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R. P. Gruber will gegen die Poesie argumentieren.

Reinhard Peter Gruber war sozusagen bis gestern ausschließlich als (Prosa-)Schriftsteller bekannt. Nun ist er mit dem Band "Zweimal 100 Gedichte gegen Gedichte" auch zum Dichter geworden, nicht ohne die Dichter programmatisch aufzufordern, "Werdet endlich / Schriftsteller!"

Gedichte sind, wie der Neo-Dichter doziert, alles: Schön, berührend, witzig, traurig und manchmal sogar poetisch. "Vielleicht sind Gedichte", schreibt Gruber, "so etwas wie / ein Herumfuchteln in der Luft." Auch sind sie ständig irgend jemandem gewidmet. Jedenfalls gibt es um diese "kleine Form" einiges Getue, das R. P. Gruber offenbar gehörig auf die Nerven gegangen ist, weshalb er jetzt in seinem Gedichtband Klartext reden muss. Klartext heißt bei ihm, dass diese Literaturform von traditionellem Ballast bereinigt, entschlackt und auf das Allernotwendigste reduziert wird.

Gruber will Argumente gegen die Poesie liefern, und zwar in Gedichtform, wobei er es sich nicht leicht macht: Er unternimmt einhundert und dann noch ein zweites Mal einhundert Anläufe mit Gedichten gegen Gedichte, ermattet als exklusiver Romanschreiber und Erzähler aber vorzeitig, und zwar nach dem "Gedicht Einhundertsechsundsechzig". Seine letzten Verse lauten nämlich "Gedicht Einhundertsiebenundsechzig bis Zweihundert: schenken wir uns."

Davor bringt R. P. Gruber, dessen Gedichtband mit Bestimmtheit wie viele andere seiner Bücher zum Seller wird, einige Argumente ins Spiel: "Das Gedicht ist das / Letzte, was der Mensch / braucht." Es ist nicht bescheiden, sagt er, sondern penetrant. "Gedichte sind kleine Fürzchen!" Auch gäbe es keine bedeutende Versifikation über Graz. Vielleicht ist es seit Grubers "Gedicht Dreißig" anders. Nach diesem Stadtgedicht meint er apodiktisch: "Ein Gedicht ist eine Landplage." Durch das "Jandeln" sei das Gedicht zum "Wortgefetz" geworden und Thomas Bernhards Poeme seien zum Erbrechen schlecht. Jedenfalls sei ihm das kurze Gedicht lieber, weil es schneller vorbei ist. Überhaupt sei an allem Alfred Kolleritsch schuld, "der beim / Gedichtschreiben keine Skrupel / hat. Eins nach dem andren / schreibt er." Und schließlich: "Jeder, der nicht / dichtet, ist / ein Segen für die Menschheit." Kein Mensch warte auf ein Gedicht. Philosophisch, rhetorisch oder gruberisch lautet die entscheidende Gedichtfrage: "Wie wärs mit einer Welt / ohne Doppeldeutigkeiten / ohne Poesie und Gedichte?"

Vielleicht ist überhaupt das "Gedicht Neunundfünfzig" die Lösung: "Heute habe ich ein Gedicht mit / einem Fliegenklatscher erschlagen. / Die Fliege war auch dabei. / Das nennt man: Zwei Fliegen / auf einen Schlag."

Jedem, der es wirklich wissen will, sei das "Gedicht Dreiundsechzig" empfohlen. Dort wird man alles über Poesie und Poeten nachlesen können. Und trotzdem hat der Dichter R. P. Gruber recht, wenn er schreibt: "Rilke bleibt Rilke." Auch nach Gruber.

Zweimal 100 Gedichte gegen Gedichte

Von Reinhard P. Gruber

Literaturverlag Droschl, Graz 2004

80 Seiten, brosch., e 11,50

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