Es pottert bei Jung und Alt

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Am 8. November ist es so weit: Ab Mitternacht wird "Harry Potter und der Orden des Phönix" in der deutschen Übersetzung verkauft. die furche hat zwei Harry-Potter-Fans - Sohn und Vater - gebeten, vorab die englische Version zu lesen.

In die nicht ganz glückliche Ferienwelt Harry Potters dringen schaurige Ereignisse ein. Bei einem Spaziergang überfallen Dementoren Harry und seinen fetten Cousin Dudley. Nur mit Mühe und einem seinem Alter nicht entsprechenden Zauberspruch gelingt es Harry, sich und Dudley zu retten.

Selbstverständlich glauben ihm das weder seine Tante noch sein Onkel und das Zauberministerium erhebt Anklage wegen unerlaubter Zauberei. Mit tatkräftiger Unterstützung des Direktors Dumbledore gelingt es Harry noch einmal, den schon ausgesprochenen Ausschluss von der Zauberschule Hogwarts abzuwenden und in eine Anhörung umzuwandeln. Dort wird er freigesprochen und kann mit seinen Freunden von Plattform 9 3/4 in Kings Cross mit dem Hogwartsexpress wieder in die Zauberschule reisen.

Nicht zum Guten verändert

In den Ferien haben Hermine, Ron, sein Pate Sirius und einige andere Zauberer den Orden des Phönix gegründet bzw. wieder belebt. Schon Harrys Eltern waren Mitglieder dieses geheimen Zauberordens im Kampf gegen die dunklen Mächte der Zauberei. Leider hat sich auch in Hogwarts nicht alles für Harry zum Guten verändert. Seine neue Lehrerin Umbridge macht ihm - zusätzlich zu seinem Speziallehrer Snape - das Leben schwer. Sie zwingt ihn während des Schuljahres mehrmals dazu, den Text "Ich soll nicht lügen" auf seinen Handrücken und mit seinem eigenen Blut auf eine Rolle Pergament zu schreiben. Sie wird im Laufe des Schuljahres durch Erlässe des Zaubereiministers mit immer weiter reichenden Vollmachten ausgestattet. Verboten werden zum Beispiel die Bildung von Schülergemeinschaften, das Austauschen von Informationen nicht schulischer Art zwischen Lehrern und Schülern und - nachdem Harry ein Interview für eine Zeitschrift gegeben hat - auch dieses. Diese Erlässe richten sich vor allem gegen Harry und den Direktor der Schule, Dumbledore. Harry hält sich wie immer aber nicht an die Schulregeln und ruft einen illegalen Schülerkurs zur Verteidigung gegen die dunklen Künste ins Leben, was schließlich beiden - Harry und vor allem Dumbledore - zum Verhängnis wird. Als Umbridge Harry auch noch ein lebenslanges Quidditchverbot erteilt, da er sich mit Draco Malfoy, seinem besonderen Feind, in der Schule prügelt und damit gegen die Fairplay Regeln des Quidditch verstößt, macht sie sich zum Feindbild des gesamten Gryffindor Quidditch Teams. Dumbledore wird als Direktor von Hogwarts im Laufe des Schuljahres durch Umbridge ersetzt und flieht vor seiner Einweisung in das Zaubergefängnis Askaban.

Ich möchte den Lesern nicht die spannendsten Details verraten, nur so viel sei gesagt: Es kommt schließlich zum Showdown in den unterirdischen Gängen des Zauberministeriums und zu einem Kampf mit Voldemort, der nicht ganz glücklich ausgeht. Nebenbei erlebt Harry auch seine ersten Liebesabenteuer und muss sich in einer schweren Prüfung, die über seine weitere schulische Karriere entscheidet, bewähren.

Für echte Fans

Für Neueinsteiger in die Zauberwelt Harry Potters ist dieser Band schon vom Umfang her - die englische Originalausgabe hat mehr als 760 Seiten - nicht zu empfehlen. Echte Potter-Fans haben natürlich alle bisherigen Bände bereits mehrmals gelesen und werden mit dem fünften Band keine Probleme haben.

Zum Inhalt wäre noch zu sagen, dass es, wie man es von Joanne K. Rowling und ihrem hervorragenden Gedächtnis bereits gewohnt ist, keine Widersprüche inhaltlicher Art zu den anderen vier Bänden und innerhalb des Buches gibt.

