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eine Zone der personalen Freiheit

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geben im Bereich des Wirtschaftlichen, der Gemeinschaftsbildungen, der Schaffung der Kulturgüter, des Religiösen, des Christlichen, gleichgültig ob diese Bereiche im einzelnen, rein für sich betrachtet, auch ohne solche Einräumung der Freiheit genügend funktionieren können oder nicht.“ Und die zweite: „Freiheit personaler, selbstveranworte- ter und in ihren Folgen selbst zu tragender Entscheidung ist ein höherer, weil personalerer Wert als die materielle Sicherheit der physischen Existenz als solcher. Die Flucht aus der Freiheit in die Sicherheit bloß vitaler Sekurität ist unsittlich.“ Und die dritte: „Anarchistische Freiheit und absoluter totalitärer Zwang verkennen in gleicher Weise das Wesen und die Würde der menschlichen Person und Freiheit." Und daraus die vierte: „Freiheit der politischen Gestaltung kann nur denen eingeräumt werden, die sie auch anderen zuerkennen, darum kann gegen Feinde der demokratischen Freiheit mit Zwang vorgegangen werden.“ Und endlich: „es gibt auch . eine erzieherische Einschränkung des Freiheitsraumes zur Befreiung der Freiheit“, denn, wie es Papst Pius XII. einmal ausdrückt, „es gibt für den Menschen nur die Freiheit zum Wahren und Guten, eine Freiheit, die mit dem Gemeinwohl jedes Einzelvolkes und der ganzen großen Völkerfamilie im Einklang steht. Dieser Freiheit ist die Kirche stets eine Künderin und Verteidigerin gewesen.“ In diesem Sinne machen wir uns vor aller Welt das Wort zu eigen, das schon vor eintausend und fünfhundert Jahren die Bischöfe der katholischen Kirche der Staatstyrannei der römischen Kaiser entgegenriefen: „Es gibt darum keinen anderen Weg, aus der Wirrnis zu gefestigter Ruhe und aus der geistigen Zerrissenheit wieder ins Gehege des Friedens zu gelangen, als diesen einen: jedem Untertan, ohne daß er unter dem ständig drohenden Druck der Gesinnungssklaverei steht, die volle und ganze Freiheit der Lebensführung zurückzugeben.'

Nun haben wir das Gloria von der Freiheit vor unserem Confiteor gesungen. Kehren wir drum am Ende an den Anfang zurück und sprechen wir demütig das Schuldbekenntnis unserer mißbrauchten Freiheit. Wir Katholiken eines immer noch demokratischen Staates, die wir die Freiheit haben, uns hier festlich zu versammeln, fragen uns selbst: Was haben wir getan, damit das Salz der Freiheit in unserer Heimat nicht schal wird? Sind nicht wir, wir selbst, schal geworden? Unfreie unserer Sinne im Raffen und Gieren, Unfreie unserer politischen Machtgefühle, Unfreie unserer geschäftlichen Ichsucht? Man glaubt uns unsere Botschaft von der Freiheit nur widerwillig, wenn man auf unser Leben sieht. Denn man kann sich nicht mehr allenthalben im Lande auf die Integrität unseres katholischen Gewissens verlassen, das unkontrolliert, einfach unter dem Blick des pflichtheischenden Gottes sein Werk tut. Das Gericht über den Staat fängt bei uns an. Es gibt auch eine Kloake der Geschichte, und in die werden die Völker geworfen, deren christliches Salz schal geworden ist. Das wollen wir hier feierlich und tiefgebeugt bekennen. Aber dann richten wir uns auf und sagen es mutig: Österreichs Geschick ruht auf den Männern Gottes. Sonst hätte Papst Pius XII. auch von unserem Staat gesprochen, als er mit einer geradezu seherischen Beschwörung das Zerrbild einer im Mißbrauch der Freiheit verkommenen Demokratie entwarf mit den Worten: „In welchem Gegensatz zum Idealbild demokratischer Freiheit und Gleichheit in einem von ehrenfesten und umsichtigen Händen regierten Volke steht das traurige Schauspiel eines demokratischen Staates, der der Willkür der Masse ausgeliefert ist! Die Freiheit, obgleich eine persönliche sittliche Pflicht, verwandelt sich in einen tyrannischen Anspruch auf ungehemmte Befriedung menschlicher Gier und menschlicher Triebe zum Schaden für die anderen. Die Gleichheit entartet in geistlose Gleichmacherei, in eintönige Gleich-

Schaltung. Sinn für wahre Ehre, persönlichen Einsatz, Achtung vor Überlieferung, Würde, mit einem Worte alles, was dem Leben seinen Wert verleiht, geht allmählich unter, übrig bleiben nur auf der einen Seite die vom Zauber einer scheinbaren Demokratie getäuschten Opfer, einer Demokratie, die sie arglos mit dem Geiste der Demokratie, mit Freiheit und Gleichheit verwechselt haben, auf der anderen Seite die mehr oder minder zahlreichen Gewinner,

die es verstanden haben, mit der Macht des Geldes oder der Organisation sich eine bevorzugte Stellung, ja die Gewalt über die anderen zu sichern."

Das Confiteor und das Gloria sind gesprochen. Nun mag die hohe Messe dieser Tage ihren Gang nehmen bis zur Wandlung der Herzen und der Commu- nio der katholischen Gemeinschaft. Wenn dann der Abgesandte des Heiligen Vaters im heiligsten Augenblick des Katholikentagei; am Altar auf dem

Heldentor, dort, wo immer noch die ehernen Worte stehen: „Gerechtigkeit ist das Fundament der Staaten", den heiligen Leib des Herrn emporhebt, dann knien wir nieder, und mit uns das ganze katholische Österreich, und bekennen: Nur in der Treue zu Gottes Gesetz, nur in der Liebe, die Christus verkündet hat, nur in der Gemeinschaft der Kirche, wird unserem geliebten Österreich gewahrt die Freiheit und Würde des Menschen.

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