Einsamer Rufer in der Wüste

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Andreas Zumach warnt vor der Militarisierung der Außenpolitik - nicht nur in den USA, sondern auch in der EU.

Dies ist ein bedeutsamer Schritt nach vorn in den internationalen Bemühungen, den Iran zu isolieren", erklärte der amerikanische Vizeaußenminister Nicholas Burns. Seine Zufriedenheit gründet sich auf die Resolution 77, die der Gouverneursrat der internationalen Atomenergiebehörde am 24. September diesen Jahres beschlossen hat.

Damit wuchs die Wahrscheinlichkeit, dass der "Fall Iran" im Herbst vielleicht doch in den uno-Sicherheitsrat kommt; also genau dorthin, wohin ihn die usa schon lange haben wollen, damit sie die politische Eskalation mit dem Iran weiter betreiben können.

Nicht USA, sondern EU

Überrascht konnte man sein, dass der Resolutionsentwurf, der ursprünglich noch viel schärfer formuliert war, nicht von den usa, sondern von der eu in den Gouverneursrat eingebracht worden war. Hatte sich das eu-Verhandlungstrio aus Großbritannien, Frankreich und Deutschland doch immer als Alternative zur us-Strategie der Eskalation präsentiert - besonders im deutschen Bundestagswahlkampf!

Wer aber das neue Buch von Andreas Zumach liest, der muss sich freilich nicht wundern: Bereits im März sei die eu auf die "harte Linie der usa eingeschwenkt", analysiert Zumach die Verhandlungsstrategie der Europäer. Eine Alternative wären die Europäer nur gewesen, wenn sie eine Nichtangriffsgarantie der Amerikaner im Gepäck gehabt hätten. Stattdessen hätten sie die Argumentation der us-Administration übernommen, wonach Kontrollen, die der Atomwaffensperrvertrag vorsieht, nicht ausreichend seien. Zumach meint dazu mit Recht: "Diese Haltung läuft in der Konsequenz auf eine grundsätzliche Absage an den Atomwaffensperrvertrag hinaus."

In seinem neuen Buch geht der in Genf tätige uno-Korrespondent Andreas Zumach den Kriegen und Kriegsplänen auf der "Achse des Bösen" nach: Irak, Iran, Nordkorea. Wer zu aktuellen Entwicklungen schreibt, muss damit rechnen, schnell überholt zu sein, es sei denn, seine Analysen nehmen die folgende Entwicklung vorweg. Genau das gelingt Zumach, wie nicht nur seine Analyse zum "Fall Iran", sondern auch zur Reform der uno zeigt.

Ernüchternd

Zumachs Rückblick auf die Lügen, die zum Irak-Krieg führten, ist ernüchternd, weil man es schon vor dem Krieg besser wissen konnte, aber in der Mehrheit nicht besser wissen wollte: Zumach veröffentlichte in den Monaten vor dem Krieg in der Berliner tageszeitung geheimgehaltene Papiere, die nahe legten, dass der Irak keine Massenvernichtungswaffen habe, aber von europäischen und amerikanischen Firmen mit allerlei Rüstungsgütern versorgt worden sei.

Dramatischer aber noch als die geheimen Dokumente sind die öffentlich zugänglichen: Nicht nur die USA haben mit ihrer Nationalen Sicherheitsdoktrin vom September 2002 den Präventivkrieg offiziell zum Bestandteil ihrer Politik erklärt, auch die EU stößt ins selbe Horn: Die Planungen einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der eu sehen der us-Politik zum Verwechseln ähnlich: Eine gemeinsame eu-Eingreiftruppe wird aufgebaut, mit der man nicht nur humanitär intervenieren, sondern auch "Regionalkriege zur Verteidigung europäischer Interessen" führen will. Zu den europäischen Interessen gehöre auch die "Ölversorgung". Das steht bisher in Planungspapieren, aber Truppen unter eu-Kommando sind schon in vielen Einsätzen unterwegs. Man ist noch in der Übungsphase. Eine Diskussion darüber findet in den Ländern der eu kaum statt.

Zumach erteilt dieser Militarisierung der eu-Politik, um mit den usa gleichzuziehen, eine Absage. Er setzt auf eine Stärkung multilateraler Abkommen im Rahmen der uno, auch ohne Zustimmung der usa - also ein Vorpreschen einer "Koalition der Multilateralisten". Beispiele sind für ihn der Internationale Strafgerichtshof und das Kyoto-Protokoll, dem sich nach und nach doch sehr viele Länder angeschlossen haben. Durch diese "Isolation der usa" würde sich die Politik dort vielleicht ändern, hofft Zumach. Bleibt die Frage: Bei welcher "Isolierungskampagne" wird die eu mitmachen?

Die kommenden Kriege

Ressourcen, Menschenrechte, Machtgewinn - Präventivkrieg als Dauerzustand?

Von Andreas Zumach. Verlag Kiepenheuer und Witsch, Köln 2005

224 Seiten, kart., e 9,20

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