, das ohne Vorbedingungen und ohne kirchliche Vereinnahmungsversuche zu führen ist - wenngleich (siehe obiges Zitat von Bischof Iby) Berührungspunkte zwischen Gottsuchern und Künstlern durchaus offen liegen.

Solchem Zugang weiß sich auch der (Bild-)Band "Seid ein Gespräch - wir sind" verpflichtet, wobei das Besondere daran ist, dass hier Kunst als vielgestaltige, wenn nicht umfassende Schau - präsentiert wird: bildende Kunst, Fotografie, Literatur, Musik - letztere in Form einer beiliegenden cd. Das Burgenland im Besonderen und der pannonische Kulturraum im Allgemeinen hat als Grenzland wie als Ort der Grenzüberschreitung auch in den letzten Jahrzehnten auf Künstler - Ansässige wie Zugereiste - Anziehungskraft ausgeübt. Auch dem trägt "Seid ein Gespräch - wir sind" Rechnung. Folgerichtig, dass zusätzlich Künstler(innen) aus benachbarten Regionen - Kroatien, Slowakei, Slowenien, Ungarn - mitmachten.

Bei den im Band präsentierten bildenden Künstlern fehlen weder die Altmeister der Bildhauerei Karl Prantl (mit einer "Ikonostase" betitelten Granitfigur) und Wander Bertoni (Jubiläumssäule 70 Jahre Burgenland), beide seit Jahrzehnten künstlerische Aushängeschilde des Landes noch Altvordere der Malerei wie der Ungar Vilmos Czétényi, der Südburgenländer Feri Zotter oder die 2003 verstorbene Ordensfrau und Aquarellmeisterin Elfriede Ettl mit ihrer gemalten Naturbetrachtung "Erde" aus 1989. Daneben bestehen Künstler jüngerer Generationen wie Birgit Sauer mit den überdruckten Gesichtsdarstellungen "left" oder der Slowake Ladislav MareÇs dessen "Kühle Entscheidung" mit satten Blau-Gelb-Schwarz-Tönen besticht.

Ein eigener, von Dieter Schrage eingeleiteter Abschnitt ist der Fotografie gewidmet, auch hier sind unterschiedliche künstlerische Zugänge sowie Mischformen zur Malerei dokumentiert, darunter ein Blatt aus Josef Bernhardts "Serie Bischof Iby" (Bild unten).

Im ersten Teil des Kunstbandes sind literarische Texte zusammengestellt, Kurzprosa und Gedichte, auch hier bekanntere Namen wie der Burgenländer Manfred Chobot oder die slowakische Dichterin Mila Haugová. Daneben bietet der Band Kleinod-Entdeckungen wie zwei Gedichte des Pressburger Autors Marián Hatala: Das eine ist die Paraphrase über eine Aufschrift, die Hatala in einer Pension in Deutschland entdeckt hat, und die lautet: "Rauchen Sie nie im Bett! / Die Asche auf dem Boden / könnte Ihre eigene sein!" Das zweite Gedicht über seinen neu geborenen Sohn (siehe links) ist überhaupt das literarische Highlight des Buches; dass er von Reiner Kunze ins Deutsche übertragen wurde, adelt diesen Text zu Recht.

Keineswegs nur reagieren

Unkonventionell, dass solch ein Buch durch eine cd mit Werken zeitgenössischer Komponisten der Region komplettiert wird, ein wenig im Widerspruch zu den anderen, keineswegs als "religiös" im engeren Sinn verstandenen Beiträgen, ist hier bloß "Musik im sakralen Raum" zusammengestellt.

Herbert Muck macht in seinem Einleitungsessay den kirchlichen Partner dieses Kunst-Gesprächs darauf aufmerksam, dass "entschieden Abstand zu nehmen" sei von dem, was nur "auf Reagieren angelegt" ist, "was eigener Gegenleistung nicht bedarf". Kunst brauche, so Muck, vielmehr eine "responsorische" Gegenleistung. Dies meint ein "eingehenderes Antworten", also etwas Aktives - also genau das, was auch der Begriff "Dialog" ausdrücken will.

"Seit ein Gespräch wir sind": Dieser vom 2002 verstorbenen Philosophen Hans-Georg Gadamer in den Kulturdiskurs eingebrachte Hölderlin-Ausspruch ist auch für den Dialog zwischen Religion und Kunst das Motto. Der burgenländische Kunst-Band, dessen Titel sich ans Hölderlin-Zitat anlehnt, kann als engagiertes Beispiel dafür gelten.

SEID EIN GESPRÄCH - WIR SIND Hg. von Bernhard Dobrowsky, Julius Koller, Ana Schoretits, Barbara Tobler, Alexander Unger. Verleger: Diözese Eisenstadt, ISBN 3-900120-03-X, Eisenstadt 2004. 192 Seiten mit zahlr. farb. Abb., und einer CD. e 24,-

Zu beziehen bei: Büro für Kommunikation und Information der Diözese Eisenstadt, St. Rochusstraße 21, 7000 Eisenstadt, Tel. 02682/777-351 www.kath-kirche-eisenstadt.at

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