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Frauen im Vordergrund
Thornton Wilder erklärte im Jahre 1956 in einem Gespräch mit dem Kulturredakteur der „Furche“, Paris sei gewiß in kultureller Beziehung groß, aber er glaube, die Wiener Kultur stehe, was die Qualität betreffe, an erster Stelle. Er liebt Wien, er schätzt Hofmamnsthal, besonders Nestroy, dessen Posse „Einen Jux will er sich machen“ er bearbeitet hatte. Die dritte Fassung unter dem Titel „Die Heiratsvermittlerin“ („The Matchmaker“) errang Welterfolg. Nun wird diese als Farce bezeichnete Bearbeitung im Akademietheater aufgeführt.
Die Handlung ist fast völlig Nestroys Posse entnommen, für die das Lustspiel eines Engländers als Grundlage diente. Doch verlegte Thornton Wilder dlie Geschehnisse in die Gründungszeit New Yorks zu den Holländern, die sich in der Nähe des Hudsons angesiedelt hatten. Hierzu kam ein vorzüglicher Einfall: Die Einfügung einer neuen Figur, der Heiratsvermittlerin, die dem gutsituierten Herrn Gemischtwarenhändler Vandergelder, dem holländisch-amerikanischen Zangler, eine Frau zu verschaffen sich den Anschein gibt, ihn aber dann auf eine ergötzlich raffinierte Art selber ehelich vereinnahmt. Die uns bekannten Vorgänge erhalten dadurch Einschübe, einige Änderungen, wodurch zusätzliche Schwankwirkungen entstehen.
Couplets fehlen leider, die Ansprachen an das Publikum sind zwar vermehrt, aber sie bekunden, je nach der Wesensart der Gestalten, eine etwas ledern wirkende Philosophie und vermögen daher die „Farce“ nicht genügend über den Klamauk der schwankhaften Vorgänge zu erheben. Bei Nestroy sprüht die Posse durch das Schalkhafte wie das scharf Geschliffene des Wortwitzes. Wer des Wienerischen mächtig ist, wird sie vorziehen. Da sie sich aber nicht in fremde Sprachen übertragen läßt, ja im deutschen Sprachraum auch außerhalb unserer Grenzen mit österreichischen Darstellern gespielt werden muß, ist der Welterfolg der Bearbeitung von Thornton Wilder begreiflich.
Der Regisseur Rudolf Steinboeck faßt die „Heiratsvermittlerin“ zu sehr als Lustspiel auf, was der Wesensart des Stücks nicht entspricht. Käthe Gold gibt der Titelgestalt liebenswürdige Verschlagenheit, beharrliches Streben auf das Ziel. Lotte Ledi ist eine behend- lebensfreudige Putzmacherin, Alma
Seidler zeichnet mit beinahe koboldartigem Witz das amerikanisierte Fräulein Blumenblatt. Vandergelder erhält durch Fred Liewehr eitle Bärbeißigkeit, Ernst Anders wirkt als erster Kommis springlebendig, ihm sekundiert Manfred Titz als Stift und Hugo Gottschlich bewährt sich als an den Hudson versetzter Melchior. Die vorwiegend graphisch, in Schwarz-Weiß gehaltenen Bühnenbilder von Fritz Butz sprechen an.
Das bürgerliche Theater favorisierte Konversationskomödien. Sie spielten meist unter Menschen, die Bankkontos astronomischer Höhe besitzen. Derlei liebt das Publikum. Ganz selten entstehen solche Stücke auch noch heute. Die Komödie „Duett im Zwielicht“ von Noel Coward, derzeit im Theater in der Josefstadt aufgeführt, erweist sich als ein treffliches Stück dieser Gattung.
Sir Hugo, ein tantiemenreicher Erfolgsschriftsteller von 70 Jahren, der mit seiner Frau in einem Luxusappartement eines Lausanner Nobelhotels lebt, ist ein Egoist, der nur sein eigenes Wohlbefinden kennt. Carlotta, eine ehemalige Schauspielerin, die ihn vor 40 Jahren geliebt hat, bringt, als sie ihn bittet, seine einstigen Liebesbriefe in ihrer Selbstbiographie veröffentlichen zu dürfen und er es zunächst verweigert, seine Selbstherrlichkeit zum Einsturz, indem sie die abwegige Veranlagung, die dieser berühmte Mann ein Leben lang durch Beziehungen mit Frauen sorgsam tarnte, bloßlegt. Eine Potemkinsche Fassade bricht zusammen, der Mensch wie er ist, wird sichtbar. Dieses Duett, das ein Terzett einleitet und beschließt, ist voll Charme und Witz, es bietet bei allem Glitzern mehr als nur Oberflächenreize.
Das Schwebende der Dialoge, ihre Brillanz kommt unter der Regie von Werner Kraut vorzüglich heraus. Allerdings kann die Besetzung der beiden Frauenrollen dieses Vierpersonenstückes kaum übertroffen werden. Susanne Almassy läßt als Carlotta hinter sprühendem Charme und Lächeln die Bosheit einer Verletzung spüren. Vilma Degischer gibt der Gattin warme Menschlichkeit. Erik Frey ist als berühmter Mann glaubhaft, nicht ganz als Sir Hugo. Bernd Ander gibt mit vollendeten Manieren den Kellner. Gaby Niedermoser vermittelt als Bühnenbildnerin den Eindruck: Nobelappartement.
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