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Hadrian erzählt sein Leben

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Ich zähmte die Wölfin. Die Erinnerungen des Kaisers Hadrian. Von Marguerite Yourcenar. Aus dem Französischen von Fritz Jaffe. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1953, 329 Seiten, Preis 14.80 DM.

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Ich zähmte die Wölfin. Die Erinnerungen des Kaisers Hadrian. Von Marguerite Yourcenar. Aus dem Französischen von Fritz Jaffe. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1953, 329 Seiten, Preis 14.80 DM.

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Fiktive Selbstdarstellungen historischer Persönlichkeiten, sei es in der Form von Memoiren, Briefen oder von visionärer Rückschau, finden wir in der modernen Literatur nicht selten. Man denke nur an „Ich, Claudius, Kaiser und Gott“ von Ranke-Graves, an „Die Iden des März“ von Wilder oder an „Die Kaiserin Theophano“ von Benrath. Auch das Buch von M. Yourcenar — sie ist in Brüssel geboren und wirkt derzeit als Professor für französische Literatur in New York —, das in Frankreich einen großen Erfolg hatte und für das die Autorin zwei Literaturpreise erhielt, folgt dieser Richtung des geschichtlichen Romans.

Der römische Kaiser Hadrian (117 bis 138 n. Chr.) verfaßt seine Selbstbiographie und wendet sich damit an den späteren Kaiser Marc Aurel. Er schreibt zu einer Zeit, da sich sein Leben bereits dem Ende zuneigt. Von der Höhe reifer, gelassener Weisheit überschaut er noch einmal die politischen und privaten Ereignisse seines Daseins. Mit Recht könnte er von sich sagen: „Ich zähmte die Wölfin“, denn in der kapitolinischen Wölfin ist der römische Machtwille versinnbildlicht. Hadrian aber war in den zwanziger Jahren seiner Regierung bestrebt, im Gegensatz zur Eroberungspolitik seines Vorgängers Trajan, das Reich innerlich zu befrieden, Reformen in der Gesetzgebung zu schaffen und im kulturellen Leben dem Geist

Unbekannter Nesfroy. Aus den Handschriften herausgegeben und eingeleitet von Gustav P i c h-1 er. Wilhelm Frick Verlag am Graben in Wien. 136 Seiten.

Der gut ausgestattete Band enthält zwei kleine Possen — „Zwölf Mädchen in Uniform“ und „Ein gebildeter Hausknecht“ — von fremder Hand, aber Rollen enthaltend, die in Nestroys Mund und von seiner Feder jene Aenderungen erfuhren, die sie ihm erst brauchbar machten; dementsprechend gleichen sie unscheinbaren Gerüsten, an denen der große Feuerwerker des Wortes einige seiner Raketen befestigen konnte. Das dritte der hier abgedruckten Stücke ist ein Jugendwerk: „Friedrich, Prinz von Korsika“, bei dem sich der junge Nestroy, seltsam genug, von den Jugenddramen Schillers hat beeinflussen lassen (aber er ist ja auch nicht als Komiker, sondern als — Sarastro in der „Zauberflöte“ zum ersten Mal auf der Bühne gestanden. ..). — Das Buch wird den Nestroy-Liebhabern Freude machen, denn es schließt in der Tat eine Lücke in der sonst unübertrefflichen Rommel-Bruknerschen Gesamtausgabe.

Tod, Jenseits und Unsterblichkeit in der Religion, Literatur und Philosophie der Griechen und Römer. Von Gustav Pfannmüller. Ernst-Reinhardt-Verlag, München-Basel. 288 Seiten.

Pfannmüller, der sich bescheiden als Herausgeber bezeichnet, hat mit diesem Buch eine dankenswerte Arbeit geleistet. Durch die Zusammenstellung der hauptsächlichsten Texte aus der Dichtung (Lyrik und Drama bis Euripides) und Prosa (Vorsokratiker, Piaton. Aristoteles. Plutarch und Plotin), wobei er die besten Uebersetzungen heranzog, hat er einen unmittelbaren Einblick in die Gedanken über Tod, Jenseits und Unsterblichkeit der Griechen gegeben. In einer Einleitung gibt er zunächst eine Gesamtübersicht über die verschiedenen Auffassungen, die vor den einzelnen Abschnitten durch eine speziellere Darstellung ergänzt wird. ' In seiner Feststellung orphischer Elemente bei Homer trifft er mit F. Hiebel,, Die Botschaft von Hellas“ zusammen. Die kürzere Darstellung der römischen Anschauungen berücksichtigt die augusteischen Dichter sowie die Vertreter der stoischen und epikureischen Philosophie. 22 sorgfältig ausgewählte und sehr gut erläuterte Bildtafeln sind dem Text eingefügt. Der Vorzug des Buches liegt darin, daß Pfannmüller die antiken Autoren selbst zu Wort kommen läßt und dadurch jenen, denen die alten Sprachen nicht oder nicht mehr zugänglich sind, die Möglichkeit gibt, sich selbst ein Bild dieser Gedankenwelt zu verschaffen.

Der ewige Gast. Roman von Marjorie K. R a w-1 i n g s. Paul-Zsolnay-Vertag, Wien. 4l4 Seiten, Preis 74 S.

In einer der ersten Reihen der amerikanischen Romanciers steht die vor vierzehn Jahren mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Marjorie Kinnan Rawlings. Ihr reizvolles jüngstes Werk, das im Original den Titel „The Sojourner“ trägt, hat wieder nebst der dichten Atmosphäre des amerikanischen Landlebens allgemein-menschliche Gültigkeit vermöge der Plastik der Figuren und der Herzenswärme, mit der sie gezeichnet werden. Daß das juridische Problem des Besitzrechtes auf die Farm — die Voraussetzung für den Konflikt — widerspruchsvoll und absolut nicht präzise dargestellt wird, erscheint uns auch typisch, man findet derlei Unklarheiten oft bei US-Autoren.

Griechenlands, dem Geist des schönen Maßes und edler Menschlichkeit zum Sieg zu verhelfen. Seine eigene Person erscheint als Beispiel für die läuternde Kraft von Hellas. Die Verfasserin läßt ihn bekennen: „Ich habe das Reich auf lateinisch regiert. . . Aber gedacht und gelebt habe ich auf griechisch.“ Die Kraft, die Gerechtigkeit und die Musen — das war seine Zielsetzung. Den größten Teil seiner Regierungszeit verbrachte er auf Reisen durch die entlegensten Provinzen, um die Zustände persönlich kennenzulernen. Humanitas, Felicitas und Libertas, so hießen seine Ideale.

Es ist M. Yourcenar geglückt, die Darstellung des Geschichtlichen mit dem Selbstporträt des Herrschers ohne störende Gewaltsamkeit zu verbinden und das innere Reifen einer Persönlichkeit, die nicht nur ein großes Reich, sondern auch sich selbst ordnete und zügelte, glaubhaft zu machen. In einem Anhang nennt sie die wichtigsten Quellen und gibt auch an, wo sie von der Ueberliefe-rung abweicht. Hadrian wird nicht idealisiert, er wird mit allen seinen Schwächen gezeigt und kommt uns gerade dadurch menschlich nahe. Auch bleibt er immer in der Mentalität seiner Zeit. Der Stil wahrt in seiner Knappheit den antiken Charakter. Das fesselnde Werk, mit dem der Verlag einen guten Griff getan hat, wird viel Beachtung finden. Dr. Theo Trümmer

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