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Ein Weltreisender in Sachen

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Der durch sein Werlt zum Ur-Österreicher gewordene Dietmar Grieser feiert seinen 60. Geburtstag.

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Der durch sein Werlt zum Ur-Österreicher gewordene Dietmar Grieser feiert seinen 60. Geburtstag.

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Als Motto über Dietmar Griesers Schaffen könnte Gotthold Ephraim Lessings berühmtes Sinngedicht stehen: „Wer wird nicht einen Klopstock loben? Doch wird ihn jeder lesen? - Nein. Wir wollen weniger gelobt und fleißiger gelesen sein." Und gelesen wird er: Sein letztes Buch über die Inspiration österreichischer Künstler durch die Kulturlandschaft des Salzkammergutes „Nachsommertraum" ist mittlerweile in der dritten Auflage und hielt sich 30 Wochen auf sämtlichen Bestsellerlisten. So haben auch seine zahlreichen Leserinnen und Leser, wie er in einem FURCHE-Interview einmal (Nr. 45/1991) sagte, „meinem Leben eine neue Richtung gegeben".

Angefangen hat alles nämlich ganz anders, als er am 9. März 1934 in Hannover als drittes Kind des Studienrates Emil Grieser und dessen Frau Elisabeth in Hannover zur Welt kam. Es gibt zwar Tiroler Vorfahren der Familie Grieser, doch war ihm die Liebe zur österreichischen Kultur nicht unbedingt in die Wiege gelegt worden. Seine Ausbildung am Naturwissenschaftlichen Gymnasi Grieser sucht jenes Tell-stück, In dem der Rohstoff durch Kreativität zur Literatur wird um Zweibrücken hätte einen anderen Lebensweg erwarten lassen. Seine Sprachbegabung hingegen fiel bereits in der Schule auf und vrarde auch mit einem Preis ausgezeichnet. Ein einjähriges Volon-tariat in der Redaktion des „Pfälzischen Merkur" wies dann bereits den (Berufs-)Weg.

Keine gute Erinnerung hat Grieser an sein erstes und einziges Semester, in dem er Germanistik studierte. Seine Art, sich mit Dichtern zu beschäftigen, unterschied sich sehr von den akademischen Analysen, mit denen er bis heute wenig anfangen kann. Umgekehrt profitierte die Literaturwissenschaft von seinen Recherchen (auch wenn sie das nicht gerne zugibt). Man braucht nur an den mittlerweile in siebenter Auflage erscheinenden „Longseller" „Eine Liebe in Wien" zu denken, in dem er die Liebschaften österreichischer Künstler wie zum Beispiel Peter Altenberg, Richard Beer-Hofmann, Gustav Klimt, Egon Schiele, Arthur Schnitzler oder Georg Trakl unter die Lupe nahm. Mit Recht ist er stolz darauf, durch dieses Buch viele Menschen auch für die Werke dieser Künstler interessiert zu haben.

Daß er zum hterarischen Spurensucher wurde, verdankt er sicher auch seinem journalistischen Gespür. Dieses entwickelt er während seines Studiums der Publizistik und Sozialvrissenschaft an der Universität Münster und München. Der „Zug nach Süden" treibt ihn aber noch weiter, sodaß er im Herbst 1957 für ein Gastsemester in Wien inskribiert. Zu diesem Zeitpunkt rechnet er noch nicht damit, daß er hier „picken" bleiben wird. Geht es um Gold-medailhen oder um Management, ist es leicht, österreichischer Staatsbürger zu werden, für „Kul-tur"-Menschen aber nicht. Grieser wird erst 20 Jahre nach seiner Übersiedlung in die Wahl-Heimat Wien die österreichische Staatsbürgerschaft verheben.

Bis es soweit war, war der Name Dietmar Grieser schon zum Markenzeichen für genau recherchierte, literarische Spurensuche geworden. Mit dem 1973 erschienenen Band „Von Schloß Gripsholm zum River Kwai" hatte er den Durchbruch geschafft. Es folgten die ersten Bestseller „Schauplätze der Weltliteratur" und „Schauplätze österreichischer Dichtung". Noch 1985, anläßhch des 100. Geburtstages von Franz Theodor Csokor, sucht er das Vorbild für das Rekonvaleszentenheim aus dem „3. November 1918" und findet es - ganz woanders als er gesucht hatte. Lange vermutete Grieser jenen „Edelweißhof’, in dem das Häuflein, aus allen Teilen der Monarchie stammender Armeeoffiziere das Ende des Vielvölkerstaates erlebt, in den Karawanken. Tatsächhch war eine von Csokors Mutter erworbene, von der Armee konfiszierte und zum Lazarett umgewandelte Villa in Mödling das Vorbild.

Das ist nur ein Beispiel für Griesers akribische Arbeitsweise, die sich in allen seinen Büchern spiegelt. Es ist deshalb für jeden Lektor oder Redakteur eine helle Freude, einen Text von ihm zu bekommen; und das nicht nur wegen des stets lesenswerten Inhalts, sondern vor allem auch aufgmnd der sprachlichen Präzision, der grammatischen Stimmigkeit und der orthographischen Genauigkeit seiner Manuskripte.

Hinter dem Ejfolg des mit dem Eichendorff-Literaturpreis, dem Donauland Sachbuchpreis, dem Professorentitel und anderem ausgezeichneten Autor steckt also eine Menge harter Arbeit, von der wir hoffen, daß Dietmar Grieser sie noch lange leisten wird.

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