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Es gehört sich schon...

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... einmal oder zweimal im Jahr in den Wiener „Simpl“ zu gehen, selbst wenn man dort nicht Erbauung oder sittliche Festigung im eigentlichen Sinn des Wortes erfährt. Die Welt, deren heiter-ironischer Abglanz in diesem Kabarett geboten wird, ist keinesfalls die Welt, „wie sie sein soll“, aber sie ist die, die sie eben einmal im Bewußtsein der meisten unserer Zeitgenossen... ist. Karl Farkas fühlt steh nicht berufen, das schon seit geraumer Zeit aus den Fugen gegangene Jahrhundert wieder einzurenken, auch wenn er sein neues Programm „Gehört sich das?“ nennt, aber er setzt den ganzen Charme, die ganze echte, weil nie in die große Phrase ausweichende Güte seiner Persönlichkeit dafür ein, sie wenigstens menschlicher und erträglicher zu machen, seinen allabendlichen Gästen zu zeigen, daß man auch heute nicht unbedingt geschmacklos, taktlos und brutal sein muß, wenn man sich in dieser fragwürdigen Welt zu bewegen hat. Und 'las gibt seinen Conferencen jenen unmerklich-unaufdringlichen Zug ins Heitere und damit Weise. Sein Ensemble illustriert diese Welt mit allen Nu“mäöf laii^u ö h im,mwmfr*iw^Mi?'

: wähdMhgsfähigen Humor, Fritz M ui i rr mit der MhrfF eigenen1“ karikat!äriiHscheiw%egaBöri BiTr Hruschka vom gemütvoll-grantigen, Ossy Kolmann vom aggressiv-stänkerden Wienertum her. Elly N a s c h o 1 d (in ziemlichem Abstand von Iris von C r a m o n, Gina B a r d a s, Liesl Schwarz gefolgt) siegt souverän mit allen — aber auch wirklich allen Waffen einer Frau ..., Zweimal an diesem Abend aber spürt man, daß man im Simpl nicht nur Unterhaltung — wenn auch auf sehr gutem Niveau — erleben kann, sondern mit den Hintergründen unserer Zeit konfrontiert wird. Dann, wenn Cissy K r a n e r (nach sehr geistreichen Texten Hugo Wieners, der auch sonst das Programm mitgeschaffen hat) ihre Chansons singt. Hinter aller Frivolität und Drastik macht diese Künstlerin etwas von der entsetzlichen Leere und Einsamkeit gerade jener spürbar, die scheinbar nur dem „süßen Leben“ gehören. Welch Mißverständnis einer deutschen Nachahmerin, aus diesen künstlerischen Chansons ordinäre Zoten zu machenl Fast so, als ob man die Narrenlieder eines Shakespeares-Lustspiels zu Schlagern umfälschen wollte. Man soll Cissy Kraner hören, und man weiß einiges von der großen verborgenen Not unserer scheinbar so hemmungslosen Tage.

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