Peter Handke: "Gehen Sie zum Teufel"
Auf den Tischen im Garten liegen die Ernten, "Die Obstdiebin" ist erst angelesen: Zu Besuch bei Peter Handke, der am 6. Dezember seinen 75. Geburtstag feiert.
Auf den Tischen im Garten liegen die Ernten, "Die Obstdiebin" ist erst angelesen: Zu Besuch bei Peter Handke, der am 6. Dezember seinen 75. Geburtstag feiert.
Natürlich war ich wieder 20 Minuten zu früh. Aber seit fast einem Jahr versuche ich, einen Termin bei Peter Handke zu bekommen. "Gehen Sie zum Teufel!", schallte es ein paar Tage zuvor aus dem Telefon. Zunächst ein Schock, aber Sekunden später höre ich einen Laut, der die Invektive in einen Witz verwandelt. Nein, ich solle kommen, er möchte mich "noch jetzt erleben". Und nun öffnet er das Tor, sitzt draußen im Garten und klebt eine Zeichnung auf ein Blatt Papier. Wir sollen die letzten Sonnenstrahlen draußen genießen. Überall liegen auf den Tischen im Garten seine Ernten. Äpfel, Pilze, kleine, blaue, wohlschmeckende Trauben, Nüsse, aber auch Bücher wie der neue Bildband von Wim Wenders. Ich hatte ihm mein neues Buch mit Aufsätzen über sein Werk geschickt. Er lobte das Buch, erkundigte sich, was der Verlag sonst noch mache. Meine eher negative Besprechung der Wenders-Adaption von "Die schönen Tage von Aranjuez" störte ihn nicht. Dass ich die deutsche Synchronisierung von Sophie Semin mit Eva Mattes kritisierte, gefiel ihm und seiner Frau ebenfalls. Aber jetzt müssten wir aufbrechen zum Essen. Es geht zum Portugiesen, sieben Minuten entfernt, eine Art "Arbeiterlokal"; einfach, aber er möge es.
"Die Obstdiebin" hatte ich nicht ganz geschafft. Aber immerhin das kurze Adamec-Kapitel. Seit 2006 beschäftigt Handke sich mit Zdenek Adamec, jenem 19-jährigen Tschechen, der sich im März 2003 in Prag auf dem Wenzelsplatz selbst angezündet hatte. Aus Verzweiflung an der Welt, wie er in einem Abschiedsbrief schrieb; in der Tradition von Jan Palach 1968 und doch ganz anders. Er denke oft an Zdenek, sagt er. Es gehe ihm nach. Und wie war das mit Fabjan Hafner, jenem Literaturwissenschaftler, Übersetzer und Dichter, der 2016 Suizid begangen hatte? Adames' Freitod sei als Botschaft gedacht, Hafners Suizid sei persönlich, so Handke. Dabei habe der alles gekonnt, der Fabjan, sei auch fröhlich gewesen, aber man habe gewusst, dass da Schatten gewesen waren. Handke kommt auf seine Mutter zu sprechen. Die sei auch oft ein fröhlicher Mensch gewesen. Und manchmal habe er ihr zu sehr zugesetzt.
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