Philipp Hlatky (Sohn)

Harry und seine Freunde sind älter, nicht immer vernünftiger geworden. Als Vater eines Harry Potter begeisterten Sohnes - siehe auch nebenstehende Buchbesprechung aus der Sicht eines Jugendlichen - bin ich froh, dass die Harry-Potterfreie Zeit mit dem Erscheinen des nunmehr fünften Bandes vorbei ist. Die beiden Verfilmungen der ersten beiden Bände konnten die Zeit bis zum Erscheinen des nächsten Bandes nur notdürftig überbrücken. Für richtige Fans waren die beiden Filme von der inhaltlichen Tiefe eher enttäuschend, auch wenn man dem Kommerzkino Hollywoods widerstehen konnte.

Ich bin ein Fan

Gleich vorab möchte ich mich selbst als überzeugter Harry Potter-Fan outen, der genauso wie mein Sohn die vier Bände der englischen Autorin verschlungen hat. Sensationell ist es, dass ein englisches Buch in der Originalsprache mit mehr als 760 Seiten wochenlang als Nummer Eins die deutschen Bestsellerlisten anführen konnte.

Auch diese Buchbesprechung beruht auf dieser englischen Originalausgabe, einerseits da die deutsche Übersetzung noch nicht freigegeben wurde - unautorisierte Übersetzungen waren im Internet zugänglich -, aber auch da echte Fans des jungen Zauberlehrlings niemals fünf Monate auf das neueste Abenteuer warten würden. Der Umfang ist aber auch in der deutschsprachigen Fassung eine Herausforderung.

Was macht nun die Faszination dieser auf sieben Bände angelegten Buchreihe aus, in dem beispielsweise weder das Wort Computer noch Handy vorkommen? Der Autorin ist es gelungen, eine nicht nur jugendliche Leser fesselnde Parallelwelt zu erschaffen, in der zwar ähnliche Gesetze und Regeln wie in unserer gewohnten Umgebung gelten, in der aber auch faszinierende Fabelwesen, Riesen, Hexen und gefährliche Monster anzutreffen sind. Seit Tolkiens "Herr der Ringe" ist es keinem Autor gelungen, ein derart in sich schlüssiges Gebilde einer Fantasiewelt zu schaffen, das noch dazu ausgesprochen erfolgreich ist.

Im neuen Band "Der Orden des Phönix" gibt es wirklichkeitsnahe, harte Bedingungen, es geht um Leben und Tod, mit nicht immer gutem Ausgang. Obwohl die Trennlinien zwischen Gut und Böse scheinbar sehr klar sind, gibt es aber nicht nur Schwarz und Weiß, sondern viele Nuancen und Zwischentöne - wie im wirklichen Leben.

Faszinierend ist die Beschreibung eines pubertierenden Jugendlichen mit seinen ersten zaghaften Versuchen der Annäherung ans andere Geschlecht, aber auch die Erkenntnis Harrys, dass sein Vater und sein Patenonkel nicht nur edel und gut waren, sondern vor mehr als 20 Jahren als Schüler der Zauberschule Hogwarts sehr wohl durch ihr präpotentes Auftreten Mitschüler ausgegrenzt und damit die Konflikte zwischen Harry und seinem Lehrer Snape heraufbeschworen haben. Amüsant ist die Schilderung, dass es im Zauberministerium eine überbordende Bürokratie mit Intrigen und bürokratischen Schikanen gibt, die auch vor dem Direktor der Zauberschule Hogwarts nicht Halt machen.

Durchlesene Nächte

Mit viel Glück und Bravour - wie nicht anders zu erwarten war - schaffen Harry, Hermine und Ron auch dieses Schuljahr und wir dürfen gespannt sein, was der Autorin für das nächste Schuljahr einfallen wird.

Den Harry-Potter-Fans braucht man das Buch nicht ans Herz legen. Denen, die bisher noch keinen Versuch unternommen haben, in diese Fantasiewelt einzutauchen, kann man nur empfehlen, sich auf einen Versuch einzulassen, auch wenn die Lektüre einige durchlesene Nächte bedeuten wird.

Michael Hlatky (Vater)

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